Dokumentarfilm vermittelt Geschichte einer "so alten Stadt" / Historisches Aufnahme- und Fotomaterial
Pforzheim. Wohl dem, der einen Leiter des Stadtarchivs hat, der zudem neuere und neueste Geschichte am Historischen Institut der Universität Stuttgart (seit 1997) lehrt, dort seit der Habilitation im Jahr 2008 als Privatdozent tätig ist: Hans-Peter Becht hat mit einer Gruppe von Uni-Historikern die Vergangenheit seiner Heimatstadt Pforzheim für einen Film aufgearbeitet und aufbereitet.
Dies hat ein Team um Sven Goldenbaum schließlich eindrucksvoll umgesetzt. Nun wurde der Film "In einer so alten Stadt ... Pforzheims verborgene Geschichte" offiziell vorgestellt.
Vorab hatten die Mitglieder des Fördervereins für das Stadtarchiv die Möglichkeit, die rund einstündige Zusammenfassung von zwei Jahrtausenden Pforzheimer Geschichte zu sehen. Danach bekundete der Vorsitzende Rolf H. Hönninger den Machern nicht nur "viel Sachkunde und Leidenschaft", er zog zudem folgendes Fazit: "Wir alle können sehr stolz auf unser Pforzheim sein."
Würde man eine ausführliche Stadtgeschichte in Buchform vorlegen, so wäre diese wohl 900 Seiten dick, bemerkte Hans-Peter Becht. Zum Lesen würde man 75 Stunden, also mehr als drei volle Tage am Stück, benötigen. Zudem: Bewegte Bilder machen alles interessanter. Dies wisse jeder vom Fernsehen.
Auch wenn durch den Luftangriff auf Pforzheim am 23. Februar 1945 fast alles alte Bildmaterial zerstört worden war, so konnte für "In so einer alten Stadt..." bislang unbekanntes historisches Film- und Bildmaterial aufgespürt werden. Wem beispielsweise war zuvor bekannt, dass es Aufnahmen sogar in Farbe vom Umzug beim Arlinger Kinderfest unterm Hakenkreuz gibt? Um den Film inhaltlich abwechslungsreicher zu gestalten, wird die Pforzheimer Geschichte nicht strikt chronologisch erzählt, Dreh- und Angelpunkt ist natürlich der 23. Februar 1945, der auch als "Die Stunde null" den Einstieg bildet. Krieg und Zerstörung der Stadt – was im Dreißigjährigen Krieg und den Pfälzischen Erbfolgekriegen mit Verwüstungen, Bränden und menschlichem Leid immer wieder eine Zäsur brachte – ziehen sich wie ein roter Faden durch den Film. Zerstörung aber auch durch den Tornado, der am Abend des 10. Juli 1968 eine Schneise durch die Stadt schlug. Die Dokumentation ist in zwölf Kapitel unterteilt und präsentiert die Pforzheimer Stadtgeschichte von der Römerzeit (erzählt vom Museumspädagogen Horst Frisch im Archäologischen Schauplatz Kappelhof) bis an die Schwelle der Gegenwart.
"Salier, Staufer, Zähringer, Patrizier", "Im Kaiserreich", "Goldene 20er-Jahre?", "Der Wiederaufbau", "Jetzt kommt das Wirtschaftswunder", "Die neue Stadt" – so sind Kapitel überschrieben. Erinnert wird da an das Künstlerehepaar Vera und Bert Joho, die Zeichner und Maler Richard Ziegler und Hans Meid sowie den Nobelpreisträger Heinrich Wieland (Chemie 1927). Erinnert wird auch an "schwarze Stunden" wie den Niedergang der Uhrenindustrie oder die Landtagswahl 1992, als die Republikaner in Pforzheim auf 18,5 Prozent kamen.
"Wer heute durch Pforzheim geht, sieht nicht auf Anhieb, dass er sich in einer wahrlich sehr alten Stadt befindet. Ein Blick auf die verborgenen Schätze kann sich aber durchaus lohnen", betont Stadtarchiv-Leiter Hans-Peter Becht. Denn: "Wer genau hinschaut, kann die römische Stadt ebenso entdecken wie die reiche Patrizierstadt des Mittelalters, das Pforzheim des Johannes Reuchlin, die Schmuck- und Uhrenmetropole oder die Stadt der Wissenschaft." Der Film "In einer so alten Stadt...Pforzheims verborgene Geschichte" will mithelfen, dafür die Augen zu öffnen.