Nach dem Brand in der Bäckerei Pfalzgraf ist man um Normalität bemüht. Foto: dpa

250 Angestellte werden weiterhin bezahlt. Unternehmen liefert noch Torten. Ermittlungen zur Brandursache gehen weiter.  

Pfalzgrafenweiler - Nach dem verheerenden Brand am Pfingstwochenende ist es der größte Wunsch von Firmenchef Dirk Brünz, "die Firma Pfalzgraf in Pfalzgrafenweiler wieder dorthin zu bringen wo sie war".

Die Fassade ist verkohlt, die Fenster sind zersplittert, doch das Untergeschoss ist weitgehend unversehrt. Dirk Brünz hat im Konferenzraum Platz genommen. Erstmals nimmt er zur Brandkatastrophe in der Pfalzgraf-Konditorei öffentlich Stellung. Der Geschäftsführer wirkt auch gut zwei Wochen nach dem Großbrand, der weite Teile des Unternehmens zerstört und die gesamte Produktion lahmgelegt hat, angespannt.

"Ich war in einem Schockzustand"

"In den ersten Tagen nach dem Brand wäre es mir nicht möglich gewesen, an die Presse zu treten – ich war in einem Schockzustand", blickt Brünz auf das Ereignis zurück, das das Lebenswerk seiner Familie zunichte gemacht hat.

"Die Firma war technisch auf dem Höhepunkt", erklärt der Geschäftsführer mit Blick auf den Neubau, in dem der Probebetrieb erst eine Woche lief und den er als das "Non plus Ultra" in Sachen Kuchenherstellung bezeichnet. Doch jetzt ist dort alles zerstört: der 38 Meter lange Ofen ebenso wie die Abkühl- und die Frosterspirale, die fünf Schneideroboter und die Tiefkühlspirale ins Untergeschoss. Zerstört sind auch die Sahneabteilung im 2009 fertiggestellten Gebäudeteil sowie das Rohwaren- und das Fertigwarenlager.

Was von außen auf den ersten Blick nicht gleich erkennbar ist: Das Feuer hat das Untergeschoss des Neubaus wie auch das Untergeschoss, in der sich die Kantine befindet, weitgehend verschont. Auch der Verwaltungstrakt steht noch und konnte inzwischen wieder bezogen werden. Allerdings gibt es dort noch kein Licht. Computerserver und andere Geräte werden mit Baustrom gespeist, der Internetanschluss kommt von einem Nachbarn.

"Ich hatte das Feuer schon im Nacken", beschreibt der Geschäftsführer, wie nah es seinem Büro gekommen ist. Einen halben Meter weiter und auch der Verwaltungstrakt wäre nicht mehr zu retten gewesen.

Schadenshöhe liegt "im oberen, zweistelligen Millionenbereich"

Vom Feuer nur wenig betroffen ist auch der Altbau, in dem sich der Werksverkauf befand. Doch gerade in dem 30 Jahre alten Gebäudetrakt, in dem alles verraucht und verrußt ist und der ohnehin hätte stillgelegt werden sollen, mache eine Sanierung am wenigsten Sinn, erklärt Brünz, der noch auf das Ergebnis für Untergeschoss des Altbaus wartet. Denn dieser Bereich ist noch nicht freigegeben. Und auch die Brandursache steht noch immer nicht fest. "Die Gutachter sind täglich im Haus", sagt Brünz und räumt ein: "Es kann noch Wochen dauern". Die ungefähre Schadenshöhe soll laut Gutachter im oberen, zweistelligen Millionenbereich liegen. Wie und ob es überhaupt mit der Pfalzgraf-Konditorei weitergeht, dazu kann und will sich der Geschäftsführer noch nicht äußern. Eines steht jedoch fest: "Wenn es weiter geht, dann muss es hier weiter gehen – schon aus versicherungstechnischen Gründen". Gleich nach der Brandkatastrophe haben er und seine Mitarbeiter die Kunden informiert, dass die Pfalzgraf-Konditorei bis auf Weiteres nicht produktionsfähig ist. Noch können die Kunden über das Fertigwarenlager nahe Stuttgart versorgt werden. Doch in wenigen Wochen wird auch das leergeräumt sein.

Um nicht komplett vom Markt zu verschwinden – das Unternehmen war mit einem Marktanteil von 30 Prozent in Deutschland Marktführer im Food-Service und hat seine Waren in über 30 Länder ausgeliefert – wird nach kurz- und mittelfristigen Lösungen gesucht.

Konkret heißt das: Die Pfalzgraf-Konditorei ist in Gesprächen mit anderen Unternehmen, die ihre Produkte herstellen können. Dazu sei ein Notsortiment mit den 15 wichtigsten Kuchen und Torten zusammengestellt worden, darunter auch die Schwarzwälder Kirschtorte. Allerdings, räumt Brünz ein, müsse an den neuen Produktionsstätten die Qualität gewährleistet sein. Drei bis vier Betriebe kämen derzeit in Frage. Darüber hinaus sieht er sich auch nach möglichen Produktionsstätten um, in denen das Unternehmen selbst produzieren könnte.

Die Solidarität der Mitarbeiter, aber auch die Hilfe von Feuerwehr und DRK, von der Gemeinde, von Firmen, Nachbarn und Freunden, und die vielen aufmunternden Worte hätten ihm wieder Mut gemacht, das Ereignis zu verkraften und den Blick nach vorne zu richten, betont Dirk Brünz. Ganz besonders gefreut habe er sich über die Bilder, die ihm Kinder zugesandt haben.

Seite 2: Löhne bis 30. September gesichert

(ds) Dirk Brünz ist direkt von der Mitarbeiterversammlung zur Pressekonferenz geeilt. Mit Felix Orgeldinger von der Orgeldinger Media Group in Esslingen nimmt er am Tisch Platz. Hinter ihm an der Wand hängen die Pläne für den Neubau, ganz so, als wäre nichts geschehen. Die meisten der 260 Mitarbeiter, größtenteils Vollzeitkräfte, die in der 20 000 Quadratmeter umfasssenden Produktionsfläche der Pfalzgraf-Konditorei im Dreischichtbetrieb gearbeitet und 150 verschiedene Kuchen und Torten hergestellt haben, waren in die Festhalle Pfalzgrafenweiler gekommen.

Alle Festangestellten werden ihre Löhne und Gehälter bis 30. September ausbezahlt bekommen, auch das Urlaubsgeld. Diese Zusage der Versicherung konnte Brünz an sie weitergeben. Nur für die wenigen Leiharbeiter, die das Unternehmen beschäftigt hat, gilt die Vereinbarung nicht. Wie es ab Oktober weiter geht, hängt davon ab, was bei den Ermittlungen zur Brandursache herauskommt. Sie lassen noch immer auf sich warten. Brünz wertet die Auszahlung der Löhne und Gehälter als ein positives Signal, fügt aber vorsichtig hinzu: "Der Stand der Ermittlungen lässt derzeit keine weiteren Aussagen darüber hinaus zu."

Um die Mitarbeiter auf dem Laufenden zu halten, wurde inzwischen eine Hotline eingerichtet. Für alle, die persönliche Fragen geklärt haben möchten, bietet der Geschäftsführer Sprechzeiten an. Dass alle hinter ihm stehen und dies mit stehenden Ovationen und reichlich Applaus bei der Mitarbeiterversammlung gezeigt haben, geben Dirk Brünz Mut und Zuversicht. Doch bevor er eine Entscheidung treffen könne, wie es mit dem Unternehmen weitergeht, müssten grundlegende Dinge geklärt werden. "Bevor ich nicht grünes Licht habe, kann ich nicht definitiv in die Zukunft planen", macht Brünz deutlich. Die nächste Mitarbeiterversammlung wird voraussichtlich Ende Juli sein. Bis dahin könnte auch die Brandursache geklärt sein.