Schlangestehen, das gab es auch schon vor 2000 Jahren: Die Menschen scharen sich in dieser Szene der Pauluskirchen-Ausstellung, um einen Blick auf das Kind in der Krippe werden zu können. Foto: Trenkle

Weihnachtskrippen sind in der gegenwärtigen Jahreszeit nichts Besonderes, schon gar nicht, wenn sie in einer Kirche aufgebaut sind. Wenn allerdings ein ganzer Kirchenraum die Weihnachtsgeschichte und weitere biblische Erzählungen wiedergibt, dann schon.

VS-Schwenningen - Selbst ohne das Coronavirus wäre auch in diesem Jahr die Schwenninger Pauluskirche nicht wie andere Gotteshäuser: Das Gestühl stünde nicht parallel nebeneinander zum Altar hin gerichtet, vielmehr gliche der Kirchenraum mit großen Tischen und rund herum angeordneten Stühlen einer warmen Gaststube und Menschen mit viel oder wenig Geld könnten sich bei schmackhaften Mahlzeiten begegnen und aufwärmen.

Wie bereits im Januar 2021 wird auch 2022 daraus leider aufgrund der Pandemie nichts werden. Und so wird im Zeitraum vom 22. Januar bis 12. Februar immer samstags eine Vespertüten-Aktion bedürftige Menschen im Gemeindehaus der Pauluskirche als Ersatz für die Vesperkirche versorgen.

Einbahnstraße schlängelt sich durch Kirchenraum

Ähnlich dem letzten Jahr ist in der Pauluskirche auch diesmal nun wieder eine komplexe Ausstellung mit vielen Darstellungen alt- wie auch neutestamentlicher Szenen aufgebaut. Genutzt hat hierzu Pfarrerin Brigitte Güntter den gesamten Kirchenraum. Angelegt ist die Ausstellung erneut in einer sich durch den Saal schlängelnden Einbahnstraße, sodass Besucher möglichst gut Abstand voneinander halten können.

Wer sie besucht, wird an vielen eindrücklichen Szenen vorbeigeführt, sieht beispielsweise die Vertreibung aus dem Paradies, blickt auf Noah, sieht die Vision Jesajas oder trifft auf den bösen König Herodes. Als Höhepunkt gelangt der Gast zur weihnachtlichen Krippe. Konzipiert sind die Szenen durchweg mit sogenannten Egli-Figuren. Die vielen bis zu rund 30 Zentimeter hohen Figuren stellen ein ideales Medium dar, biblische Geschichten nicht nur verbal, sondern auch bildhaft und begreifbar zu vermitteln und das Interesse an der Frohen Botschaft zu wecken.

Bewegliche Figuren ohne Gesicht

Gefertigt werden sie aus biegsamem Material, ummantelt mit Filz und Stoff. Das erlaubt es, den Figuren unterschiedliche Körperhaltungen – Stehen, Liegen, Knien, Sitzen – zu geben und Bewegungen anzudeuten. Das Gesicht ist jeweils bewusst nicht ausgeformt, um keine emotionalen Befindlichkeit festzulegen. Die Figuren reden durch ihre Körpersprache und lassen so innerhalb der Szenen der Fantasie des Betrachters viel Freiraum.

Einen Monat, seit dem 4. Dezember, ist die Weihnachtsausstellung inzwischen geöffnet. Pfarrerin Güntter zieht auf Anfrage des Schwarzwälder Boten eine recht positive Zwischenbilanz: Vor allem Kindergartengruppen und Schulklassen hätten die Ausstellung besucht. Rund 300 junge Besucher hätten sich über die Adventszeit im Süden der Neckarstadt eingefunden: selbstverständlich aus der näheren Umgebung wie aus dem Kindergarten Frühlingshalde oder der Kindertagesstätte Hammerstadt, jedoch auch von weiter weg.

Kindergartengruppen und Schulklassen besuchen Ausstellung

Als Beispiel nennt sie Kinder aus dem Ludwig-Richter-Kindergarten, welche mit Rucksack und Vesper einmal quer durch die Stadt marschiert seien, um die biblischen Geschichten zu betrachten. Texte und bisweilen Führungen brachten die mit den Figuren liebevoll dargestellten Szenen den Besuchern näher. Um die Zusammenhänge zwischen Altem und Neuem Testament besser zu verstehen, erhielten aktuelle Konfirmanden der evangelischen Kirchengemeinde bei ihrem Besuch Arbeitsblätter.

Weit über 100 erwachsene Gäste besuchten ebenfalls die Ausstellung. Ein diesmal ausgelegtes Gästebuch lässt deren erlebte Eindrücke nachvollziehen: So schrieb beispielsweise ein Gast, die Ausstellung habe ihm den "Tag hell gemacht". Ein anderer Kommentar lautete: "Detailverliebter kann die Weihnachtsgeschichte kaum erzählt werden." Pfarrerin Güntter ist ebenfalls von den ausdruckskräftigen Szenen, welche bereits im vergangenen Jahr für die Pauluskirche konzipiert wurden, begeistert: "Ich habe mir selbst mit dem Wiederaufbau die größte Freude gemacht."

Info: Ausstellung verlängert

Ursprünglich angesetzt bis zum 6. Januar wird die Ausstellung nun verlängert und bleibt bis zum Fest Mariä Lichtmess, dem 2. Februar, mit den bisherigen Öffnungszeiten (täglich von 9 bis 19 Uhr) geöffnet. Auch eine kleine Anpassung wird folgen: An die Krippe treten nun, passend zum Feiertag, die Heiligen Drei Könige heran. In der Kirche besteht Maskenpflicht und es gelten die Abstandsregeln, ein Impf- oder Genesenennachweis ist beim Besuch nicht notwendig.

Sehens- und hörenswert wird auch dies sein: Für einen späteren Online-Gottesdienst im neuen Jahr wurde, ähnlich Weihnachten 2020, erneut mit den Szenen der Krippenlandschaft von Brigitte Güntters Sohn Frieder ein illustrierender Film gedreht. Den Gesang übernahm darin Marlene Wolf, Gregor Wolf kümmerte sich um den Ton.