Machen sich für die Organspende stark (von links): Der Betroffene Siegfried Hartenberger, Transplantationsmediziner Peter Petersen und Günter Diebold vom Bürgertreff. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder Bote

Medizin: Bürgertreff Ostelsheim informiert mit Vortrag eines Mediziners über Transplantation / Organempfänger berichtet

"Alle acht Stunden stirbt ein Mensch auf der Warteliste, weil kein Spenderorgan gefunden wird. Das muss sich ändern!", lautet eine offizielle Verlautbarung des Bundesgesundheitsministeriums. Dies kann Siegfried Hartenberger, selbst Empfänger zweier Spenderorgane, nur unterstreichen.

Ostelsheim. Nach einem neuen Gesetz, das am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten ist, wird dem jetzt energisch entgegengewirkt. Denn die finanzielle und strukturelle Situation der Entnahmekrankenhäuser wird durch die neuen gesetzlichen Bestimmungen künftig deutlich verbessert.

Ein Organspendeausweis bietet zusätzlich die Möglichkeit, dass der Spender schon zu Lebzeiten bis ins Detail über die Entnahme bestimmter Organe oder Gewebe aus seinem Körper bestimmen kann. Außerdem erleichtert ein vorliegender Organspenderausweis die Arbeit der Ärzte sowie des Klinikpersonals und kann den Angehörigen eine Entscheidungsbelastung ersparen. Über dies und alles Wichtige zum Thema Organtransplantation informierte der ehemalige leitende Transplantationsbeauftragte und Chirurg am Transplantationszentrum der Universität Tübingen, Peter Petersen, beim Ostelsheimer Bürgertreff.

Der 72-jährige Siegfried Hartenberger aus Nufringen, der selbst eine gespendete Leber und eine Niere transplantiert bekam, berichtete im Ostelsheimer Rathaus aus der persönlichen Sicht eines Betroffenen.

Deutliche Fortschritte bei Medikamentierung

Bei einem geschichtlichen Überblick erläuterte der Facharzt Petersen aus medizinischer Sicht, wie im Laufe der Zeit schließlich deutliche Fort- schritte im Bereich der eine gefährliche Abstoßung verhindernden Medikamente erreicht wurden.

Der Experte zeigte zudem die strukturellen und finanziellen Probleme auf, die es vor allem kleineren Krankenhäusern bisher fast unmöglich machten, sich nach dem Tod eines potenziellen Spenders um das notwendige Prozedere zu kümmern. Die Klärung bei einer Person ohne Spenderausweis erfordere viel Zeit und finanzielle Mittel. Sie bedürfe nämlich einer tragfähigen Entscheidung der Angehörigen. Die nötigen personellen Ressourcen für diese Vorgehensweise hätten die Krankenhäuser bisher nicht gehabt.

Jetzt bringt das "Zweite Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende" eine deutliche Verbesserung. Dieses beinhaltet eine Freistellung des klinikinternen Transplantationsbeauftragten für diese speziellen Aufgaben. Außerdem werden die nötigen vor- bereitenden Tätigkeiten zur Organspende nun deutlich besser vergütet. Erst nach der Hinzuziehung speziell ausgebildeter neurologischer oder neurochirurgischer Fachärzte, die den 100-prozentigen Hirntod festgestellt haben müssen, darf die Organentnahme erfolgen.

Am Beispiel des jetzigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier erläuterte Transplantationsmediziner Petersen zudem die Vor- und Nachteile der Lebendspende. Dabei wird Angehörigen oder Verwandten ein Spenderorgan entnommen und dem lebensbedrohlich erkrankten Patienten implantiert. Allerdings beinhalte dieser zweite medizinische Weg auch stets Risiken für den Spender, so Petersen.

Die Vergabe der bislang in Deutschland noch viel zu wenigen Spenderorgane von Verstorbenen erfolgen ausschließlich nach den Kriterien Dringlichkeit, Erfolgsaussicht und Chancengleichheit.

"Für die Spender gibt es keine Altersgrenzen", stellte Petersen eine weit verbreitete falsche Annahme klar. "Die verwendeten Organe werden nicht nach dem biologischen Alter des Spenders, sondern nach ihrem Zustand ausgewählt", hob der Chirurg hervor. Inzwischen könnten Herz, Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse und sogar der Dünndarm transplantiert werden. Auch Gewebe wie die Hornhaut der Augen, Herz- klappen, Haut, Blutgefäße, Knorpel sowie Weichteilgewebe könnten verpflanzt werden.

Der Erfahrungsbericht des betroffenen Nufringers Hartenberger zeigte, wie ihm zwei überlebensnotwendige Organspenden neue Lebensqualität und eine persönliche Zukunft schenkten. Allerdings muss der ehemalige Transplantationspatient jetzt lebenslang unterstützende Medikamente einnehmen.