Helga und Hans Ehrenfeld sind 65 Jahre verheiratet und feiern das seltene Fest der eisernen Hochzeit. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder Bote

Porträt: Das Ehepaar ist stark von der Kriegsszeit geprägt / Nach 65 Jahren immer noch in vielen Vereinen aktiv

Ostelsheim. "An der Molke haben wir uns kennengelernt. Sie war sehr anmutig und wunderschön." Diese angenehme Erinnerung klingt auch heute noch wie eine Liebeserklärung.

Auf den Tag genau feiert das Ostelsheimer Ehepaar Helga und Hans Ehrenfeld heute das seltene Fest der Eisernen Hochzeit nach 65 gemeinsamen Ehejahren. Bereits vier Jahre zuvor seien sie "miteinander gegangen", ehe sie am 11. Juni 1954 den Bund für’s Leben schlossen, erzählen die beiden Jubilare. Aufgewachsen in der Kriegs- und Nachkriegszeit feiern die 84-jährige Mutter von vier Kindern und ihr 87-jähriger Gatte in kleinem Kreis ihr besonderes Jubiläum.

Erlebnisse in Form eines Buchs veröffentlicht

In drei Wochen wird dann eine zünftige Fete mit der großen, weit verzweigten Verwandtschaft folgen. Dann werden auch ihre Kinder, die zwölf Enkel und sechs Urenkel mit dabei sein.

Die beiden Jubilare sind geprägt von tiefen, einschneidenden Erlebnissen in der Kriegs- und Nachkriegszeit. Darüber erzählt das Jubelpaar im Gespräch mit unserer Zeitung mit viel innerer Beteiligung. Helga Ehrenfeld, geborene Reinfandt, stammt ursprünglich aus einem kleinen Ort nahe der bekannten Hansestadt Danzig im heutigen Polen. In einem mit viel Herzblut geschriebenen Buch hat sie die geradezu traumatischen Erlebnisse ihrer Flucht und Vertreibung festgehalten. Diese schwere Zeit soll nämlich niemals in Vergessenheit geraten.

Deshalb beschreibt die vitale Seniorin auf anrührende Weise die abenteuerliche Flucht vor der immer näher rückenden Sowjetarmee. Mit einem der letzten aus Westpreußen abfahrenden Flüchtlingsschiffe führt der Weg nach Dänemark. Nach einem längeren Lageraufenthalt geht es von dort weiter bis nach Süddeutschland. Und schließlich landet Mutter Gertrud Reinfandt mit ihren drei kleinen Töchtern Helga, Sieglinde und Gisela in Ostelsheim. Der Vater ist als Soldat im Krieg.

Helga Ehrenfeld erzählt von den ersten Schwierigkeiten des Einlebens in der neuen Heimat. Während die Kinder das Schwäbische schon nach kurzer Zeit ganz gut verstehen, hat ihre Mutter noch lange Schwierigkeiten mit dem Dialekt. Heute ist das zehnjährige Mädchen von damals in der Gäugemeinde voll integriert und sehr geschätzt. Es hat Ostelsheim als neue Heimat ins Herz geschlossen. "Ich lebe gerne in diesem schönen Dörfchen. Immer wieder, wenn wir vom Urlaub oder einem Ausflug nach Hause kommen und ich von weitem den Kirchturm, die Hausdächer und die schöne Landschaft sehe, bekomme ich heimatliche Gefühle und freue mich", schmunzelt die Seniorin.

Hans Ehrenfelds Vater stammt aus Stuttgart-Bad Cannstatt, seine Mutter war waschechte Ostelsheimerin. In der idyllischen Gäugemeinde hat Hans Ehrenfeld seine Kindheit und Jugendzeit verbracht. Auch er erzählt von packenden Erlebnissen. Spannend ist die Geschichte, wie er als Zwölfjähriger mit seinem um ein Jahr jüngeren Vetter zurückweichenden Soldaten den Weg von Ostelsheim nach Lehenweiler zeigen muss. "Als wir unterwegs waren, ballerte die Artillerie los, die im Kuhwald stationiert war, und feindliche Tiefflieger donnerten über uns hinweg", erinnert er sich. Die Jungen haben dabei Todesangst.

In Eigenleistung ein Haus gebaut

Ihr Auftrag geht dann glücklicherweise noch einigermaßen gut aus. Aber die deutsche Militäreinheit, die in Ostels- heim stationiert war, gibt es plötzlich gar nicht mehr. An diesem Tag werden die Soldaten nämlich von der Ostelsheimer Bevölkerung mit Zivilkleidung versorgt und in Kellern und Scheunen versteckt", erzählt Ehrenfeld. Die jungen Soldaten hätten dann in den nächsten Tagen versucht, sich als Zivilisten getarnt in ihre Heimat durchzuschlagen. Der 87-Jährige erzählt dann weiter, wie französische Einheiten mit bedrohlichen, großen Panzern in Ostelsheim einrückten. Und weil französische Kriegsgefangene, die als Zwangsarbeiter bei Ostelsheimer Bauern arbeiten, bezeugen, dass sie gut behandelt worden sind, gibt es keinen Übergriffe. "Die Gemeinde Ostelsheim hatte großes Glück, dass damals keine Plünderungen und Vergewaltigungen geschahen", resümiert Ehrenfeld.

Das junge Liebespaar heiratet dann im Jahr 1954 und baut mit viel Eigenleistung ein Haus in der Gäukommune. Schon bald werden vier Kinder geboren, die es mit Leben erfüllten. Doch diese sind inzwischen erwachsen und es ist still geworden im Haus. Dem gelernten Elektromeister und der Industriekauffrau ist es jedoch nie langweilig geworden. Sie sind bis heute treue Mitglieder in mehreren örtlichen Vereinen und besuchen gerne deren Veranstaltungen. "Ich gehe heute noch zu allen Fußballspielen des VfL Ostelsheim", erzählt Hans Ehrenfeld. "Ansonsten ist die Natur mein Höchstes", sagt der passionierte Hobbyornithologe, der gerne Vögel beobachtet und früher viele Führungen mit Gruppen unternahm.

Seine Frau ist eine talentierte, leidenschaftliche Sängerin, die viele Jahre im Kirchenchor sang. Dem Gesangverein Ostelsheim hält sie bis heute als aktive Sängerin die Treue.

Sorge bereitet den Ehrenfelds die derzeitige neue Tendenz zu nationalistischen Einstellungen in mehreren Ländern Europas. Radikalismus und Krieg seien etwas Schreckliches und so etwas dürfe es in Zukunft nie mehr geben.