Hasrat Jacobi (von links), der Asyl-Anwalt Ernst Dietzfelbinger, Andreas Reichstein, SPD-Kreisvorsitzender für Calw, Tino Bayer vom Arbeitskreis Asyl, und die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken. Foto: Kuhnert

"Die bleiben hier – wie auch immer!" Es ist ein großes Versprechen, das Asyl-Anwalt Ernst Dietzfelbinger der in Calw lebenden Familie von Hasrat Jacobi gab. Eine Solidaritäts-Aktion des FC Alzenberg-Wimberg zeigte die große Unterstützung auch aus der Bevölkerung.

Calw-Alzenberg - Ehrengast der Veranstaltung auf dem Fußballplatz in Alzenberg: SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken – deren Zug zwar ordentlich Verspätung hatte, so dass SPD-Kreisvorsitzender Andreas Reichstein noch ihr vorbereitetes Grußwort verlesen durfte. Aber am meisten berührte die wohl mehr als 200 Unterstützer vor Ort sicher die Kicker der D-Jugend des FCs, die einen Solidaritätsbrief für ihren Kumpel und Mannschaftskameraden, den zwölfjährigen Sohn Bilal der Familie Jacobi, verfasst hatten und hier vor großem Publikum verlasen.

Drei Jahre auf der Flucht

"Das wird Eindruck machen", war sich auch Tino Bayer vom Arbeitskreis Asyl sicher. Bayer ist Pate für die Familie Jacobi und hatte auch seinerzeit dafür gesorgt, dass nach einer von einem TV-Team begleiteten Odyssee der ursprünglich aus Afghanistan stammenden Familie diese im Kreis Calw, genauer in der Asylunterkunft in Calw-Wimberg, Aufnahme fand. Die Geschichte der insgesamt sechsköpfigen Familie Jacobi ist von Dramatik gezeichnet: Drei Jahre dauerte die Flucht über den Iran, Griechenland, Türkei und die Balkan-Route. Vor allem an der Grenze zu Kroatien erlebten sie dabei viel Gewalt durch die sogenannten – illegalen – Pushbacks.

Für Behörden zählt der Stichtag 1. Januar 2013

"Die haben uns dort geschlagen", auch seine Frau – erzählt Hasrat Jacobi im Gespräch mit Saskia Esken. "Uns die Handys weggenommen." Eigentlich hätte die Familie sowieso ein Bleiberecht in Deutschland: Hasrat Jacobi hat schon früher in Deutschland gearbeitet, hier Deutsch gelernt. Als der Krieg in seinem Heimatland Afghanistan eskaliert, ging er dorthin zurück, um seine Frau und Kinder zu unterstützen – und dort für die deutschen Ortskräfte zu arbeiten. Allerdings geschah das alles vor dem 1. Januar 2013 – dieses Datum gilt als Stichtag für deutsche Behörden: Nur wer danach für die deutschen Truppen in Afghanistan gearbeitet hat, wird als Ortskraft auch anerkannt. Hasrats Jacobis Anstellung als Dolmetscher in der Bundeswehr-Küche des Isaf-Camps in Kabul lag tragischer Weise vor diesem Datum.

"Diese Reglung ist unmenschlich!"

Für Tobias Pflüger, ehemaliger Bundestagsabgeordneter für die Partei Die Linke und deren verteidigungspolitischer Sprecher, ist genau diese Stichtagsregelung "völliger Unsinn". Das Aufenthaltsrecht "muss für alle Ortskräfte" der Bundeswehr gelten. Auch die sogenannte Dublin-Regelung, die bestimmt, dass Asylbewerber in das Land abgeschoben werden müssen, wo sie das erste Mal Asyl beansprucht haben – im Fall der Familie Jacobi wäre das Kroatien, wohin sie aktuell auch abgeschoben werden sollen – "muss dringend weg", so Pflücker. "Diese Reglung ist unmenschlich!" Pflüger hatte seinerzeit der Fall Jacobi regelmäßig der damaligen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer vorgelegt und auch den Bericht über das Schicksal der Familie bei Spiegel-TV angeregt.

Er sei auch selbst an der kroatischen Grenze gewesen, habe die illegalen Pushbacks dort miterlebt, könne das Trauma der Familie Jacobi daher sehr gut nachvollziehen. Wobei Asyl-Anwalt Dietzfelbinger ergänzt, dass im Abschiebungs-Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sogar bemängelt würde, dass die Familie selbst nach Deutschland gekommen sei – und sie nicht von der Bundesrepublik "geholt" worden sei: "Das ist eine Denkweise, da komm’ ich nicht mehr mit!"

Esken: Familie längst Teil der Gemeinschaft

Auch für Saskia Esken ist eindeutig klar: Die Familie Jacobi sei längst "Teil der Gemeinschaft" hier, und sie dankte auch "im Namen der Politik" Hasrat Jacobi für dessen Einsatz für die Bundeswehr in Afghanistan. Zwar müsse man im Moment noch die Bearbeitung des Einspruchsverfahrens abwarten, aber sie sei "vorsichtig optimistisch", dass "sich alles zum Guten wenden" werde. Seit 2021 seien bereits insgesamt mehr als 26 000 Ortskräfte aus Afghanistan nach Deutschland geholt worden, jeden Monat kämen tausend weitere hinzu. Diese Zahlen verdeutlichten, dass es eine große Bereitschaft gebe, der Verantwortung Deutschlands für seine Ortskräfte gerecht zu werden. Das werde sich auch im Fall der Familie Jacobi beweisen.

Schließlich griff Hasrat Jacobi selbst während der Solidaritäts-Veranstaltung auf dem Fußballplatz des FC Alzenberg-Wimberg zum Mikrofon, dankte für die bereite Unterstützung: "Bitte lasst uns leben hier", so seine Worte. "Wir brauchen diese Hilfe von euch!"