Die Bürgermeister fordern eine klare Öffnungsstrategie.  Foto: Berg/dpa

"Die Angst vor der nächsten Welle darf uns nicht lähmen", schreiben 16 Städte und Gemeinden an Ministerpräsident Winfried Kretschmann, darunter auch Oberndorf. Sie fordern eine klare Öffnungsstrategie.

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Oberndorf - Seit einem Jahr hat Corona die Welt fest im Griff. Und mit dem Virus kamen einige Einschränkungen. Nun sind nicht nur die 16 Städte und Gemeinden der Meinung: "Das Ziel der Kontaktminimierung lässt sich mit den aktuell geltenden Regelungen nicht erreichen, ohne bei der Betrachtung der unterschiedlichen Betroffenheiten eine kaum mehr akzeptable Ungerechtigkeit feststellen zu müssen."

Nach einer solch langen Zeit in der Pandemie erscheine die Ausrichtung des politischen Handelns nicht mehr weitblickend genug, schreiben die Bürgermeister von Blumberg, Bräunlingen, Ettenheim, Friesenheim, Grenzach-Wyhlen, Kandern, Kappel-Grafenhausen, Mahlberg, Markdorf, Meersburg, Meißenheim, Neuried, Schönau Schuttertal, Steinen und Oberndorf.

Der Einzelhändler könne nicht nachvollziehen, warum er mit gutem Hygienekonzept seine Kleidung nicht direkt verkaufen dürfe, während der Vollsortimenter legal nicht nur das Lebensnotwendige verkaufe, sondern auch Kleidung. Und von einer Einhaltung der Coronaverordnung könne dort wegen der vielen Menschen teilweise nicht mehr gesprochen werden.

Das gleiche gelte für die Hotellerie und Gastronomie, die sich in der vollkommenen Perspektivlosigkeit wiederfänden. Gerade wenn sich die Fallzahlen nun nicht in eine gute Richtung entwickelten und vorsichtige Öffnungen nach bisheriger Lesart riskant sein könnten, wie wolle man dann den Blick auf die kommenden Monate richten, fragen sich die Bürgermeister. "Ist es nicht gerade vor dem Hintergrund der so genannten Mutanten dringend an der Zeit, andere Strategien ernsthaft zu diskutieren, um nicht weiteren monatelangen Stillstand im Blick auf nicht erreichbare Inzidenzwerte festzuschreiben?".

Die Bürgermeister fordern eine offene Diskussion und Abwägung. Der Gesundheitsschutz könne als alleiniges Argument nicht mehr alle anderen Argumente aushebeln und die Freiheitsrechte erheblich einschränken. "Unser Land benötigt klare und transparente Öffnungsstrategien."

Das Motto: zulassen statt zu lassen

Insbesondere die Schulen und Kitas müssten dauerhaft geöffnet werden, so die Forderung. Das Land werde ansonsten seinem Bildungs- und Erziehungsauftrag nicht mehr gerecht. Es drohe der Verlust einer ganzen Generation.

Weitere Verluste seien in der Kultur zu befürchten. Ein völlig vernachlässigtes Thema seien zudem der allgemeine Bewegungsmangel und die Vereinsamung.

"Wir fordern eine Abkehr von der reinen Politik der Beschränkung und Verbote zu einer Politik der möglichst großen Freiheit mit bestmöglicher Begleitung von Hygienemaßnahmen. Das Coronavirus gehört zwischenzeitlich zu uns. Wir werden es für lange Zeit nicht schaffen, alle daraus resultierenden Risiken auszuschalten. Deshalb muss das Motto für die kommenden Wochen heißen: Zulassen, statt zu lassen", so der eindeutige Appell.

Die Belange der Wirtschaft, des Handels und anderer müssten ihren Platz in der öffentlichen Diskussion finden. Ebenso sei mittlerweile bekannt, dass sich die Menschen im privaten Umfeld träfen und es mit der Coronaverordnung nicht mehr so ernst nähmen. Auch mit Blick darauf seien Schließungen auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen.

Die Bürgermeister schreiben, sie bekämen die unmittelbare Verzweiflung, insbesondere der Einzelhändler und Gastronomen, zu spüren. "Viele haben ihre als Altersvorsorge gedachten Rücklagen bald komplett aufgebraucht und werden am Ende alles verloren haben, wenn nicht die versprochene Unterstützung umfassend, zeitnah und vollständig fließen wird."

Gelinge nicht sehr kurzfristig die Korrektur, so werde man die Innenstädte und Ortskerne bald nicht mehr wiedererkennen können, so die Prognose. Nur wenn man endlich transparent abwäge, würden die notwendigen Beschränkungen in der Zukunft auch Akzeptanz finden.

Man unterstütze die Teststrategie des Landes und sei überzeugt davon, dass die Verknüpfung von Testszenarien mit einer wohlüberlegten Öffnungsstrategie deutlich schneller aus der Krise führen werde, als das Warten auf durchschlagende Impferfolge. Auch das verbindliche Tragen von FFP2 Masken sei eine gute Begleitung der Öffnungsstrategie.

"Angst ist kein guter Ratgeber. Es geht hier um den Schutz der Qualität unserer Innenstädte und der dörflichen Strukturen, aber auch um Existenzen."