Arbeitskreis "Cluster 3" hegt mehrheitlich Zweifel an Kalkulationen der Bahn zum geplanten Tunnelbau.

Offenburg. Die Rechnung der Bahn geht nicht auf: Angebliche Mehrkosten für einen Tunnel durch Offenburg seien nicht hinreichend belegt, sagt der Arbeitskreis "Cluster 3". Somit bleibe es aus ihrer Sicht bei der ursprüng- lichen Kostenschätzung.

Im Februar 2012 hatte das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart das Finanzkonzept der Bahn gegengeprüft und für in Ordnung befunden. Im März diesen Jahres kamen aus Berlin jedoch neue Zahlenspiele auf den Tisch, die nicht nur in Offenburg für Kopfschütteln sorgten. "Plötzlich sollte alles viel teurer werden, das hat bei uns schon einige Irritation ausgelöst", sagte Landrat Fank Scherer gestern bei einem Pressege- spräch.

Im Gepäck hatte er den Beschluss, den der Arbeitskreis nur wenige Minuten zuvor unter seiner Leitung mehrheitlich gefasst hatte. Tenor: Der Bahn ist es nicht gelungen, die behaupteten Mehrkosten darzulegen. Somit bleibe es für die Region bei der Kalkulation aus dem vergangenen Jahr.

Im Einzelnen hatte das Unternehmen im März drei Punkte aufgeführt, die die Finanzierung des Projekts Tunnel ins Wanken bringen könnten. "Wir haben diese offenen Posten näher beleuchtet, immer mit Blick darauf, ob sie tatsächlich dem Tunnelbau zuzurechnen sind", erklärte Scherer.

Zum einen bringt die Bahn vor, dass – sollte der Tunnel kommen – Gleise, die sie vor zehn Jahren nördlich von Offenburg verlegt hat, nutzlos wären; und 80 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Eine Argumentation, die der Landrat nicht nachvollziehen könne: "Wir wissen heute, dass eine Bebauung des Bahngrabens nicht genehmigungsfähig ist." Deshalb könne es nicht sein, dass man jetzt Fehlplanungen dem Tunnel zuschreibt. Abgesehen davon, "reden wir von einem Zeitplan, der einen Bau Mitte der 2020er-Jahre vorsieht. Dann wären die Gleise 25 Jahre in Betrieb". Da noch von einer Fehlinvestition zu reden, sei doch ziemlich an den Haaren herbeigezogen.

"Viel Nebel" steckt laut Scherer auch in der Behauptung, dass eine nördliche und südliche Anbindung an die Alternativstrecke zur A 3-Tarsse nochmals mit zusätzlichen 150 Millionen Euro zu Buche schlagen würde – eine Rechnung, die bislang jeglicher Grundlage entbehre.

Zum Dritten sieht das Rechenspiel der Bahn eine Verlagerung des Güterbahnhofs vor. Kostenpunkt: 200 Millionen Euro. Doch wird ein solcher in Offenburg überhaupt noch gebraucht? Scherer: "Sogar bahnintern wird die Zahl der Zweifler größer." Im Raum steht Mannheim als Knotenpunkt für ein- und ausgehenden Frachtverkehr, was einen Verladeplatz in der Ortenau überflüssig machen würde.

An den Beschluss des Arbeitskreises soll sich im Idealfall nun auch der zuständige Projektbeirat halten. Die Forderung lautet, »zeitnah ein Meinungsbild über die Finanzierung des Tunnels herbeizuführen und die Vertreter des Bunds aufzufordern, die hierzu im Bundestag erforderlichen Beschlüsse in die Wege zu leiten«.

Dieses Ergebnis ist für Scherer "befriedigend". "Schade" sei mit Blick auf den – lediglich – mehrheitlich gefasstes Urteil jedoch, "dass man nicht mehr alle hinter sich hat". "Einige denken, dass dieser Beschluss vorentscheidenden Charakter für die Frage Antragstrasse oder Autobahnparallele hat." Dem sei keineswegs so, erklärte der Landrat abschließend.