Überzeugt vom Erfolg des Projekts: die Leiterin Ursula Firnkes (von links), die Teilnehmerinnen Sonja Herzog und Tanja Merz sowie Afög-Geschäftsführer Hans Pfotzer-Reiß. Foto: Bender

Projekt "Artemis" ermöglicht alleinerziehenden Müttern Spagat zwischen Familie und Beruf. Hilfe von der Afög.

Offenburg. Sie gelten auf dem Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar: alleinerziehende Mütter. Das landesweite Projekt "Artemis" soll das ändern – mit einer Berufsausbildung in Teilzeit. In der Ortenau unterstützt die Afög betroffene Frauen.

Tanja Merz ist 25 Jahre alt, alleinerziehende Mutter und seit Februar Auszubildende zur Fleischereifachverkäuferin. Vor einigen Jahren hatte die Oberkircherin schon einmal eine Lehre begonnen, wollte in der Gastronomie Fuß fassen. Ihre Schwangerschaft durchkreuzte damals ihre Pläne. Heute ist ihr Sohn drei Jahre alt und Merz hat einen neuen Anlauf genommen – mithilfe der Ortenauer Arbeitsfördergesellschaft (Afög) und "Artemis".

"Artemis gilt in der griechischen Mythologie unter anderem als die Hüterin der Frauen und Kinder", sagte der Afög-Geschäftsführer Hans Pfotzer-Reiß gestern bei einem Pressegespräch. So passe der von den Initiatoren gewählte Name ganz gut zu dem Projekt, das alleinerziehenden Müttern den Sprung auf den Arbeitsmarkt erleichtern soll. "Mehr als die Hälfte von ihnen hat keine abgeschlossene Berufsausbildung", berichtet Pfotzer-Reiß. Ein Problem, das die Landesregierung erkannt hat und mit Geldern aus dem europäischen Sozialfonds korrigieren will. So soll "brachliegendes Potenzial für die Fachkräftegewinnung" wieder nutzbar gemacht werden.

An neun ausgewählten Projektstandorten werden seit Juli vergangenen Jahres rund 100 alleinerziehende Frauen betreut, zehn davon bei der Afög im Ortenaukreis. Programmleiterin Ursula Firnkes: "Wir helfen den Teilnehmerinnen, ihre Interessen herauszufinden, unterstützen sie beim Schreiben von Bewerbungen und erläutern potenziellen Arbeitgebern die Projektstrukturen von 'Artemis'". Die Wichtigste: die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie. "Deshalb bauen wir auf eine Teilzeitausbildung", erklärt Pfotzer-Reiß. Diese sieht vor, dass die Frauen, inklusive der Zeit auf der Schulbank, 25 bis 30 statt, wie gewöhnlich, 40 Stunden die Woche arbeiten. So bleibt genügend Zeit für die Kindererziehung.

Darauf legt Sonja Herzog großen Wert. Auch sie wird seit Juni zur Fleischereifachverkäuferin ausgebildet: "Ich habe drei Mädchen zwischen anderthalb und acht Jahren, da ist es schwer genug, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bekommen."

Allein: Viele Betriebe sträuben sich noch gegen die Teilzeitlehrlinge. "Natürlich müssen die Betriebsstrukturen etwas angepasst werden. Aber im Grunde profitieren auch die Arbeitgeber von den veränderten Zeiten", ist sich Pfotzer-Reiß sicher: "Sie bezahlen natürlich nur anteilig und die Auszubildenden werden weniger beansprucht, bleiben motiviert."

Tanja Merz bestätigt: "Ich arbeite vier Tage die Woche, die Zeit mit meinem Kind gibt mit wieder Kraft." Sonja Herzog geht noch einen Schritt weiter: "Für viele ist die Familie ein Ausgleich zur Arbeit, für mich ist es eher umgekehrt", erklärt die 29-jährige Rheinauerin. Beiden sind erleichtert, dass ihnen die Afög auch nach der erfolgreichen Suche nach einem Ausbildungsplatz weiter zur Seite steht. "Sechs Monate dauert die Nachbetreuung", erklärt Firnkes. Vor allem Fragen zu Anträgen und die entsprechenden Behördengänge bereiteten den Frauen oft Kopfzerbrechen. Manchmal sei bei all den neuen Erfahrungen auch ein kleiner Motivationsschub vonnöten, berichtet die Projektleiterin. Wenngleich "die Arbeitnehmer ehrgeizige, fitte Frauen bekommen."

Im Januar beginnt ein weiterer Vorbereitungskurs

Eine Tatsache, die sich an der bisherigen Bilanz in der Ortenau ablesen lasse: 85 Prozent der Projektteilnehmerinnen stünden mittlerweile in Lohn und Brot. Nur zwei hätten aufgrund persönlicher Probleme das Handtuch geworfen. Eine Quote, die die Verantwortlichen gerne noch ausbauen würden: "'Artemis' ist aber bislang nur ein Pilotprojekt", sagt Pfotzer-Reiß. Ende 2014 ist erstmal Schluss. Dann werde auf Landesebene entschieden, ob und wie es mit dem Programm weitergeht.

Aktuell werden aber weiter Mütter gesucht, die den Weg auf den Arbeitsmarkt fest im Blick haben: "Im Januar beginnen wir mit einer neuen Vorbereitungsgruppe, derzeit schauen wir uns nach interessierten Frauen um", sagt Firnkes. Voraussetzung für eine Teilnahme: Die Frauen müssen alleinerziehend sein und Leistungen der Kommunalen Arbeitsförderung beziehen. "Bislang ist das Projekt leider auf diese Zielgruppe beschränkt", erklärt Pfotzer-Reiß.

Weitere Informationen: www.afoeg.de