An Wochenenden soll das Busfahren im Kreis Calw – hier Nagold – kostenlos werden. Foto: Fritsch

Der kostenlose ÖPNV an Wochenenden im Kreis Calw kommt – voraussichtlich ab Januar 2022. Der Kreistag hat dafür auf seiner jüngsten Sitzung mit deutlicher Mehrheit einen Grundsatzbeschluss gefasst. Für wie lange diese Werbeaktion für den ÖPNV laufen soll, bleibt allerdings erst einmal offen.

Kreis Calw - Die nicht ganz einfache Vorgeschichte zu diesem Beschluss: Bereits Ende letzten Jahres hatte die Grünen-Fraktion im Calwer Kreistag einen fünf Punkte umfassenden Antrag gestellt, mit dem die Attraktivität des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Kreis Calw nach Umstellung auf das neue Fahrplan-Konzept mit seinem sicheren Stundentakt besser bei den Bürgern bekannt gemacht werden sollte.

Punkt eins dieses Antrags: An allen Samstagen soll der gesamte ÖPNV (Linienbusse sowie Kulturbahn und Enztalbahn) im Landkreis Calw kostenlos nutzbar werden.

Im Kreistag ging es noch einmal richtig zur Sache

In der Folge haben sich der Verwaltungsausschuss (VWA) und die "AG Mobilität" unter anderem in einer eigenen ÖPNV-Klausurtagung mit dem Antrag der Grünen beschäftigt, zusätzlich hat sich noch mal der VWA auf seiner Sitzung Anfang Juli mit dem Thema auseinandergesetzt.

Dabei hatte sich für eine Mehrheit der Kreisräte herauskristallisiert, dass ein kostenloser ÖPNV unter Einbeziehung des Schienenverkehrs (Kultur- und Enztalbahn) von Seiten des Landkreises eher schwierig umzusetzen sei und man sich daher allein auf den (eigenen) Busverkehr konzentrieren sollte.

Allerdings sprachen sich die Gremien letztlich ergänzend zum Antrag der Grünen dafür aus, die kostenlosen Fahrten auch auf Sonntage auszuweiten – unter anderem, weil hier durch die Ausdehnung der Bus-Verbindungen im Kreis – vorerst in den bereits vergebenen Linienbündeln Mitte und Südost – "zwischenzeitlich eine deutliche Angebotsausweitung vorgenommen wurde", die man so analog zum Antrag der Grünen auch insgesamt besser bei den Bürgern bekannt machen könnte.

Trotzdem ging es auch jetzt beim eigentlichen Entscheid im Kreistag noch einmal richtig zur Sache in der Diskussion, nachdem Kreisrat Simon Klaas (CDU) in einer ersten Stellungnahme zu diesem Tagesordnungspunkt gleich zwei Bedingungen stellte, von denen eine Zustimmung seiner Fraktion letztlich abhängen würde: Zum einen bestand Klaas auf eine Evaluierung möglicher Ergebnisse der Werbeaktion nach spätestens sechs Monaten, um nur auf Basis "echter Effekte" eine Verlängerung der Aktion – auf die von den Grünen ursprünglich beantragten mindestens zwölf Monate – zuzustimmen.

Außerdem forderte Klaas einen Beginn der Maßnahme nicht ab sofort oder nach den Ferien zu terminieren, sondern erst ab Januar 2022 freizugeben. Dazu ergänzend wollte Kreisrat Albrecht Joos (FDP) wissen, wie denn überhaupt solch "eine Evaluierung", wie von Kreisrats-Kollege Klaas gefordert, aussehen und stattfinden könnte – wie würde man in diesem konkreten Fall die Nutzung des ÖPNV "vorher und nachher" messen und vergleichen können?

Hier übernahm es Michael Stierle, Abteilungsleiter S-Bahn und ÖPNV des Landkreises, direkt zu antworten: Tatsächlich bräuchte es vor Start einer solchen "Werbemaßnahme" mit kostenlosem ÖPNV eine "Aufnahme der IST-Situation" im Kreis, was letztlich eine "manuelle Zählung" der Fahrgäste in repräsentativen Zeiträumen meine. Wobei der Zeitraum der eigentlichen Werbeaktion aus seiner Sicht, so Stierle, "frei wählbar" wäre, wenn die Kostenübernahme der damit verbundenen Einnahmeausfälle (die liegen nach Berechnungen des VGC bei 22300 Euro pro Monat oder 268 600 Euro im Jahr) durch den Landkreis geklärt sei.

Genau hier schlug Lothar Kante (SPD) einen zumindest "symbolischen Preis" für die Fahrkarten am Wochenende vor, was aber Nele Willfurth für die Grünen als Idee sofort wieder kassiert sehen wollte: "Die Strahlkraft" der gesamten Werbeaktion würde dadurch gefährdet, nur wirklich kostenlose Angebote würden letztlich die Bürger auch tatsächlich erreichen – das zeigten alle bisherigen Beispiele in diesem Bereich. Außerdem plädierte Willfurth für ihre Fraktion weiter dafür, die Aktion von vornherein auf ein ganzes Jahr zu terminieren, da man nur so eine ausreichende Aussagekraft für die tatsächliche Wirkung der Aktion gewinnen könnte.

Grundsatzbeschluss auf Vorschlag des Landrats

Unterstützt von dann auch Johannes Schwarz (Grüne), mahnte Willfurth zudem einen Beginn der Aktion "so schnell wie möglich" an, um wirklich auch die gesamte "ÖPNV-Saison" (außerhalb der großen Ferien im Sommer) abbilden zu können. Wäre das gewährleistet, so Fraktionskollege Schwarz ergänzend, würde sich die Grünen-Fraktion eventuell auch mit einem Ende der Aktion "bis zu den nächsten Sommerferien" im kommenden Jahr einverstanden geben.

Was wiederum Kreisrat Dietmar Fischer (CDU), Bürgermeister in Bad Liebenzell, unsinnig fand – weil "im nördlichen Kreis derzeit zu viele Fahrten ausfallen" würden in den (neuen) Busverkehren. Hier müsse der ÖPNV "erst auch die Leistung" erbringen, die man dann durch kostenlose Fahrten als Werbung bekannt machen könnte.

Was letztlich genau hier Landrat Helmut Riegger in die Diskussion eingreifen ließ, um – wie er es formulierte – "die Kuh vom Eis zu bringen!" Riegger erinnerte seine Räte daran, dass es "einen Konsens aus den Vorberatungen" gebe.

Daher der Vorschlag des Landrats, jetzt erst einmal "einen Grundsatzbeschluss" zu fassen, tatsächlich "ab Januar 2022, wenn alle Angebote (Anmerkung: in den Busverkehren im Kreis) laufen", mit dem kostenlosen Angebot an Wochenenden im Kreis Calw zu beginnen – es "einfach mal auszuprobieren", wie es Riegger formulierte. Bis dahin würde die Verwaltung die Art der Evaluierung intern erarbeiten – was ÖPNV-Chef Stierle noch einmal dahingehend konkretisierte, dass es tatsächlich "keine exakte Fahrgastzahlen" aus dem laufenden Betrieb gebe, da man aktuell zum Beispiel die Nutzung der Busse durch Monatskarten-Inhaber nicht automatisiert zähle. Da helfe nur eben die "echte, scharfe Erfassung" der Daten durch eine manuelle Zählung.

Letztlich fällte der Kreistag den vom Landrat geforderten Grundsatzbeschluss für den kostenlos nutzbaren Busverkehr an Wochenenden ab Beginn des kommenden Jahres mit deutlicher Mehrheit – bei sechs Nein-Stimmen und einer Enthaltung.

Alle weiteren, sich aus dem ursprünglichen Antrag der Grünen-Fraktion ergebenden Fragestellungen und notwendigen Entscheide wurden entsprechend erst einmal vertagt.