Der Ehrenvorsitzende und Regisseur des Würzbacher Bauerntheaters Wolfgang Pfrommer (Mitte) erhielt für sein jahrzehntelanges Engagement die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg. Foto: Biermayer Foto: Schwarzwälder Bote

Unterhaltung: Schauspieler zeigen neues Stück / Wolfgang Pfrommer erhält Landesehrennadel

Das 100-jährige Vereinsjubiläum – so heißt nur das aktuelle Stück. Das Würzbacher Bauerntheater hat dieses Alter noch nicht ganz erreicht. Trotzdem ist es eine große Leistung, was die Schauspieler Jahr für Jahr auf die Bühne stellen. Für dieses Engagement erhielt der Ehrenvorsitzende Wolfgang Pfrommer nun eine ganz besondere Auszeichnung.

Oberreichenbach-Würzbach. Die rund 200 Zuschauer saßen im voll besetzten Theaterhaus "Uf d’r Almet" gemütlich zusammen. Vor dem Theaterstück ließ es sich das Publikum bei deftigem Essen und zünftiger Musik der vereinseigenen Musikgruppe gut gehen. So weit, so normal. Doch statt dem üblichen Vorprogramm des Jugendtheaters sahen die Zuschauer ein ungewohntes Schauspiel.

Moderatorin Rebecca Maisenbacher betrat die Bühne und begrüßte das Publikum, insbesondere die Stammgäste. Auch zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft und Politik stellte sie vor. Die Bürgermeister aus Calw, Schömberg und Bad Wildbad waren gekommen. Ihr Amtskollege aus Oberreichenbach, Karlheinz Kistner, war selbstverständlich ebenfalls da. Bei ihm am Tisch saßen aktive und ehemalige Landräte, Vertreter der Handwerkskammern, der Sparkasse und der ENCW. Außerdem waren der Landtagsabgeordnete Thomas Blenke und der ehemalige Ministerpräsident Stefan Mappus vor Ort. Aber warum gab sich die lokale Prominenz in Würzbach die Klinke in die Hand?

Der Vorsitzende Martin Reichle klärte die Anwesenden auf. "Ich bin ja erst seit März in meinem Amt", so Reichle. Davor sei das Bauerntheater aber 25 Jahre lang vom nun Ehrenvorsitzenden Wolfgang Pfrommer geleitet worden. Seit 57 Jahren sei Pfrommer im Theater aktiv, seit 53 Jahren sogar als Regisseur. "Dafür möchte ich mich im Namen des Vereins bei dir bedanken", so Reichle in Richtung Pfrommer, der in einem Sessel auf der Bühne Platz genommen hatte.

Bürgermeister Kistner und Blenke betraten schließlich ebenfalls das Podest. "Ein roter Tisch und ein grünes Telefon? Das passt aber nicht zu unserem schwarzen Wolfgang", scherzte Kistner in Bezug auf die Bühnenausstattung. Er und Blenke wussten von Pfrommers jahrzehntelangem Engagement zu berichten. Pfrommer habe sich nicht nur im Theater stets ehrenamtlich eingebracht. Das Bauerntheater in der heutigen Form sei ohne ihn aber undenkbar. Pfrommer sei hauptverantwortlich dafür, dass es das Theaterhaus gebe. Nur auf sein Drängen habe Blenke den damaligen Ministerpräsidenten Mappus von einer finanziellen Förderung überzeugen können. "Wolfgang Pfrommer ist Mr. Würzbacher Bauerntheater", brachte es Blenke auf den Punkt. Trotzdem habe Pfrommer es geschafft, für einen adäquaten Nachfolger in Person von Martin Reichle zu sorgen.

Und nun gab es neben den vielen warmen Worten auch eine handfeste Überraschung für Pfrommer. Blenke überreichte ihm die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg.

Ohne "tolle Mannschaft" geht gar nichts

Sichtlich gerührt bedankte sich Pfrommer für die Auszeichnung. Er nehme diese aber nur stellvertretend für den Verein an. "Ohne so eine tolle Mannschaft wie wir sie hier haben, geht gar nichts", erklärte er. Er wolle sich bei allen bedanken, die in den vergangenen 50 Jahren zum Gelingen des Theaters beigetragen hätten. Auch seiner Frau und Familie sei er dankbar. Sie seien sein Fundament. "Und es ist toll, dass sie hier alle mal aus berufenem Munde hören, was ich für ein Kapital-Hecht bin", scherzte Pfrommer.

Anschließend an die Ehrung folgte der eigentliche Hauptpunkt des Abends: das Theaterstück. Darin ging es um das 100-jährige Vereinsjubiläum des Radfahrvereins Würzbach. Bürgermeister Karl-Friedrich Schäuffele (Wolfgang Pfrommer), Gemeindebeamter Jakob Haber (Jochen Alber), der Zipfelwirt (Martin Reichle) und Bestatter Johannes Bäuerle (Werner Hölzle) wollen anlässlich dieses Jubiläums einen Festumzug veranstalten. Schäuffeles Tochter (Petra Bott) schleppt einen neuen Partner und Kapellmeister (Matthias Pfrommer) an, der zu allem Überfluss auch noch Schweizer ist. Die Lehrerin des Ortes (Daniela Reichle) möchte eine kostenfreie Dienstwohnung vom Bürgermeister, er will etwas mehr von ihr. Ein metaphernreiches Missverständnis nimmt seinen Lauf.

Als seine Frau (Rita Wohlgemuth) von der vermeintlichen Nebenbuhlerin Wind bekommt und auch noch die Witwe Hirtenhansen (Tanja Schleih) und die Scherenschleiferin (Rebecca Maisenbacher) Forderungen stellen, kommt Bürgermeister Schäuffele arg ins Schwitzen. Nach Aufgabe sämtlicher Prinzipien gelingt es ihm jedoch, seine Wähler zufriedenzustellen und einen Festumzug zu organisieren. Für diesen Erfolg musste er nicht nur sprichwörtlich die Hose herunter lassen. Schäuffele steht einmal nur in Unterwäsche in seiner Amtsstube.

Dem Bauerntheater gelang so ein Stück, dass witzig und kurzweilig zusammenfasst, was alle sowieso schon immer über die Amtsstuben gewusst haben: Es geht nur über "Vetterleswirtschaft" und ein bisschen Druck an der richtigen Stelle. Oder um es mit einem immer wiederkehrenden Satz des Stückes zu formulieren: "Das ist keine Erpressung, das ist Politik." Dem Publikum gefiel die Vorstellung. Den Schauspielern war die Spielfreude anzumerken. Das älteste Ensemble-Mitglied Werner Hölzle feierte am Sonntag zudem seinen 80. Geburtstag. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab, im Festumzug über die Bühne zu springen.

Regie führte Wolfgang Pfrommer. Für die Technik sorgte Willi Müller. Das Bühnenbild gestalteten Georg Schanz und Sieger Schulz.