Wolfgang Pfrommer hat nach Jahrzehnten an der Spitze des Würzbacher Bauerntheaters aufgehört. Foto: Fuchs

Porträt: Seit der Gründung des Würzbacher Bauerntheaters hat Ex-Leiter Wolfgang Pfrommer mit dem Verein so einiges erlebt

Über Jahrzehnte leitete Wolfgang Pfrommer das Würzbacher Bauerntheater, das durch sein Engagement zu dem wurde, was es ist. Nun freut sich der 75-Jährige auf den Ruhestand und beobachtet gespannt, wie die nächste Generation sein Werk weiterführt.

Oberreichenbach-Würzbach. Wolfgang Pfrommer sitzt an einem urigen Holztisch in seiner Wohnküche und geht eine Liste durch. Ursprünglich war diese Küche ein Stall. Von seinen Eltern hat er die Landwirtschaft übernommen, Schwerpunkt Hühnerhaltung. Auch mit Rinderzucht hat er es versucht. Weil seine Söhne aber vom Familienbetrieb abgewandert sind, ruht dieser nun. Der Stall wurde tiefer gelegt und Pfrommer hat ihm einen schönen Steinboden und eine moderne, große Küche verpasst. Das gemütliche Zimmer kann sich sehen lassen. Irgendwann schaut Pfrommer von seinen Listen auf. "1026 Aufführungen und 81 Stücke seit 1962", sagt er. "Und 136 Spieler waren seitdem schon dabei." Er redet vom Verein Würzbacher Bauerntheater, den er insgesamt mehr als 50 Jahre lang geleitet hat. An der Wand hängen etliche Bilder, auf einigen davon sind bekannte Gesichter zu sehen, zum Beispiel das von Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel (CDU), einem Freund der Familie, wie Pfrommer hören lässt.

Chinesisches Konsulat als Publikum

"Einmal haben wir im Schloss Diedersdorf bei Berlin gespielt und hatten fast kein Publikum. Und dann kam Fuchtel uns zur Rettung, nämlich mit 60 Chinesen", erinnert er sich und schmunzelt. Der Politiker habe das gesamte chinesische Konsulat ins Theater mitgebracht. "Wir wissen nicht, wie viel die verstanden haben, aber das war uns grad egal", meint er und lacht.

Schon die Berliner haben Probleme gehabt, das bäuerliche Theater, das viel mit Dialekten arbeitet, zu verstehen, als der Würzbacher Verein den Nordschwarzwald in der Hauptstadt sowohl schauspieltechnisch im Wintergarten Varieté als auch mit seinen Trachten im Rahmen der Stallwächterparty vertreten durfte. Die Trachtengruppe lief mit 36 Paaren bei einem Umzug mit. "In so vielen Jahren hat sich ein riesiger Haufen an Erlebnissen mit dem Theater angesammelt, das ist einfach schön", findet Pfrommer. Noch ein Höhepunkt sei eine Fernsehaufzeichnung im Jahr 1999 gewesen, die beim SWR zur besten Sendezeit ausgestrahlt wurde. Und natürlich der Spatenstich zum eigenen Theaterhaus im Jahr 2011.

Konservative Eltern verhindern Karriere

Die Liebe zum Theater hegt Pfrommer schon sehr lange. "Ursprünglich wollte ich einmal Schauspieler werden", verrät er. "Aber meine recht konservativen Eltern haben gesagt: ›Das ist kein Beruf, sondern ein Vagabundenleben.‹" Damit habe der Traum erst einmal geruht. Nie habe er geglaubt, dass er einmal als Vorstand eines Theaters solchen Erfolg haben werde. 1966 hat er die Theaterleitung bereits übernommen, 1992 habe sich die Gruppe zum Verein formiert.

Ob es ihm nach alledem schwergefallen ist, den Vorsitz nun aufzugeben? "Ja, auf jeden Fall", sagt der ehemalige Vorstand. "Zwei Generationen habe ich in meiner Zeit als Vorstand erlebt. Und habe das Theater zu dem gemacht, was es heute ist", meint er. "Das war schon ein Lebensabschnitt."

So ganz raus aus dem Geschäft ist der 75-Jährige aber noch nicht. Zusammen mit dem Verein arbeitet er zum Beispiel am Aufbau einer Theaterjugend. Er erzählt von einer Kooperation mit der Werkrealschule auf dem Wimberg, in deren Rahmen Schüler-Gruppen im Theater die Vorspiele gestalten dürfen. Die Jugend brauche schließlich eine Plattform. Und man wirke so dem Nachwuchsmangel entgegen.

"Man kann nach so langer Zeit nicht von heute auf morgen aussteigen", stellt Pfrommer klar. "Ich versuche, meine Erfahrungen weiterzugeben, sofern die neue Generation das will." Und die besteht auch zu einem Teil aus seiner Familie. So ist sein Enkel Matthias Pfrommer der neue Geschäftsführer des Vereins. Ein Familien-Betrieb solle das Theater dennoch nicht werden. Er habe lediglich die Begeisterung für das Theater an seine Umgebung weitergegeben, erklärt Pfrommer. "Nur so kann man Idealismus fördern. Und ein Verein braucht eine hohe Quote an Idealisten, anders ist das Maß an Arbeit nicht zu bewältigen." Für ihn sei die Vereinstätigkeit gegen Ende ein Vollzeitjob gewesen, den er nur schaffen konnte, weil er Rentner ist. Nun müsse die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden. Pfrommer jedenfalls freut sich jetzt auf den wohl verdienten Ruhestand.

Das liegt daran, dass er nach jahrelanger Tätigkeit in sechs Vereinen – darunter auch dem Sportverein – und Engagement in der Politik, seine bürgerliche Pflicht erfüllt hat, nicht daran, dass das Theater langweilig geworden wäre. "Jedes Stück ist anders. Die Spieler müssen sich immer neu auf die Herausforderungen einlassen." Damit bleibe es auch nach 81 Stücken eine spannende Tätigkeit. Das größte Problem sei es, gute Stücke zu finden. "Wir versuchen, uns treu zu bleiben und keine ganz modernen, eher ländliche Stücke zu spielen", erklärt er. "Und dann müssen die Rollen auf die Spieler passen." 15 bis 17 aktive Akteure seien es, die Rollen teils doppelt besetzen. "Endlich sind die Weiber fort" habe der Verein im vergangenen Jahr zum Beispiel 20 Mal gespielt. Da sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass niemals jemand ausfällt.

Immer das Gesamtwerk im Blick

Darüber muss der Ex-Vorstand sich nun keine Gedanken mehr machen. "Ich habe jetzt eine junge Mannschaft, die das Werk weiterführt. Vielleicht bin ich nicht immer von allen Entscheidungen begeistert, aber das ist in Ordnung so", meint er. "Es kommt auf das Gesamtwerk an."

Der Erfolg habe für ihn immer im Vordergrund gestanden. Er sage seinen Nachfolgern gerne: "Ihr müsst euch ein Ziel setzen, auf das ihr hin arbeiten könnt." Denn er mache alles immer nur richtig oder er lasse es bleiben. Nicht zuletzt durch seine Verbissenheit hat das Würzbacher Bauerntheater weit über die Grenzen von Würzbach hinaus an Bekanntheit gewonnen und Erfolge gefeiert. Und natürlich durch die Originalität und die gute Zusammenarbeit in der Gruppe, wie Pfrommer findet. "Es hat Spaß gemacht, der Vorstand zu sein, aber es war auch eine Belastung. Ab jetzt bin ich endlich Rentner. Ich weiß nicht, was nach mir kommt", überlegt er. "Aber die Hoffnung ist da, dass es auch in Zukunft mit dem Theater so weitergeht."