Experte schätzt soziale Netzwerke oder die Teilnahme an Preisausschreiben kritischer ein als Google Street View

Von Christine Breuer Oberndorf. Ein Aufschrei ging durchs Land und die Aufregung hat sich noch nicht gelegt: Google will mit seinem Internet-Bilderdienst Street View jedem die Möglichkeit geben, sich Straßenzüge oder auch Häuser im Internet anzuschauen. Neu ist das allerdings nicht.Wer ein bisschen recherchiert, findet bald schon andere Bilderdienste, die genau das anbieten. So zum Beispiel www.sightwalk.com, www. bing.de, und auch www.berlin-street-view.de, wo man auf 127 unzensierten Videos Menschen, Autos und Häuser beobachten kann.

Sightwalk hat bislang zwar nur 4 große deutsche Städte im Netz. Die Straßenzüge sind dafür in Augenhöhe fotografiert und im 360-Grad-Modus zu betrachten. Hausnummern wurden entfernt, sind aber – wenn man ein Haus anklickt – in der unteren Leiste abzulesen. Auch Gesichter und Autokennzeichen wurden verfremdet. Wie Sightwalk in den Datenschutzbestimmungen versichert, werden keine Daten des Users gesammelt und weitergegeben. Lediglich Benutzername und E-Mailadresse werden gespeichert.

Bei bing.de, einem Programm von Microsoft, werden alle deutschen Städte bis 50 000 Einwohner, insgesamt sind das 183, aus der Vogelperspektive angezeigt. Dafür sind aber auch Einsichten in Gärten und Hinterhöfe recht deutlich zu erkennen. "Die Bilder sind aus einer Höhe von 5000 Metern aufgenommen", erklärt Pressesprecherin Miriam Köp auf Nachfrage unserer Zeitung. Gesichter seien nicht zu erkennen, womit es auch keine Verletzung der Persönlichkeitsrechte gebe. Außerdem müssen sich User bei der Suchmaschine nicht anmelden. Datenschützer sehen bei Google hauptsächlich die Gefahr des Datenmissbrauchs und raten zum Widerspruch gegen die Abbildung des eigenen Hauses. Doch gerade da sieht Evelyn Keßler von der Verbaucherzentrale ein Pro-blem. Hier ließen sich Rückschlüsse auf Vermögensverhältnisse ziehen, wenn ein Immobilienbesitzer gleich mehrere Häuser unkenntlich machen ließe. Diese Erkenntnisse wiederum könnten von Google an Firmen verkauft werden, die diesem Hausbesitzer gezielte Werbung zukommen lassen könnten. "Man weiß nicht, was Google mit den persönlichen Daten macht", sagt auch Jörg Klingbeil Datenschutzexperte im Innenministerium in Stuttgart.

Viel kritischer als Google Street View sieht Malte Dedden, Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Internetrecht aus Kehl am Rhein, die sozialen Netzwerke. Bei Angst vor Datenmissbrauch sollte man als Erstes überlegen, welche Daten man bei Facebook oder Twitter preisgibt. Auch Preisausschreiben oder Payback seien wahre Goldgruben für Datensammler. Die in Internetbilderdiensten gezeigten Straßenzüge seien Infos, die jeder Passant sammeln könne. "Da müsste auch verboten werden, in Straßen zu fotografieren", stellt er klar. Dann dürfte es aber auch keine Postkarten und Reiseführer geben. "Wenn ein Haus verpixelt dargestellt wird, ist das für Einbrecher doch erst recht reizvoll."

"Ich habe den Eindruck, dass nicht alle verstanden haben, dass die Aufnahmen keine Echtzeitbilder sind", führt Dedden weiter aus. Ein Polizeigewerkschafter habe in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung geäußert, die Polizei könne Street View für virtuelle Streifenfahrten nutzen. "Die Straßenzüge sind ein Mal fotografiert worden. Dann stehen die erst einmal im Netz, ohne aktualisiert zu werden," macht er deutlich.

Ein weiterer Fall seien 4 Rentner aus Düsseldorf. Sie hatten sich in der Rheinischen Post vor ihren Häusern, die sie durch einen Widerspruch verpixeln lassen wollen, ablichten lassen. "Viel problematischer sind Webcams und Videokameras, die öffentliche Plätze und Straßenzüge im Blick haben, und auf denen Personen unverpixelt zu erkennen sind", ist sich der Anwalt sicher.