Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Der Verwaltungsausschuss des Oberndorfer Gemeinderats tagt am Dienstag in der ehemaligen Klosterkirche mit "Sicherheitsabstand". Auch die Sitzung des Ausschusses für Technik und Umwelt am gestrigen Mittwoch findet noch statt. Danach werde man weitersehen müssen, erklärt Bürgermeister Hermann Acker. Man folge den jeweiligen aktuellen Maßgaben des Städte- und Gemeindetags sowie der Landesregierung. Foto: Danner Foto: Schwarzwälder Bote

Verwaltungsausschuss: Gremium fasst Beschluss zugunsten des Trägers "Wabe" für Neubau auf Lindenhof

Sehr kontrovers diskutierten die Mitglieder des Verwaltungsausschusses (VA) am Dienstag über die Weiterentwicklung des Kindertagesstätten in Oberndorf.

Oberndorf. Im Januar hatten in einer außerordentlichen Gemeinderatssitzung im Bochinger Kronesaal zwei potenzielle gemeinnützige Träger für eine Kita mit 100 Plätzen auf dem Lindenhof ihre Konzepte vorgestellt (wir berichteten). Nun sollte im VA über die Bewerbungen von "Wabe" und "Kita Profil" diskutiert und ein Empfehlungsbeschluss für den Gemeinderat gefasst werden.

Gleich zu Beginn nahm CDU-Stadträtin Annette Elben Stellung: Über diese Vorberatung sei ihre Fraktion doch sehr verwundert. Einer Beratung über einen der "beiden privaten Träger", wie sie jetzt anstehe, müsse erst einmal eine Beratung vorausgehen, ob man im Bereich der Kindergärten überhaupt eine Privatisierung wolle. "Diese grundlegende Diskussion wird mit dieser Beratung vermieden", monierte Elben.

Zentrale Vergabe gefordert

Bislang sei es stets die Haltung der Verwaltung gewesen – wann immer der eine oder andere Stadtrat mit einer Hiobsbotschaft in Sachen mangelnder Kindergartenplätze im Gemeinderat vorsprach – keinen Aktionismus zu betreiben und auf die Vorlage der endgültigen Zahlen nach der Trägerkonferenz zu warten. Die bisherige Methode der Erhebung der Kindergartenplätze führte dazu, dass Kinder gleich für mehrere Kindergärten auf der Liste stünden und daher in der Statistik doppelt, dreifach oder noch häufiger gezählt würden. Auf Grundlage einer solchen Datenbasis könne man keine in die Zukunft gerichtete Planung und Entscheidung tätigen. Die CDU-Fraktion bitte darum, Kindergarten- und Krippenplätze künftig zentral zu vergeben.

Die Stadträte erführen nun aus der Beratungsvorlage erstmalig von einem Mangel an 100 Plätzen, der Investor "Wabe" baut und betreibt Kindergärten erst ab der Größe von 100 Betreuungsplätzen. "Ist diese Übereinstimmung nun ein Zufall oder gar ein Glücksfall?"

Für die CDU-Fraktion sei die Kindergartenplanung mit der Leitlinie "Kurze Beine – kurze Wege" verbunden. Auch bei den Grundschulen haben man diese Vorgabe immer zur Grundlage für Entscheidungen gemacht. Dies entspreche den Wünschen der Bürger nach einer wohnortnahen Unterbringung ihrer Kinder. Man sei gespannt, "welche Stadträtin und welcher Stadtrat heute für die Abschaffung der Kindergärten und Grundschulen in den Teilgemeinden den Grundstein legt".

Zudem müsse auf der östlichen Hochfläche in eine Erweiterung der Kapazitäten investiert werden. Insbesondere wegen des neuen Baugebiets "Gehrn" mit circa 70 neuen Bauplätzen werde der Bedarf für Boll und Bochingen in den kommenden Jahren erheblich sein. Das notwendige Grundstück dafür sei von der Stadt Oberndorf bereits vor Jahren erworben worden.

"Wir sind im Wort"

Bereits im Oktober 2018 habe der Gemeinderat der Planung einer Erweiterung des Kindergarten Sankt Martin auf dem Lindenhof zugestimmt. Im Juni 2019 wurde die Planung dann um weitere 90 000 Euro aufgestockt, um während der Umbauphase die Kinder in einem Provisorium im katholischen Gemeindezentrum unterzubringen, so Elben weiter. Seither halte die Kirchengemeinde das Gemeindezentrum frei und verzichtet dadurch auch auf Mieteinnahmen. Weshalb also habe man nicht längst damit begonnen, die 18 beziehungsweise neun Monate alten Beschlüsse für den Kindergarten St. Martin umzusetzen? "Wir sind bei der katholischen Kirchengemeinde im Wort." Vor kurzer Zeit habe man sich über den Rückzug eines Investors von seinen Zusagen für das Brauereiareal geärgert.

Zum möglichen Träger "Wabe" stellte die CDU-Stadträtin fest, vor einigen Jahren habe ein Mitglied des Gemeinderats befürchtet, ein zwischen Aistaig und Oberndorf geplanter Bauernhofkindergarten könnte ein "elitärer Kindergarten" werden. Diese Bezeichnung wäre besonders für das Angebot der "Wabe" angebracht. Schaue man das Angebot auf deren Homepage an, gehörten neben einem Restaurant mit gesunder und vollwertiger Ernährung auch ein Kneippbecken und eine Infrarotsauna zur Stärkung des Immunsystems zum Leistungsumfang. Die "Wabe"-Konzeption sei also exklusiv nicht inklusiv und scheine wenig Gemeinwesen orientiert.

Die CDU-Fraktion bitte um Einsichtnahme in die Angebote der beiden Träger, weil nur so eine fundierte Entscheidung überhaupt möglich sei. Die bisherigen Partner – die evangelische und die katholische Kirchengemeinde – sollen ebenfalls gefragt und gehört werden. Elbens Fraktionskollege Martin Karsten relativierte diese Aussagen zum Teil. Man sei sich innerhalb der Fraktion nicht bei allem einig gewesen, so Karsten. Jedoch poche man darauf, die östliche Hochfläche nicht über einen Neubau auf dem Lindenhof zu vergessen.

Freie-Wähler-Fraktionssprecher Dieter Rinker formulierte einen Antrag, der im Ausschuss verlesen wurde und über den dann in der nächsten Gemeinderatssitzung abgestimmt werden soll.

Darin heißt es, dass auf die geplante Erweiterung der Kita St. Martin auf dem Lindenhof verzichtet werden und stattdessen ein angemessener Kita-/Krippen-Neubau auf dem Lindenhof realisiert werden soll. Zudem soll der Bedarf auf der östliche Hochfläche in Form von Übergangslösungen (Modulbauweise) in Boll oder Bochingen geprüft und bedient werden. Weiter fordern die Freien Wähler, zeitnah Planungen aufzunehmen, um auf dem bereist erworbenen Grundstück in Bochingen einen Neubau zu realisieren.

In seiner Begründung führte Rinker aus, zurückliegende Planungen hätten gezeigt, dass die dezentrale Behebung des Problems trotz hoher Baukosten nicht ansatzweise vertretbare Lösungen seien. Die Bereitstellung ortsnaher Kita- und Kindergartenplätze sähen die Freien Wähler weiterhin garantiert.

Vorwurf der Ideologie

Linke-Stadtrat Sven Pfanzelt wandte sich erneut gegen eine "Privatisierung" von Kitas. Auch das Argument der Verwaltung, eine Vergabe an gemeinnützige Träger – wie es auch die Kirchen sind – sei keine Privatisierung, ließ er nicht gelten. SPD-Stadtrat Günter Danner warf Pfanzelt eine "ideologische und populistische" Haltung vor. Wer so etwas vertrete, solle strukturelle und finanzielle Lösungen anbieten können. Pfanzelt hingegen sieht das Problem in der Prioritätensetzung der Stadt, was das Ausgeben von Geld angehe.

Der Verwaltungsausschuss entschied sich schließlich mit acht Ja-Stimmen und einer Enthaltung für den Träger "Wabe". Elben und Pfanzelt stimmten mit Nein.

Der Leiter des Amtes für Amt für Kultur, Bildung und Sport legte aktuelle Zahlen zum Bedarf dar: Bereits 2017 habe das beauftrage Büro "birgeio" für 2020 einen Mangel an 100 Kindergartenplätzen ermittelt. Dies habe man auch kommuniziert. Obgleich noch keine Trägerkonferenz stattgefunden hat, und die Bedarfsplanung für das kommende Kindergartenjahr noch nicht vorliegt, gab Ahner die aktuelle Zahlen nach derzeitigem Stand bekannt. Mehrfachanmeldungen seien da bereits berücksichtigt und bereinigt. Eine zentrale Platzvergabe sei jedoch aufgrund der Personalsituation seines Amtes nicht möglich, betonte er. Der erhöhte Bedarf in Boll/Bochingen sei im Februar noch nicht gemeldet gewesen.

Insgesamt stehen derzeit 83 Kinder auf den Wartelisten. Da Unter-Zweijährige zwei Plätze beanspruchten, sei die Anzahl der Kinder nicht mit der der Plätze identisch. Eltern gäben ihre Kinder immer früher in die Einrichtungen, so Ahner.

Es fehlen derzeit: in der Kernstadt Plätze für 28 Kinder, auf dem Lindenhof 21, in Aistaig 15 und in Boll/Bochingen 16. Es gelte also, schnell zu handeln. Eine Erweiterung von St. Martin auf dem Lindenhof wäre frühestens zum Kindergartenjahr 2021/22 beziehbar. Die Plätze fehlten aber jetzt.