Mit einem Festgottesdienst wird 200 jahre Bochinger Sankt-Mauritius-Kirche gefeiert. Foto: Holzer-Rohrer Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: 200 Jahre St-Mauritius-Kirche

"Man ist nie zu alt und nie zu jung, um überzeugend als Christ zu leben", sagte Prälat Franz Glaser am Sonntag beim Jubiläumsgottesdienst in der Bochinger Sankt-Mauritius-Kirche.

Oberndorf-Bochingen. So sei die 200. Wiederkehr des Weihejahres der Sankt-Mauritius-Kirche auch Zeugnis dessen, dass die Kirche ihren Weg durch die Geschichte gegangen sei, und diesen auch in den Aufs und Abs der Zukunft finden werde. Der Kirche aber ein Gesicht zu geben, dazu brauche es lebendige Bausteine, Menschen die, die sich einsetzen für ihren Glauben, die dafür gerade stehen, so wie Mauritius, der Bochinger Kirchenpatron. Dessen Gedenktag hat der Kirchengemeinderat zum Anlass für diesen Festtag genommen.

Dass Kirche weitergeht – wenn auch anders – kam dann auch optisch zum Ausdruck. Denn das nahezu gesamte Pastoralteam war im Ministerium vertreten. Mit ganz viel Freude durfte man feststellen, dass sich Menschen aus allen Gemeinden der Seelsorgeeinheit Oberndorf zahlreich nach Bochingen auf den Weg gemacht hatten, um gemeinsam zu feiern. Und beschenkt wurden sie alle mit einem bewegenden Gottesdienst, in dem auch der spontane Applaus seinen Platz haben durfte.

"Wer singt, betet doppelt" – dieses Zitat nahm Festredner Glaser auf, um sich für "das Erlebnis des wunderschönen Chorgesangs" zu bedanken. Denn Kirchenchor und Projektchor setzten als herrlicher Klangkörper schöne Akzente. Orgel und Trompete ließen Zeit für eigene Gedanken, für das Nachklingen der Ansprache. In dieser griff Prälat Glaser unter dem roten Faden von "Kirche und Gesellschaft" die Themen Europa, Klima und Schöpfung auf und stellte sie in das Spannungsverhältnis zu christlichen Werten als Diskussionsgrundlage. So sei Europa in christlichem Geist gegründet worden, von praktizierenden Katholiken wie Adenauer.

Heute werde nur noch viel geredet, aber nichts bewirkt. Eine neutrale Gesellschaft habe sich entwickelt, von welcher die Christen nicht mehr mitgetragen würden. Zudem ließen sich die Menschen von der öffentlichen Meinung, von den Medien viel stärker bestimmen, als sie zugäben. Da könne man von der Grundhaltung des Märtyrers Mauritius doch sehr viel lernen. Er könne Beispiel sein für ein selbstbewusstes Handeln als Christ aus Überzeugung. Und wenn man bereit sei, den alles bestimmenden Tagesablauf von "labern und Action" durch Ruhepausen zu unterbrechen, sich Zeit zum Innehalten und Nachdenken zu nehmen, würde viel Unsinniges erst gar nicht beschlossen. Dann würde man erkennen, dass die Kirche dem Erhalt der Schöpfung von Anfang an einen ganz hohen Stellenwert zugewiesen habe.

Fastenzeit und der fleischlose Freitag – das sei in Vergessenheit geraten. Nun habe man das Wohlergehen der Tiere zwar wieder entdeckt, laufe aber Gefahr, es über das Wohlergehen der Menschen zu setzten. Ständig laufe man stets neuen Themen nach, beschließe Regeln und Gesetze, doch was habe es gebracht? Seien die Menschen zufriedener, freudiger, hoffnungsvoller geworden? Sei das Klima denn menschlicher geworden?, fragte Prälat Glaser.

Das Ringen nach Wohlstand und die Angst, dass etwas weggenommen werden könnte, beherrschten das Denken und Handeln. Und so sei es nicht der Priestermangel, der eine vermeintliche Bankrotterklärung der Kirche unterschreibe, sondern die Tatsache dass die Menschen mit sich selbst so ausschließlich beschäftigt seien, dass sie gar nicht mehr darüber hinausschauen. Doch Glaube und Kirche und der Eckstein Jesus Christus sei immer zeitgemäß. Und so gelte es, die Entscheidung zu treffen, jesuanisch zu leben, oder das eigene Leben zu leben. Und auch wenn die Kirchen nur an solchen Festtagen richtig gut gefüllt seien, sei Kirche längst kein Auslaufmodell.

Denn solange es Menschen gebe, die ihr Christsein freudig sichtbar lebten, die für ein menschliches Klima in der Kirche sorgten, die sich als lebendige Bausteine einsetzen ließen zum Aufbau eines geistigen Hauses, werde die Kirche ihren Weg gehen – durch alle Höhen und Tiefen hindurch. "Lassen sie sich an der Kritik der Kirche nicht aufhalten, lebendige Steine zu sein und zu bleiben", so Glasers Wunsch an die Festgemeinde.