Amtsgericht: 79-Jähriger wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort angeklagt / Verfahren wird eingestellt

Oberndorf. Eigentlich wollte er nur kurz halten, um sich eine Brezel zu holen, nun saß er als Angeklagter im Oberndorfer Amtsgericht. Dem 79-jährigen Oberndorfer wurde vorgeworfen, beim Ausparken auf dem Schuhmarktplatz ein Auto gerammt und sich danach unerlaubt vom Unfallort entfernt zu haben.

Der Rentner wollte Angaben zur Tat machen. An jenem Tag im Oktober vergangenen Jahres habe er geparkt, um sich schnell eine Brezel zu holen. "Ich habe schon gesehen, dass der Parkplatz recht eng ist. Das mache ich auf jeden Fall nicht nochmal", sagte er kopfschüttelnd. Jedenfalls habe er beim rückwärts Ausparken gesehen, dass der schwarze Wagen neben ihm auf einmal einen weißen Streifen an der Seite habe. Sofort habe er angehalten und sich den Schaden angesehen.

Da sei eine hysterisch wirkende Frau aus Richtung Spielplatz gekommen, offenbar die Besitzerin des schwarzen Wagens. Währenddessen habe sich hinter seinem halb ausgeparkten Wagen schon der Verkehr gestaut. "Ich wollte die Bahn räumen und habe der Frau gesagt, dass ich den Wagen kurz wegfahre. Die hat aber kaum Deutsch verstanden", erklärte der 79-Jährige. Als Zeuge war zuerst der Sachbearbeiter der Polizei geladen. Er bestätigte den Sachverhalt wie geschildert teilweise. Die Geschädigte habe berichtet, sie habe den Mann aufhalten müssen.

Zu ihm habe der Angeklagte in der Vernehmung gesagt, er habe den Unfall nicht bemerkt. Sein Auto hatte der Verursacher gut 20 Meter von der Unfallstelle abgestellt und gemeinsam mit der Geschädigten eine halbe Stunde auf die Beamten gewartet.

Unweigerlich stellte sich für Richter Heuer die Frage, inwiefern ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort gesehen wurde. "Nur durch das Zutun der Geschädigten hat der Angeklagte angehalten. Sonst wäre er voraussichtlich weiter gefahren", meinte der Polizist. "Es ist schwer zu bewerten, ob das überhaupt ein Entfernen vom Unfallort ist. Immerhin hat er mit der Geschädigten bis zu Ihrem Eintreffen gewartet", erwiderte Heuer. "Für mich war nicht die Entfernung des Wagens entscheidend, sondern die Fluchtabsicht", so der Zeuge.

So gut wie keinen Aufschluss über die Situation gab die Befragung der Geschädigten, da sie nur gebrochen Deutsch sprach. Heuer stellte fest, dass auch bei der Vernehmung am Tatort kein Dolmetscher hinzugezogen worden war. Somit sei die Vernehmung unbrauchbar, meinte Heuer. Nach vorläufiger Bewertung liege bei dem Rentner kein strafbares Handeln vor. Der Angeklagte bekam sofort wieder seinen Führerschein ausgehändigt, der nach dem Unfall von der Polizei eingezogen worden war. Das Verfahren gegen den 79-Jährigen wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde eingestellt.

"Das ist nun wirklich dumm gelaufen", stellte Heuer fest. Aber mit seiner Aussage, er hätte den Unfall nicht bemerkt, habe der Angeklagte auch zum unglücklichen Verlauf beigetragen. So hab der Verdacht eines Vertuschens für die Polizei natürlich nahe gelegen.