Wolfgang Maier war für die CDU 25 Jahre lang im Gemeinderat. Foto: Danner Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: CDU-Fraktionssprecher Wolfgang Maier scheidet nach 25 Jahren aus dem Gemeinderat aus

Mit Wolfgang Maier verabschiedet sich der dienstälteste Stadtrat aus dem Gremium. 25 Jahre lang saß er im Oberndorfer Gemeinderat. Nach unserem Interview mit Claudia Altenburger (wir berichten) haben wir uns auch mit dem scheidenden CDU-Fraktionssprecher unterhalten.

Weshalb haben Sie sich entschieden, in die Kommunalpolitik zu gehen? 1999 haben Sie, damals schon Stadtrat, sogar als Bürgermeister in Oberndorf kandidiert.

Ich war bereits Vorsitzender des CDU-Stadtverbands, als ich 1994 für den Gemeinderat kandidiert habe. Da war es nur folgerichtig, mich um ein kommunales Amt in einem Gremium zu bewerben, in dem die Entscheidungen gefällt werden. Als Notar habe ich viel in der Stadt mitbekommen – auch die Defizite. Da standen Themen wie die Verkehrsführung an. Der Niedergang des Einzelhandels in der Oberstadt zeichnete sich bereits ab. Und es galt, Baugebiete zu entwickeln, um die Einwohner zu halten und neue zu gewinnen. Ich war der Meinung, ich könnte da etwas bewirken. Daher auch meine spätere Kandidatur als Bürgermeister.

Und warum haben Sie sich nun nicht mehr als Bewerber für den Gemeinderat aufstellen lassen?

Irgendwann ist einfach Schluss. Das, was ich mir vorgenommen hatte, anzupacken, ist zumindest für meine Begriffe weitgehend abgearbeitet. Jetzt sind die Jungen dran. Obgleich diese in unserer Fraktion im neuen Gremium leider nicht gerade stark vertreten sind. Meines Erachtens waren wir zu sehr auf die Verwaltung fixiert. Wir hätten noch mehr eigene Ideen entwickeln müssen – wie zum Beispiel unsere Vorschläge für die Reduzierung der Bauplatzpreise für Familien mit Kindern oder das Programm "Leben mittendrin".

Was bleibt Ihnen aus ihrer 25-jährigen Zeit als Stadtrat als besonders positiv in Erinnerung?

Die Realisierung der Verkehrsführung in der Oberstadt und die dann folgende Stadtsanierung. Jetzt geht es mit dem Talplatz und dem Brauereiareal weiter. Ich hoffe, dass alles wie geplant verwirklicht wird. Dann hätten wir wieder ein Gesicht für unsere Stadt. Es wurden neue Bau- und auch Gewerbegebiete geschaffen, um die Industrie am Ort zu halten. Ein ganz großer Posten auf der positiven Seite ist natürlich der Erhalt des Krankenhauses. Mir gefällt daran besonders, dass es sich bei der SRH um eine Stiftung handelt. Da steht das reine Gewinnstreben nicht im Vordergrund. Hätten wir uns mit Rottweil zusammengetan – wer weiß, womöglich gebe es dann den Standort Oberndorf inzwischen gar nicht mehr. Die Ansiedlung der Märkte in der Neckarstraße sehen ich ebenfalls positiv. Die Oberstadt ist deshalb nicht tot. Sie hat sich nur verändert und ist jetzt ein Ort für Dienstleister, Gastronomie und Gesundheitswesen. Lebensmittelhandel wäre in dieser Kleinräumigkeit nicht mehr machbar gewesen. Da muss man realistisch sein.

Und was lief Ihrer Meinung nach nicht so gut?

Eigentlich ist nichts so wirklich daneben gegangen. Was ich jedoch bedauere, ist, dass das Verhältnis im Gemeinderat in den vergangenen Jahren etwas angeschlagen ist. Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb man sich dem veränderten Demokratieverständnis der Bürger verschließt. Es gibt ja Lösungsmöglichkeiten, die Einwohner unserer Stadt mit auf den Weg zu nehmen. Die Veranstaltung "Baukultur" der gleichnamigen Initiative etwa hat das doch gezeigt. Man muss sich mit den Menschen an einen Tisch setzen, bevor das Kind in den Brunnen fällt. Ja, wir haben heute mehr Vertreter aus den Stadtteilen als aus der Kernstadt im Gremium. Ich war seinerzeit ein Verfechter der Abschaffung der unechten Teilortswahl. Dazu stehe ich auch noch heute. Ich habe nie erlebt, dass sich die Stadträte aus den Orten gegen das große Ganze gestellt hätten.

Als der Gemeindewahlausschuss im Vorfeld der Wahl über die Richtigkeit und Zulassung der abgegebenen Listen zu entscheiden hatte, haben Sie sich als dessen Mitglied enthalten, als es um die AfD-Liste ging. Weshalb?

Jeder Mensch hat eine Vergangenheit, auch ich. Mein Großvater hat seinerzeit unter den Nazis gelitten. Und ich habe mir geschworen, mit meiner Stimme kommt so jemand nie mehr an die Macht. Natürlich setze ich die AfD-Wähler nicht mit Nazis gleich. Das Gedankengut der Funktionäre dieser Partei kann und will ich aber nicht gutheißen. Mir war natürlich klar, dass es nur darum ging, die Richtigkeit festzustellen. Deshalb habe ich nicht mit Nein gestimmt, sondern mich lediglich enthalten.

Die Arbeit im Gemeinderat ist zeitaufwendig. Was haben Sie denn nun mit Ihrer neu gewonnen Zeit vor?

Jetzt ist mal meine Familie dran – meine Enkel und natürlich meine Frau. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie das alles so viele Jahre lang mitgetragen hat und oftmals abends alleine zu Hause saß. Als Vorsitzender des Vereins Lernen und Fördern bin ich ja auch noch an der Schulpolitik nahe dran. Und ich habe mir vorgenommen, Volkshochschule-Kurse zu besuchen. Die, die mich interessieren, lagen nämlich meist auf Wochentagen, an denen Fraktions- oder Ratssitzung war.   Die Fragen stellte Marcella Danner

Wolfgang Maier wurde in Nagold geboren. Der heute 69-Jährige hat lange in Kirchheim unter Teck gewohnt. 1988 kam er nach Oberndorf und trat seinen Dienst zum Notar in der Stadt an, der er bis zu seiner Pensionierung 2015 ausübte. Auch im Ruhestand unterstützt Maier noch ab und an das neue, nach der Reform privatisierte Notariat.