Beschaffung des neuen Gewehrs verzögert sich. Vorerst weiter im Einsatz mit Waffe von Heckler & Koch.

Berlin/0berndorf - Die Bundeswehr greift noch länger als bisher geplant auf ihr bisherigen Standardgewehr G36 zurück. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat die Standardwaffe der deutschen Soldaten ausgemustert. Jetzt allerdings verzögert sich der Beschaffungsprozess für eine Nachfolgewaffe weiter.

Wie unsere Zeitung aus gut informierten Kreisen erfahren hat, geht das Verteidigungsministerium nicht mehr davon aus, dass das Ersatzmodell vom Jahr 2019 an bei der Truppe eintreffen wird. Es ist zu hören, dass sich das Verfahren bis 2020 oder sogar 2021 hinziehen wird. Welches Modell von welchem Hersteller den Zuschlag bekommen soll, ist dem Vernehmen nach auch noch nicht entschieden.

Für von der Leyen ist es doppelt ärgerlich, dass die Ersatzbeschaffung der rund 177.000 Gewehre der Bundeswehr sich verzögert. Zum einen hat sie sich zu Beginn ihrer Amtszeit der Beschleunigung und Straffung aller Rüstungs- und Beschaffungsvorhaben der Truppe verschrieben. Zum anderen hat die Ministerin die Erneuerung bei keinem anderen Waffensystems dringlicher gemacht, als sie es in der Auseinandersetzung um die Qualität des Gewehrs getan hat.

Dass es nun ausgerechnet bei diesem Projekt nicht zu einer Beschleunigung, sondern wieder zu Verzögerungen kommt, ist pikant. Von Berichten über Trefferprobleme des G36 bei extremer Hitze und Dauerfeuer irritiert, hatte von der Leyen im Frühjahr 2015 übereilt angekündigt, dass das bei den Soldaten beliebte G36 "keine Zukunft mehr in der Bundeswehr" habe. Später revidierte sie diese Entscheidung und beließ die Waffe, mit der der Waffenhersteller Heckler & Koch aus Oberndorf die Truppe seit rund 20 Jahren ausrüstet, bis zum Ende des vorgesehenen Nutzungsdauer im Einsatz.

Nun müssen die Soldaten mindestens noch ein bis zwei Jahre länger auf ein neues Gewehr warten. Zuletzt hatte die CDU-Politikerin sich im Rechtsstreit mit Heckler & Koch um die Treffsicherheit des G 36 geschlagen gegeben. Ihr Ministerium wird ein Urteil des Landgerichtes Koblenz nicht anfechten. Dieses besagt, dass die Waffe aus Oberndorf die vertraglichen Anforderungen erfüllt.

Die Waffenproduzenten aus dem Kreis Rottweil rechnen sich derweil Chancen aus, bei der europaweiten Ausschreibung für das künftige Standardgewehr zum Zuge zu kommen. Ein Pluspunkt für die Oberndorfer könnte sein, dass sich erst jüngst Frankreichs Armee für Heckler & Koch entschieden hat: Die Firma liefert den Nachbarn über 100.000 Sturmgewehre des Modells HK 416F. Alle Konkurrenten hatten die Oberdorfer in mehr als einjährigen aufwendigen Tests ausgestochen.