Fahrlehrerin Henriette Heidersberger ist mit ihrem Schüler Julian Schneider unterwegs. Foto: Reinauer

Begleitetes Fahren. Runde mit dem Fahrschulauto. Anfahren am Berg wird nicht mehr geübt.

Oberndorf - Drama auf einem Parkplatz in der Neckarstraße: Ein Fahrschulauto parkt, Prüfer und Fahrlehrer steigen aus. Der Jugendliche, der wohl gerade Prüfung hatte, folgt ihnen mit hängenden Schultern. Die Enttäuschung steht ihm ins Gesicht geschrieben. Fahrlehrer und Prüfer reden, verabschieden sich dann voneinander. Der nächste Prüfling steht schon in den Startlöchern.

Diese Szene kann man des öfteren auf diesem Parkplatz in Oberndorf beobachten. Dort beginnen und enden alle Fahrschulprüfungen, weiß Henriette Heidersberger, Leiterin des "fahrschul-teams". "15 Fahrschulautos von verschiedenen Schulen sind täglich in Oberndorf unterwegs", sagt sie. Gerade jetzt in den Sommerferien fingen viele Schüler mit ihrem Führerschein an.

Erst gibt es die Bescheinung, dann den Führerschein

Der 17-jährige Julian Schneider ist einer von ihnen. Er arbeitet auf das sogenannte BF 17 – begleitetes Fahren – hin. Hierzu muss, nach bestander Prüfung, immer eine Begleitperson während des Fahrens neben ihm sitzen, bis er 18 Jahre alt ist. Man bekommt eine Bescheinigung anstelle des Führerscheins ausgestellt. Diesen kann man sich dann ab seinem 18. Geburtstag abholen.

Julian ist schon recht sicher im Fahren. An diesem Vormittag geht es auf den Lindenhof. Mit ruhiger Stimme gibt Heidersberger ihrem Schützling Anweisungen. "Als Lehrer muss man einfach eine gewisse Gelassenheit und Ruhe ausstrahlen, das überträgt sich auf den Schüler", sagt sie und erzählt, dass sie Erzieherin in einem Kinderheim war, bevor sie sich zur Fahrlehrerin ausbilden ließ. Ihr damaliger Partner führte eine Fahrschule. Da sich die beiden berufsbedingt dann kaum noch sahen, beschloss Heidersberger, ebenfalls mit einzusteigen. Ihre pädagogische Ausbildung ist dafür ein Plus. "Früher war der Beruf des Fahrlehrers ein technischer, heute ist es eher ein pädagogischer", erläutert sie.

Während sie erzählt, fährt Julian Schneider sicher und konzentriert die kurvenreiche Straße zum Lindenhof hinauf. Dort biegt er in ein Wohngebiet ab. Die Aufgabe: verkehrsgerechtes Wenden.

"Das müssen die Schüler allein, da helfe ich erst einmal nicht", sagt Heidesberger. Julian fährt in eine Seitenstraße. Aber zu weit. Er überlegt. Die Fahrlehrerin hilft ihm schließlich: "Fahr noch mal zurück." Mit einem weiteren Bogen könne er besser wenden.

"Ich lasse meine Schüler auch mal etwas bewusst falsch machen. Sie sollen selbst denken, und nicht nur alles vorgesagt bekommen."

Und was ist die größte Herausforderung während der Fahrprüfung? Das Anfahren am Berg? "Das gibt es nicht mehr. Die modernen Autos sind technisch so weit entwickelt, dass sie nicht mehr zurückrollen", so die Lehrerin. Die Prüfer legten eher Wert auf Überlandfahrten.

Erst kürzlich sei eine Studie erschienen, die besage, dass die Stimmung auf deutschen Straßen sehr aggressiv sei. Hat Heidersberger dies auch schon festgestellt? "Nein. In Oberndorf sind die Menschen sehr verständnisvoll, keiner hupt.

Das Fahren in Oberndorf sei sehr entspannt. "Anders ist das natürlich in Stuttgart", so die Lehrerin. Und tatsächlich: Beim Abbiegen wartet eine Schlange von fünf Autos geduldig hinter dem Fahrschulauto, bis Julian losfährt. Der Fahrschüler wirkt gelassen. Wird er nervös sein vor seiner Prüfung? "Es ist kein Drama durchzufallen", so der Jugendliche. "Man soll sich den Ernst der Lage bewusst machen, aber sich daran erinnern, dass andere Schüler auch schon durchgerasselt sind. Die Nervosität ist schon da, wird aber vergehen, wenn ich im Auto sitze und konzentriert bin," sagt er und schaltet in den nächsten Gang. Entspannt geht es den Berg hinunter zurück in die Oberstadt, wo er noch einige Runden drehen und das Einparken üben wird.

Auch Henriette Heidersberger weiß: Angst vergeht mit Routine. "Eine gute Ausbildung hilft gegen Nervosität", sagt sie.