Die Zukunft des Calwer Krankenhausstandorts ist derzeit noch ungewiss. Foto: Fritsch

Rainer Prewo fordert neue Diskussion über Einhaus-Lösung. Diskussion in Nagold.

Nordschwarzwald - Gehobene Streitkultur – so kann man vielleicht beschreiben, warum der SPD-Ortsverband Nagold eine interne kontroverse Diskussion über die Zukunft der Krankenhäuser Nagold und Calw kurzerhand öffentlich machte. Und die Bürger zum Mitdiskutieren einlud.

Rund 40, vielleicht 50 Zuhörer waren auch tatsächlich ins Nagolder Naturfreundehaus gekommen, um sich von den beiden SPD-Kontrahenten – die Kreisräte Ursula Utters (Pro "Krankenhauskonzeption 2021") und Rainer Prewo (Contra, Befürworter einer "Einhaus-Lösung") – einmal ausführlich ihre jeweiligen Argumente erklären zu lassen. Und mit eigenen Fragen und Statements vielleicht selbst ein bisschen Einfluss auf den mittlerweile jahrelangen Richtungsstreit zu gewinnen.

Ursula Utters stimmt dem aktuellen Stand zu

Wobei Initiator Daniel Steinrode auch hoffte, die beispielsweise in Calw gerade heftig geführte, auch öffentliche Diskussion über die Zukunft der beiden Kreiskrankenhäuser auf diese Weise ein bisschen "intensiver" nach Nagold zu tragen. Wobei bei allen Rednern – egal ob mit SPD-Parteibuch oder ohne – im Prinzip Einigkeit darüber herrschte, dass Nagold vom aktuellen Stand der Krankenhausplanung ("Krankenhauskonzeption 2021") mehr profitieren werde als Calw, weil schlicht mehr Abteilungen und mehr Betten langfristig hier angesiedelt sein würden als dort. Calw hätte aber dafür die Chance mit dem Medizin-Campus rund um den dort geplanten Krankenhaus-Neubau "einen großen Schritt in die Medizin-Zukunft" zu machen – wo neue, moderne Konzepte gebraucht würden, um den medizinischen Bedarf mit der Nachwuchs-Situation in der Ärzteschaft unter einen Hut zu bringen. Also eine Win-Win-Situation, könnte man meinen; von der alle profitieren. Weshalb Ursula Utters, selbst bis zum vergangenen Jahr praktizierende Allgemeinärztin in Altensteig, der Konzeption 2021 vorbehaltlos zugestimmt hat im Kreistag.

Rainer Prewo allerdings hat sich bei dieser Abstimmung enthalten; eigentlich hätte er auch offen dagegen stimmen müssen, denn aus seiner Sicht ist die Umsetzung der geplanten Konzeption "vollkommen unrealistisch" – da schon jetzt eine "massive Kostenexplosion" gegenüber ursprünglichen Planungen zu verkraften sei: Die Sanierung des Krankenhauses Nagold werde aus derzeitiger Sicht 85 statt 40 Millionen Euro kosten, der Neubau in Calw 70 statt ursprünglich 30 bis 40 Millionen; wobei das Land "nur" jeweils 50 Prozent der Kosten tragen werde, den Rest muss der Landkreis – also letztlich alle Kommunen im Kreis – aufbringen. "Damit sind dauerhaft riesige Defizite vorprogrammiert". Und dass, obwohl man ursprünglich die Planungen zur Zukunft der Kreiskrankenhäuser aufgenommen habe, um die bereits bestehenden Defizite abzubauen.

Prewos logische Schlussfolgerung daraus: Es gelte auch jetzt noch, eine Lösung zu finden, die möglichst wenig oder keine Defizite verursache – und das könne aus seiner Sicht nur eine Einhaus-Lösung für den gesamten Kreis Calw sein; wobei für ihn die "Marktsituation" es klar mache, dass ein Standort für ein solches Haus nur in oder um Nagold liegen könnte, da nur hier ein genügend großes Einzugsgebiet (mit Herrenberg und Horb) existiere, so ein Haus auch mit der notwendigen Patientenfrequenz zu versorgen. Der Standort Calw leide da "unter der Zangenlage" zwischen Pforzheim und Böblingen/Sindelfingen, die Patientenströme von dort zu sich umleiteten.

Wobei auch Prewo, der derzeit auch Aufsichtsrat des Klinikverbunds Südwest ist, dem Betreiber der beiden Kreiskliniken, natürlich klar ist, dass solch ein Planungsansatz derzeit politisch nicht durchsetzbar ist. Ganz am Anfang der Krankenhaus-Debatte im Kreis Calw habe man solch eine Einhaus-Lösung auch einmal tatsächlich diskutiert und geprüft. Am Ende habe sich aber die Kirchturm-Politik durchgesetzt – meint: Jede Kommune im Kreis denke letztlich nur an sich selber; und will möglichst viel für sich rausschlagen, egal wie sinnvoll das aus ökonomischer oder auch strategischer Sicht sein würde.

Prewos Mahnung lautet daher: Das vor allem durch die neuen Medien wachsende Qualitätsbewusstsein der Menschen und Patienten werde zu einer "Abstimmung mit den Füßen" führen, welche Krankenhäuser und Kliniken sie für welchen Bedarf wählten. Und Häuser, die "ständig Defizit-belastest" seien – wie mutmaßlich auch künftig jene im Kreis Calw – wären als Arbeitgeber für das beste medizinische Personal weniger attraktiv als jene Häuser, die wirtschaftlich optimal geführt würden; und wo die "Politik ständig in die Krankenhausführung hinein quatsche", so Prewo. Womit dann auch irgendwann vermutlich die Patienten wegbleiben würden – weil die natürlich dorthin gingen, wo sie das beste medizinische Personal vorfinden würden, vermutet Prewo.

Thema ist so schnell nicht vom Tisch

Dieser "Wettbewerb der Kliniken wird immer schärfer werden", ist Prewo sich sicher. Weshalb er eigentlich wohl dafür plädiert, doch noch einmal das ganz große Fass in der Krankenhaus-Diskussion im Kreis Calw aufzumachen – anstatt sich jetzt mit der bereits mehrfach nachgebesserten Arbeitslösung zufriedenzugeben. Weil mit zusammen mittlerweile mehr als 150 Millionen Euro Investitionssumme, die die aktuellen Planungen bereits jetzt kosten würden in der Umsetzung, "ließe sich auch ein richtig gutes Haus bauen", das auch als Arbeitgeber langfristig für gutes medizinisches Personal attraktiv wäre.

Einwände, die Daniel Steinrode als Moderator des Abends, für berechtigt hielt, weshalb nicht nur er davon ausgeht, dass das Thema "Krankenhaus im Kreis Calw" hier nicht zum letzten Mal besprochen wurde. "Die Diskussion wird sicher heftig weitergehen."