Auch wenn er das Land gegenüber der restlichen Welt abschottet - das dürfte Kim Jong-un nicht gefallen haben: Das Internet in Nordkorea ist stundenlang komplett ausgefallen. Foto: dpa

Am Montag ist in Nordkorea für mehrere Stunden großflächig das Internet ausgefallen. Läuft gegen das Land eine Cyber-Attacke?

Seoul/Berlin - In Nordkorea ist inmitten eines Streits mit den USA über einen Hacker-Angriff auf das Sony-Filmstudio das Internet stundenlang komplett ausgefallen. Die Verbindung zum Netz sei mehr als neun Stunden lang bis zum frühen Dienstagmorgen unterbrochen gewesen, schrieb die Analysefirma Dyn Research. Der Dienst beobachtet weltweit die Funktionalität des Internets. Demnach blieb die Internet-Anbindung auch nach dem Ausfall instabil.

Wer oder was den Blackout verursacht hat, war auch Stunden später nicht genau geklärt. Der Ausfall ereignete sich nur wenige Tage, nachdem die USA die nordkoreanische Führung für einen digitalen Angriff auf das Filmstudio Sony Pictures in Hollywood verantwortlich gemacht hatten. Ein US-Regierungsbeamter bestritt allerdings einen Bericht des US-Senders NBC, dass die Vereinigten Staaten etwas mit dem Ausfall zu tun hätten.

Zu den Hintergründen des Ausfalls gab es am Dienstag eine Reihe weiterer Vermutungen. Eine mögliche Ursache könne ein sogenannter DDoS-Angriff sein, bei dem Server mit massenhaften Aufrufen überflutet würden, erklärten Fachleute. Eine solche Überlastung könnten auch Angreifer mit wenig Fachkenntnis verursachen. Deshalb vermutete Matthew Prince, Chef der Sicherheitsfirma CloudFlare, in einem Gespräch mit CNN, dass hinter dem Ausfall eher jugendliche Hacker als ein Land wie die USA stünden.

Die meisten Internetverbindungen Nordkoreas laufen über China und den chinesischen Anbieter Unicom. Das führte zu Spekulationen, China habe den Nachbarn vom Netz abgeschnitten - möglicherweise als eine Art Warnung nach den jüngsten Spannungen.

Die USA hatten China nach dem Sony-Hack um Hilfe beim Vorgehen gegen Nordkorea gebeten. China reagierte allerdings bisher verhalten. Außenminister Wang Yi sagte, sein Land verurteile „jegliche Formen von Cyber-Angriffen und Cyber-Terrorismus“. Das macht auch einen direkten Cyber-Angriff der USA unwahrscheinlich - denn von China unbemerkt könnte dieser kaum erfolgen.

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Nordkorea selbst das Internet im Land abgeschaltet hat, beispielsweise um eine erwartete Attacke ins Leere laufen zu lassen. Für diese Theorie gibt es bisher keine Anhaltspunkte.

Die einfachen Bürger Nordkoreas werden von dem Netz-Blackout vermutlich nicht viel mitbekommen haben. Der Großteil der Bevölkerung hat keinen Internetzugang. Es gibt ein auf das Land begrenztes, stark eingeschränktes Netz. Nach Angaben nordkoreanischer Flüchtlinge können dieses nordkoreanische Netz nur Regierungsbeamte, das Militär und Universitäten nutzen.

„Es gibt normalerweise vereinzelte Ausfälle, aber keine länger andauernden Verbindungsprobleme“, sagte Doug Madory, ein leitender Mitarbeiter von Dyn Research, dem US-Nachrichtensender CNN. Nordkoreas Verbindung zum Internet ist sowieso fragil, das Land verfügt über außerordentlich wenige Internet-fähige Geräte.

Das von einem Hacker-Angriff betroffene Filmstudio Sony Pictures wollte eine Nordkorea-Satire in die Kinos bringen. Nordkorea lief dagegen Sturm. Eine Gruppe namens „Guardians of Peace“ („Wächter der Freiheit“) bekannte sich zu dem Hack. Es ist unklar, wer hinter der Gruppe steht. Nach der digitalen Attacke auf Sony sowie Drohungen gegen Kinos wurde der Filmstart von „The Interview“ abgesagt.