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Die nächste Landtagswahl ist zwar erst im März 2011, doch schon ab Februar werden die ersten Kandidaten nominiert. Einer davon wird auch der neue SPD-Chef Nils Schmid sein.

Stuttgart - Die nächste Landtagswahl ist zwar erst im März 2011, doch schon ab Februar werden die ersten Kandidaten nominiert. Einer davon wird auch der neue SPD-Chef Nils Schmid sein. Doch sein Wahlkreis Nürtingen bereitet der Partei Bauchschmerzen, denn er ist wackelig.

Einen Wahlkreis zu verlieren ist für jede Partei hart. Noch viel härter aber ist es, wenn dort einer ihrer Leitwölfe kandidiert und über Nacht ins Bodenlose fällt. So erging es 1988 der FDP, als ihr damaliger Landtagsfraktionschef Hinrich Enderlein im unsicheren Wahlkreis Tübingen sein Mandat verlor. Dieses Risiko droht auch dem jungen SPD-Chef Nils Schmid, der deshalb seit Wochen darüber nachdenkt, ob er nicht in einen sicheren Wahlkreis wechselt.

Dabei entscheidet er keineswegs frei, denn seine Partei will auf Nummer sicher gehen, dass ihr Hoffnungsträger im Parlament sitzt: "Er muss dem Landtag unbedingt wieder angehören", sagt etwa der Abgeordnete Nik Sakellariou, und sein Kollege Norbert Zeller meint: "Der neue Landesvorsitzende sollte einen sicheren Wahlkreis haben."

Nürtingen ist für Schmid deshalb so unsicher, weil 2011 neue Regeln für jene Kandidaten gelten, die ihr Mandat über die Zweitauszählung erhalten. Gab bisher die absolute Stimmenzahl den Ausschlag, welcher Bewerber in einem Regierungsbezirk zum Zug kam, so zählt künftig das bessere Prozentergebnis. Der Landtag hat dies vor kurzem beschlossen, um die Chancen der unterschiedlich großen Wahlkreise etwas anzugleichen - Kandidaten großer Wahlkreise waren nämlich bisher im Vorteil.

Für Schmid heißt das: Die komfortablen 18118 Stimmen, die er 2006 in dem großen Wahlkreis errang, sind unerheblich. Viel wichtiger ist, dass er 23 Prozent der Stimmen erhielt. Die übrigen gingen an seine Konkurrenten Jörg Döpper (CDU), Ulrich Noll (FDP) und Winfried Kretschmann (Grüne). Verglichen mit den SPD-Kandidaten in anderen Wahlkreisen sind 23 Prozent allerdings herzlich wenig. Schmid muss also damit rechnen, dass er leer ausgeht.

Allerdings werden in Nürtingen die Karten 2011 neu gemischt: Sowohl Döpper als auch Noll ziehen sich zurück. Deshalb überlegt Schmid derzeit noch, ob er nicht doch bleiben soll. Hinzu kommt, dass die Alternativen in der Region entweder besetzt sind wie etwa Esslingen, wo Wolfgang Drexler vermutlich erneut antritt, oder gleichfalls wackelig wie etwa Leonberg.

Infrage käme allenfalls Bietigheim-Bissingen, wo sich die Abgeordnete Christine Rudolf zurückzieht. Doch Schmid sagt lediglich: "Es ist noch nichts entschieden."

Die Folgen des geänderten Wahlrechts werden derzeit auch in den anderen Regionen beraten, zumal auch viele Wahlkreisgrenzen neu gezogen wurden. Dass es zu Verschiebungen kommt, lässt sich schon an den Tabellen des Statistischen Landesamts ablesen: Die Behörde hat das Wahlergebnis von 2006 mit der Brille der Wahlreform betrachtet und dabei die Änderungen aufgezeigt. Bei den Diskussionen wird allerdings viel Kaffeesatzleserei betrieben, denn niemand kann sagen, wie die Parteien 2011 dastehen und ob die Linke in den Landtag einzieht.

Die CDU muss das alles nur am Rande kümmern, denn sie hat 2006 in 69 der 70 Landtagswahlkreise die relative Mehrheit, also das Direktmandat geholt. Bei der Zweitauszählung kam sie nicht zum Zug. Dennoch wird auch in den CDU-Kreisverbänden heftig um die Bewerbungen gerungen - zum Beispiel in Nürtingen.

Andernorts harrt der Nachwuchs mehr oder weniger geduldig auf die Entscheidung der Platzhirsche. So ist zum Beispiel im Bodenseekreis die Frage, ob der Abgeordnete und Ex-Umweltminister Ulrich Müller noch einmal kandidiert. Der sagt einstweilen nur: "Ich werde mich in sechs bis acht Wochen äußern." Auch ein alter Polit-Hase wird als möglicher Interessent genannt: der frühere Bundes- und Landtagsabgeordnete der Grünen, Oswald Metzger (CDU).