Das neue Gewerbegebiet "Platten" soll links vom bereits bestehenden Gebiet entlang der Hermann-Löns-Straße entstehen. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Gemeinderat Neuweiler favorisiert anderen Standort / Quellbereich bereitet Sorgen

Der Neuweiler Gemeinderat debattierte in der jüngsten Sitzung mit Feuereifer über eine geplante Neueinrichtung eines Gewerbegebietes. Am Ende wurde der Beschlussvorschlag geändert.

Neuweiler. Mal eben ein Gewerbegebiet ausweisen geht heutzutage flott. Allerdings nur in der virtuellen Welt von Städtebausimulationen: mal flugs einen blauen Kasten über ein Gebiet gezogen und schon sprießen die Gebäude nur so in die Höhe.

Das klappt in der harten Realität freilich nicht. Schon im Vorfeld ist das Finden von geeigneten Gebieten mit immensem Aufwand verbunden. Standortalternativenprüfung nennt sich das bürokratische Ungetüm, das sich hinter einer solchen Maßnahme versteckt. Das stand jetzt auch in der Gemeinde Neuweiler an. "Die Gewerbeflächen sind voll, deshalb brauchen wir neue", begründete Bürgermeister Martin Buchwald die Aktion.

Vier mögliche Standorte für ein neues Gewerbegebiet wurden geprüft: Das Gebiet "Alter Hau" auf der Gemarkung Breitenberg, das Gebiet "Platten" im Anschluss an das bereits bestehende Gewerbegebiet an der Hermann-Löns-Straße in Neuweiler, das Gebiet "K 4369" auf der Gemarkung Gaugenwald, das an die Gewerbeflächen Aischbach anschließen könnte und als viertes das Gebiet "Allmend" parallel zur Kreisstraße 4376.

Die Verwaltung hatte sich nach Abwägung aller sogenannter Schutzgüter und Prüfkriterien für das Gebiet "Alter Hau" entschieden. Das Problem, das auch Buchwald bewusst war: Dort findet sich ein Quellbereich. Um hier genauere Informationen zu erhalten, wurde ein hydrogeologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Erwartbare Dauer: mindestens sechs bis acht Wochen.

Experte im Rat anwesend

"Der Quellbereich ist nicht ausgleichbar, deshalb hat ein Eingriff dort sehr hohe Auswirkungen", erläuterte Martin Wöldicke, der von der Firma Menz Umweltplanung der Gemeinderatssitzung beiwohnte und die Details der Prüfung erläuterte. Wenn man den schützen könne, dann ginge das in diesem Bereich ebenfalls gut, so Wöldicke. Das stieß bei Rat Reinhard Kussack grundsätzlich auf Unverständnis: "Ich kann das nicht nachvollziehen, wie man so ein Gewässer- oder Quellgebiet heutzutage einfach überfahren kann."

Die Verwaltung hatte sich dennoch für das Gebiet "Alter Hau" ausgesprochen, weil es leicht zu erschließen gewesen wäre, da es an ein bereits bestehendes Gebiet angegliedert werden könnte.

Doch im Gremium regte sich nach den Einlassungen von Buchwald und Wöldicke Widerstand. "Wenn wir den Quellbereich schützen müssen, dann ist das Gebiet für uns nicht nutzbar", fürchtete Rat Rainer Dörich die strengen Auflagen diverser Behörden. Zudem hätte er sich im Vorfeld das Gelände selbst angeschaut und festgestellt, dass verschiedene Bäche quer über die gesamte Fläche liefen. "Wir wissen da noch nichts über die Auflagen, da gibt es noch einige Ungereimtheiten", verdeutlichte Dörich. Er favorisiere hingegen die zweite Variante "Platten", sehe da aber wieder Probleme mit der Ableitung des Abwassers.

Rat Ronnie Waidelich fühlte sich indes der ersten Variante zugeneigt und schlug vor, das Gebiet einfach nach Südosten zu verschieben. "Das ist nach hinten abfallend und da kommt dann auch ein zweites Biotop", sah Buchwald Schwierigkeiten, dankte dennoch für den Vorschlag. Das Gefälle sei doch heutzutage kein Problem mehr, insistierte Waidelich, der sofort Rückendeckung von Ratskollege Jonathan Stockinger erhielt. Beide betonten unisono, dass es doch wahrlich "genug Dreck" gebe, um die Fläche aufzufüllen. Gemeinderätin Doris Hammann hatte bei der auserkorenen Variante "Alter Hau" vor allem Sorge wegen der Optik: "Das stört mich furchtbar, da sind wir dann ja fast in Oberkollwangen. Mir graust es zudem davor, dass der ganze Wald da auch noch fehlt." Auch Hammann sprach sich schlussendlich für die Variante "Platten" aus, die sei ihr "viel sympathischer". Bürgermeister Buchwald gab Hammann beim Thema Optik Recht, hatte aber seine Bedenken wegen des Gefälles im hinteren Teil und der Abwasserableitung. Das sah auch Gremiumsmitglied Anton Höschle so: "Das mit dem Abwasser ist echt schwierig. Das müssen wir woanders reinbringen, weil das in den bestehenden Kanal zu leiten, halte ich für keine gute Idee." Das Kanalsystem im Gemeindegebiet sei jetzt schon an der Grenze, warnte Höschle und zeichnete ein Schreckensbild von stetig überlaufenden Gullydeckeln.

Höschle zog folgendes Fazit: "Ich tue mich da heute schwer, was zu entscheiden. Es sind einfach zu viele offene Fragen: Kosten, Abwasser, das Biotop samt Quellgebiet", zählte er einige Probleme auf. Rat Jochen Lörcher brachte noch ein ganz anderes Dilemma ins Spiel: die Größe des Gewerbegebietes. Mit 6,6 Hektar wäre das Gebiet "Alter Hau" nämlich das kleinste. "Da fällt eine Erweiterung dann flach. Das wiederum heißt, dass im Zweifel weniger Arbeitsplätze entstehen können als mit anderen Gebieten."

Viele neue Arbeitsplätze

Damit zielte er auf den Vorschlag "Platten" ab, das am Ende wohl um die 15,5 Hektar Fläche haben wird. Hier hatten die Planer auch eine theoretische Zahl von 527 neuen Arbeitsplätzen errechnet – im Vergleich zu 224 beim Gebiet "Alter Hau". Ein Problem mit der Fläche ergibt sich aber nicht, gehört es doch zu 100 Prozent der Gemeinde. Doch der gesamte Gemeinderat hatte so seine Bedenken, was den Quellbereich im favorisierten Gebiet angeht. Zu riskant, zu unvorhersehbar, im Ernstfall zu teuer und mit Folgekosten verbunden. All diese Bedenken ließen das Gremium schlussendlich zur Überzeugung kommen, dass das Gebiet "Platten" deutlich besser geeignet wäre. "Das ist schlauer als das erste Gebiet. Denn langfristig wollen die Generationen nach uns vielleicht auch ein Gewerbegebiet ausweisen. Dazu gibt es im Bereich ›Platten‹ mehr Möglichkeiten", machte sich Höschle zum Schluss nochmals für Variante zwei stark.

Das sah am Ende auch Buchwald ein, der zusammenfasste: "Die Mehrheit sagt also, dass wir direkt auf das zweite Gebiet umschwenken sollten, um den möglichen Problemen von vorneherein aus dem Weg zu gehen." Zustimmendes Nicken im weiten Rund des Neuweiler Sitzungssaals bestätigte die Ausführungen des Schultes.

Der warnte dann aber: "Keiner weiß, was das für zeitliche Auswirkungen hat, wenn wir da das Gelände anfüllen müssen." Dem war sich auch der Gemeinderat bewusst, der am Ende einstimmig beschloss, dass das neue Gewerbegebiet im Gebiet "Platten" entstehen solle.