Das Parksystem im Stuttgarter Westen: Einnahmen über eine Millionen Euro geringer als erwartet. Foto: dpa

Obwohl die Einnahmeerwartungen für das neue Parksystem in Stuttgart West nicht erzielt wurden, ist die Stadt zufrieden. Die verkehrlichen Ziele habe man erreicht. Die Fraktionen wollen das System auf weitere Stadtgebiete ausweiten. Problem: Die Stadt findet jetzt schon nicht genug Kontrolleure.

Stuttgart - Als Blaupause soll es nicht dienen. Aber als Vorbild schon: das Parksystem, das am 1. März 2011 im Stuttgarter Westen eingeführt wurde. Denn das sogenannte Parkraummanagement soll auf die Stadtbezirke Mitte, Nord, Süd, Ost und Bad Cannstatt ausgeweitet werden. Angedacht ist dies frühestens vom 1. Oktober 2015 an. Doch die Planungen laufen längst, schließlich braucht solch ein Projekt Vorlauf. Als Grundlage dienen die Erfahrungswerte aus dem Stuttgarter Westen. Die Stadt zieht dort nach knapp zweieinhalb Jahren eine positive Bilanz, auch wenn weniger Überschuss erwirtschaftet werden konnte als erhofft: Bei den Strafzetteln erzielte man weit weniger Einnahmen als prognostiziert, bei den Parkscheinautomaten und Anwohnerparkausweisen hingegen mehr als erwartet.

Wichtiger jedoch sei, dass man die verkehrlichen Ziele erreicht habe: Die Verkehrssicherheit sowie die Parksituation hätten sich verbessert, und es gäbe weniger Falschparker. Nur in Teilgebiet W 5 – das vereinfacht gesagt zwischen Bebel-, Schwab-, Reinsburg- und Rotenwaldstraße liegt – habe man abends nach wie vor massive Probleme. „Das ist unser Sorgenkind, und ich muss ehrlich sagen: Ich habe keine Ahnung, wie sich die Situation verbessern ließe“, sagt Parkraummanagerin Birgit Wöhrle. Ansonsten aber sei das System ein Erfolg: „Wir haben tagsüber viele freie Parkplätze – und auch nachts hat sich die Lage verbessert“, sagt sie. Die Parkraumauslastung sei nachts um acht Prozent auf eine mittlere Auslastung von 102 Prozent gesunken, tagsüber um 18 Prozent auf eine mittlere Auslastung von 81 Prozent. Die Anzahl der Falschparker habe sich nachts um 31 Prozent, tagsüber um 63 Prozent verringert.

Doch zurück zu den Einnahmen: Die Stadt erzielte im Jahr 2012 weniger Einnahmen durch Strafzettel als gedacht. Die Erwartungen wurden um 835 487 Euro unterschritten. Bei der Berechnung der Erträge wurde davon ausgegangen, dass eine Politesse durchschnittlich rund 10.000 Verwarnungen pro Jahr erteilt, bei einer Verwarnungsgeldhöhe von durchschnittlich zehn Euro. Doch weder die prognostizierten Fallzahlen noch der erwartete Preis pro Verwarnung traten ein. Es wurde mit Einnahmen von 2.400.000 Euro kalkuliert, tatsächlich erzielt wurden aber nur 1.564.513 Euro.

Nur 20 der 25 Stellen besetzt

Ein Grund dafür sei, dass die Überwachung im Westen aufwendiger sei als im restlichen Stadtgebiet. „Normalerweise nimmt sich eine Politesse in einer Straße speziell der Halteverbotzonen an – im Westen muss sie jedes Auto kontrollieren“, sagt Wöhrle. Dadurch erwische man im Schnitt weniger Falschparker – Präsenz zu zeigen sei aber das A und O: „Damit die Autofahrer sich nicht trauen, falsch zu parken.“ Dazu habe auch die Erhöhung des Bußgelds von fünf auf zehn Euro im April 2013 beigetragen.

„Die Einnahmeerwartungen sind nicht eingetroffen, dafür aber die verkehrlichen Ziele. Diese stehen für uns im Vordergrund, das Geld ist zweitrangig“, sagt Wöhrle.

Sie weist aber auch auf ein Problem hin: „Bereits seit Monaten sind nur 20 der 25 Stellen besetzt, die bei der Verkehrsüberwachung für den Westen vorgesehen sind“, sagt sie. Dies sei auch die Erklärung dafür, dass im Jahr 2012 185.000 Verwarnungen ausgegeben wurden, bis Juli 2013 hingegen nur 81.000. Dieser leichte Rückgang sei durch die fehlenden Kontrolleure zu erklären.

Warum gibt es nicht genug Verkehrsüberwacher? „Das ist ein harter Job, der schlecht bezahlt ist“, sagt Wöhrle. So liegt das Anfangsgehalt bei 2093 Euro brutto – in der Stadt gibt es bei der Verkehrsüberwachung 81 Stellen, davon sind 67 Stellen besetzt. „Wir haben im Bereich der Verkehrsüberwachung eine hohe Fluktuation“, sagt Wöhrle.

Anders als bei den Strafzetteln konnten durch die Parkscheinautomaten und Parkausweise (30,70 Euro pro Auto) im Jahr 2012 höhere Einnahmen erzielt werden als prognostiziert: Es konnten 2.563.612 Euro (Planzahl 1.810.000 Euro) erwirtschaftet werden.

Weniger Geld für Parkhäuser

Insgesamt ergibt sich für das neue Parksystem im Haushaltsjahr 2012 ein Überschuss von 903.700 Euro, also 1,17 Millionen Euro weniger als ursprünglich erwartet (Planzahl: 2,073 Millionen Euro). Nach Abzug des Beitrags von 800.000 Euro pro Jahr für die Haushaltssicherung bleibt ein Überschuss von 103.700 Euro. Dieser soll in die Parkraumrücklage einfließen. „Das heißt, wir haben weniger Geld für die Parkhäuser, die wir bauen wollten, um neuen Parkraum zu schaffen“, sagt Wöhrle.

Das heißt auch, dass die geplante Ausweitung des Parksystems „aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert werden muss“, so steht es im „Abschlussbericht zur Einführung des Parkraummanagements West“. Eine Vorlage wurde im Juli dem Umwelt- und Technikausschuss vorgelegt, über die Kostenkalkulation wurde bisher noch nicht diskutiert. Die erste Rückmeldung auf die Vorlage sei dennoch, „dass alle Fraktionen sich für das System ausgesprochen haben“, sagt Wöhrle. Die Einteilung der Parkzonen ist derzeit nur eine Grobplanung: „Bestimmt werden sich die Parkbereiche nach Beteiligung des Bezirksbeirat und der Bewohner noch verändern“, sagt Wöhrle.

Nach heutigem Stand sei ab dem Doppelhaushalt 2014/2015 die Ausweitung des Parksystems vom 1. Oktober 2015 an denkbar. Von 2018 an könnte der Betrieb kostendeckend sein, so die Prognose. „Nennenswerte Zuführungen zur Parkraumrücklage können voraussichtlich aber nicht erwirtschaftet werden“, heißt es in der Erweiterungsvorlage der Stadt.