Horst Erdmann hat die fiktive Lebensgeschichte von Hannes Higi aus Bierlingen geschrieben. Foto: Steinmetz

Horst Erdmann hat ein Buch geschrieben: über Hannes Higi, der aus dem Krieg heimkommt. Ein mehr als 400-seitiges Werk ist entstanden, das nach Ostern in gedruckter Form erhältlich sein soll. Es ist eine Nachkriegsgeschichte über Bierlingen.

Hannes, der Taufpate von Horst Erdmanns Mutter, ist in Wirklichkeit nicht aus Russland zurückgekehrt, er ist im Zweiten Weltkrieg gefallen. Der Autor wollte ihn aber weiterleben lassen und schrieb somit eine fiktive Lebensgeschichte, beispielhaft, wie es anderen Rückkehrern so oder vielleicht ähnlich hätte ergangen sein können. „Für mich ist das Buch eine Hommage an alle, die nicht mehr heimgekommen sind“, heißt es im Vorwort. Dabei macht der Autor keinen Unterschied, ob es sich um einen Hannes, Sergeij, Charles oder Jean handelt.

Nachkriegszeit in seinem Dorf

Horst Erdmann, Jahrgang 1965, kennt die Nachkriegszeit in seinem Dorf nur vom Hörensagen. Er weiß davon aus Erzählungen älterer Bierlinger und natürlich von seiner Mutter. Sie kannte ihren Döten allerdings kaum. Aus Feldpostbriefen hat er geschrieben, wie es ihm in Russland ergangen ist. Erdmann hat ein Porträt von Hannes als jungen Mann beim Militär in seiner Wohnung hängen. Er betont: „Ich will nichts verherrlichen.“

Der Krieg spielt nur noch am Rand eine Rolle, es geht um die Zeit danach. Erdmann hat sich vorgestellt, wie es dem Heimkehrer aus der Gefangenschaft ergangen sein könnte. So lässt er den inzwischen 29-jährigen Hannes am Bahnhof in Eyach ankommen. Zu Fuß auf dem Weg nach Bierlingen wird er von einem Trillfinger auf dem Motorrad mitgenommen. „Wie würde ihn seine Heimat empfangen? Wer lebte, wer war nicht mehr?“ Das waren Fragen, die ihn beschäftigten. Der Krieg hatte auch in Bierlingen Spuren hinterlassen, der Kirchturm stand aber noch. Dann das freudige Wiedersehen im Elternhaus: „Dr Hannes isch wieder da.“

Eine veränderte Welt

Der Rückkehrer, der vor dem Krieg Elektriker in Ebingen gelernt hatte, musste in einer veränderten Welt zurecht kommen. Erdmann schildert, wie Hannes in Tübingen in der französischen Kaserne eine neue Arbeit findet – ausgerechnet beim „Erzfeind“, wie die Mutter feststellt. Dort aber fasst Hannes Fuß, schließt sogar Freundschaft mit seinem französischen Chef, der ihn nach Frankreich zur Hochzeit einlädt. Derweil macht der Fortschritt im katholisch-bäuerlich geprägten Bierlingen nicht halt. Der Traktor löst den Ochsen bei der Feldarbeit ab, und Hannes, der für Landwirtschaft wenig übrig hat, soll den Vater finanziell unterstützen, einen Bulldog zu kaufen.

Erdmann hat über die Nachkriegszeit viel recherchiert. „Ich höre auch gern zu“, sagt er. So kennt er sich mit den alten Gebräuchen und Sitten in Bierlingen bestens aus. Er beschreibt anschaulich beispielsweise die Fasnet im Dorf noch vor der Gründung der Narrenzunft, oder wie eine Hochzeit, die in den 1950er-Jahren öffentlich gefeiert wurde, ablief.

Kein richtig Angepasster

Hannes ist in seinem Dorf zwar kein Außenseiter oder Sonderling, aber doch auch kein richtig Angepasster. Er schnuppert in Tübingen Stadtluft, hat Kontakt mit Arbeitskollegen und früheren Kameraden im Krieg. Dazu passt, dass er kein Mädchen aus dem Dorf, sondern Greta heiratet. Sie war aus dem ehemaligen ostpreußischen Gebiet mit ihren Eltern vertrieben worden und so nach Tübingen gekommen.

Letzten Endes schreibt Erdmann anhand verschiedener teils erfundener, teils realer Personen eine Nachkriegsgeschichte über Bierlingen, die sich bis fast in die Gegenwart erstreckt. Treffend gibt er auch das in seinem Dorf gesprochen breite und heute kaum noch zu hörende Schwäbisch wider.

„Das Schlimmste war für mich dann, Hannes sterben zu lassen“, gesteht Erdmann. Er hat das Buch zuerst nur aus einer Laune heraus und weil ihn die Lebensgeschichte seiner Oma dazu animiert hatte, angehen wollen. Doch zunehmend fand er an der Schriftstellerei Freude. Im Urlaub hatte er sich an den Laptop gesetzt und nahezu ununterbrochen getippt. Erdmann: „Es hat von der ersten bis zur letzten Minute Spaß gemacht.“

Veröffentlichung des Buchs

Das Buch „Dr Hannes isch hoamkomma“ von Horst Erdmann, erscheint im Verlag BoD – Books on Demand, ISBN 978-3-7526-8727-9.