Der DFB wirbt um eine schnelle Verlängerung mit Bundestrainer Julian Nagelsmann – wohl unter einer Bedingung.
Vom Projektarbeiter zum Dauerbrenner: Julian Nagelsmann soll als Bundestrainer in die Verlängerung gehen – und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft auch zur WM 2026 führen. „Die Chemie stimmt“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf dem SID über die Zusammenarbeit mit dem 36-Jährigen und betonte: „Julian hat gesagt, dass er vor dem EM-Turnier gerne Klarheit über seine Zukunft möchte. Einem solchen Wunsch werden wir uns sicher nicht verschließen.“
Die Eile überrascht, beide Parteien hatten zuletzt betont, sich mit Haut und Haaren dem Projekt Heim-EM verschrieben zu haben - alles andere sollte warten. Nagelsmann selbst zeigte sich zum Auftakt ins Turnierjahr dieser Tage in Frankfurt offen für mehrere Optionen; genau das könnte die Verbandsspitze nun zum schnellen Handeln bewogen haben.
„Wir haben den Trainer und den Menschen Julian Nagelsmann beim DFB in relativ kurzer Zeit kennen- und schätzen gelernt“, betonte Neuendorf: „Er identifiziert sich voll mit seiner Aufgabe und mit dem Verband und legt eine große Leidenschaft an den Tag. Er kennt unsere Wertschätzung für ihn.“
Rettig: „Erfolgreiche Trainer schickt man nicht weg“
Dennoch will der Verband eine längere Zusammenarbeit womöglich an Bedingungen knüpfen. Dem Beispiel von Handball-Bundestrainer Alfred Gislason folgend, dessen Vertrag sich erst mit der erfolgreichen Olympia-Qualifikation verlängert hatte, soll die Ausdehnung von Nagelsmanns Arbeitspapier laut kicker erst in Kraft treten, wenn er bei der EM nicht vorzeitig scheitert.
„Erfolgreiche Trainer schickt man nicht weg“, sagte Geschäftsführer Andreas Rettig. Mit einer Vertragsklausel würde der DFB aus den kostspieligen Fehlern der Vergangenheit lernen: Unmittelbar vor dem historischen WM-Desaster 2018 hatte der damalige DFB-Boss Reinhard Grindel mit Bundestrainer Joachim Löw bis 2022 verlängert. Und Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bekam von Neuendorf einen neuen Kontrakt, ehe die WM 2023 dann zum Debakel geriet.
Die jetzt auch öffentlichen Avancen des DFB kurz vor dem Auftakt ins EM-Jahr mit dem Länderspiel in Frankreich am Samstag (21.00 Uhr/ZDF) kommen dennoch etwas unerwartet. Nicht, weil Nagelsmann wegen seines Fehlstarts mit einem Sieg und zwei Niederlagen aus vier Spielen in der Kritik stünde. Sondern vielmehr, weil die meisten Beobachter sicher waren, dass es ihn ab Sommer wieder in die tägliche Klub-Arbeit ziehen würde.
Neuendorf will früh Klarheit schaffen
Wer ihm zuletzt zuhörte, wie er über den geringen Gestaltungsraum bei der Nationalmannschaft sprach („Da kommt man in kein Taktikbuch“), sah sich in diesem Eindruck bestätigt. Allerdings klang auch der von Neuendorf angesprochene Wunsch durch, früh Klarheit zu schaffen. „Es ist für jeden Menschen ratsam, sich um seine berufliche Zukunft zu kümmern“, sagte er am Donnerstag vergangener Woche: „Es ist gesund und gehört dazu, sich mit 36 zu überlegen, wie das Leben aus beruflicher Sicht weitergeht.“
Beim DFB? Noch am Mittwochabend hörte sich das nicht zwangsläufig so an. Bei einer launigen Fan-PK am Frankfurter Campus warb Nagelsmann da ganz Allgemein für mehr Geduld mit Trainern und sprach offen über seine Pläne. „Generell weiß ich, dass ein Jahr Pause nach der EM oder ein halbes Jahr Pause für mich ausgeschlossen ist“, sagte er, „außer es kommt kein Angebot. Aber wenn eins kommt, ist es ausgeschlossen.“ Es gäbe zwei Optionen, ergänzte der frühere Bayern-Coach: „Verband oder Verein.“