Zum Glück von der Faulbrut verschont: Bienensachverständiger Ludger Schmitt zeigt die Vitalität in einem seiner Bienenstöcke nahe Arnbach. Foto: Schwarzwälder Bote

Umwelt: Amerikanische Faulbrut greift bei Bienen um sich / Weite Teile des Enzkreises gehören zum Sperrbezirk

Es ist ein Bakterium, das derzeit die Honigbienen im westlichen Enzkreis bedroht. Anfang April war an einem Bienenstand in Keltern-Niebelsbach die Amerikanische Faulbrut festgestellt worden. Nach mehr als zehn Jahren, in denen die Region von der Seuche verschont blieb.

Neuenbürg/Straubenhardt/Enzkreis. So wurden Niebelsbach, Teile von Keltern-Ellmendingen und -Weiler sowie Teile von Straubenhardt-Ottenhausen und von Birkenfeld-Gräfenhausen vom Veterinäramt des Landratsamtes (LRA) Enzkreis zum Sperrbezirk erklärt. Nur wenige Wochen später musste der Sperrbezirk deutlich erweitert werden, da weiterer Faulbrutbefall festgestellt wurde: Mittlerweile sind Teile Remchingens, Keltern komplett, von Birkenfeld die Gemarkungen Gräfenhausen und Obernhausen, von Straubenhardt Feldrennach, Ottenhausen, Pfinzweiler und Schwann sowie von Neuenbürg Arnbach und Teile der Stadt-Gemarkung zum Sperrbezirk.

Was bedeutet der Sperrbezirk?

Für die Bienen etwa das, was Corona-Quarantäne für die Menschen bedeutet: Die Bienenstöcke innerhalb des Bezirks dürfen nicht hinausgebracht werden, Bienenvölker von draußen aber auch nicht herein. Von sämtlichen Völkern im Sperrbezirk werden vom LRA Proben entnommen und im Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt in Freiburg mikroskopisch auf Befall untersucht. Je nach Befund wird der Sperrbezirk erweitert oder nach entsprechender Nachtestung auch wieder aufgehoben. Da zwei Monate zwischen Bestandssanierung beziehungsweise Vernichtung hoch positiver Bestände und der Nachprobung verstreichen müssen, wird die Sperrung bis mindestens Ende August dauern.

Wie viele Bienen betrifft das?

Ziemlich viele – genauer gesagt aktuell zwischen 30 und 40 Millionen. Denn, wie Erwin Rudolf, der Vorsitzende des Kreisimkervereins Neuenbürg, erklärt, leben in einem einzigen Stock in der Hoch-Zeit im Juni 40 000 bis 60 000 Bienen. Wie Walter Horlacher, verantwortlicher Veterinär am LRA, berichtet, wurden an rund 750 Bienenstöcken Futterkranzproben entnommen. Von rund 500 davon bereits liegen Ergebnisse vor, vorrangig von denen aus den Hotspots Niebelsbach, Ottenhausen und Nöttingen. Dabei wurden bisher 52 schwach positive und 30 hoch positive Völker ermittelt. Wie Horlacher erklärt, ist nicht mehr mit vielen weiteren positiven Befunden zu rechnen, aber: "Wir liegen bereits jetzt bei über zehn Prozent der untersuchten Völker."

Was tut der Bienensachverständige?

Ludger Schmitt ist Bienensachverständiger für Arnbach, Ottenhausen und Pfinzweiler. Er weiß, wer in "seinem" Bezirk wo Bienen stehen hat, er ist Ansprechpartner, wenn Völker heraus- oder hineingebracht werden, und kümmert sich um Kennzeichnung und Kontrolle der Bienengesundheit. So war er früh gemeinsam mit Horlacher im Einsatz nach dem Erstauftreten in Niebelsbach. Selbst hat Schmitt an drei Standorten Bienen, unter anderem zwischen Ottenhausen und Arnbach 22 Stöcke. "Zum Glück ist keiner davon von der Faulbrut betroffen", kann Schmitt erleichtert aufatmen. "Aber bei Imkern in meinem Bezirk gibt es natürlich Fälle."

Was sind positive Fälle und wie erkennt man sie?

Bienenstöcke sind mit dem Bakterium in unterschiedlich hoher Dichte befallen. Bienenlarven sterben ab, irgendwann ist kein Nachwuchs mehr da und das ganze Volk stirbt. "Anders als der Typ 1 lässt der aktuell auftretende virulentere Bakterienstamm Typ 2 die Larven vielfach schon vor der Verdeckelung der Brutzellen absterben. Die Bienen entfernen sie, also findet man keine abgestorbenen Larven in den Zellen", erklärt Schmitt. Das Erkennen werde daher schwierig. "Lückenhafte Brutnester können ein Symptom sein", weiß der Bienensachverständige. "So hat mein Kollege in Niebelsbach, als der betreffende Imker um ein Gesundheitszeugnis zur Weiterwanderung der Stöcke nachfragte, aufgrund von Erfahrung und Gefühl gesagt: ›Irgendwas stimmt da nicht!‹" Was sich bewahrheitete. Gerade bei schwach positiven Fällen sind die Bienen selbst nämlich oft noch sehr vital.

Wie wird ein Bienenvolk infiziert?

Dazu, so Schmitt, trage der Mensch häufig bei: Die Erregersporen sind vielfach in Honig, der aus dem Ausland eingeführt wird, vorhanden. Der Honig selbst ist für den Menschen nämlich bedenkenlos verzehrbar. Schmitt sagt: "Nicht überall wird auf Faulbrut getestet. Wenn Bienen an geöffnete, nicht vollständig geleerte Gläser oder Plastikbecher mit solchem Honig gelangen, schleppen sie das Bakterium schnell in ihren Stock ein." Er appelliert daran, vermeintlich leere Behältnisse gründlich auszuspülen. Aber auch durch Raub in bereits geschwächten Stöcken holen sich Bienen den Erreger sozusagen selbst "ins Nest".

Was passiert mit infizierten Völkern?

Ist ein Stock stark befallen, müssen sämtliche Bienen durch Schwefel abgetötet werden. Die Waben werden verbrannt, selbst die Kästen, falls sie älter sind. Es muss ein geeigneter Platz zur Verfügung stehen, wo die Überreste vergraben werden können. Nur dann kann man eine Weitergabe des Bakteriums ausschließen. Ist ein Stock nur schwach befallen, kann man das Volk durch Erzeugung eines künstlichen Schwarmes "sanieren". Dabei wird die Königin aus dem Stock geholt und in einem kleinen Absperrkäfig in eine Kiste gehängt. Ihre Arbeiterinnen folgen ihr treu, schwärmen aus und sammeln sich um ihre Königin. Daraufhin können die Waben entnommen und verbrannt werden. Die Bienen beginnen im Rahmen um die Königin erneut Wachs auszuscheiden. Noch einmal erfolgt dieselbe Prozedur, dann dürfen die Bienen sich samt Königin tatsächlich dauerhaft in einem ganz neuen Stock niederlassen.

Wer bezahlt die Untersuchungen und die Ausfälle der Imker?

Die Tierseuchenkasse bezahlt. Vorausgesetzt natürlich, der Imker hat vorher ordentlich für alle Stöcke, die er stehen hat, Beiträge in die Kasse einbezahlt.

Welche Konsequenz hat die räumliche Sperre für nicht direkt betroffene Imker im Sperrgebiet?

Auch wenn die allermeisten Bienenstöcke im Sperrgebiet keinen Faulbrutbefall aufweisen, geht es ihnen ähnlich wie den Menschen in Zeiten der Corona-Reisewarnungen:Vom Standort entfernen ist untersagt. Da der Sperrbezirk mindestens bis August aufrechterhalten bleibt, gibt es für die Bienen im Sperrbezirk diesen Sommer keine "Reisen". Imker Schmitt erklärt: "Normalerweise stünden meine Bienen nach Ende der Kirschblüte jetzt irgendwo bei Gechingen zur Rapsblüte. Und dann Richtung Loffenau zur Kastanienblüte. Dieses Jahr darf ich sie aber nicht versetzen." Also nichts mit Sortenhonig in diesem Jahr 2020. Direkt vor der Haustür "honigt" es aber ganz gut, das heißt die Seuchen gebeutelten und doch fleißigen Sammlerinnen finden genug Nahrung, wie Imker Rudolf betont: "Man muss es halt nehmen, wie es kommt. Im Übrigen: Ein Sommerblütenhonig ist gegenüber dem Sortenhonig oft würziger und allemal vielfältiger!"