Sanierung des Mühlewehr: Mitte August 2020 starteten die Bauarbeiten. Archiv-Foto: Jänsch Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Neuenbürger Rathauschef zieht Bilanz / Ärger über Menschen, die sich im Rahmen der Pandemie unsolidarisch zeigen

Neuenbürg. Die Corona-Pandemie hat die Kommunen vor große Herausforderungen gestellt. Im Gespräch mit unserer Zeitung verrät Neuenbürgs Bürgermeister Horst Martin, wie er die Krise bisher erlebt hat und was in seiner Gemeinde 2021 ansteht.

Welche Projekte/Meilensteine fallen Ihnen als Bürgermeister als Erstes ein, wenn Sie an 2020 denken?

Natürlich fallen mir als Erstes für das Jahr 2020 sämtliche kurzfristig zu regelnde Sachverhalte in Zusammenhang mit Corona ein. Genauso wie die Bundes- und Landesebene waren wir in den Kommunen gefragt, bei den Maßnahmen, die bei Corona zu diskutieren und in der Praxis umzusetzen waren: Neubau des Mühlewehrs (im Rahmen der Erzeugung Strom aus Wasserkraft); Sanierung und Ausbau der örtlichen Wasserversorgung; Beschluss und Fortgang von vier kleineren Wohngebietserschließungen (zweimal Arnbach, einmal Dennach, einmal Waldrennach); Fortgang Teil-FNP Windenergie; Fortgang des FNP in Sachen Wohn- und Gewerbegebiet; Abschluss Erschließung Zwerchweg/Arnbach; Fortgang bei der Breitbanderschließung innerörtlicher Vollausbau der weißen Flecken (im Wesentlichen durch den ZB BB), Bezuschussung durch den Bund (und hoffentlich dann auch noch durchs Land); Fortgang der Stadtkernsanierung, SKS III; Gründung (und Mitgliedschaft) im ZV Gutachterwesen Enzkreis.

Was steht in Ihrer Stadt an größeren Projekten/Meilensteinen im Jahr 2021 an?

Noch laufende Projekte aus 2020 oder Vorjahren übernehmen und idealerweise gegebenenfalls nach Projektstand auch abschließen; Wahlen (Landtag, Bundestag) unter Corona-Bedingungen; Nahwärmenetz Kernstadt; Prüfung der ideellen Schäden, die Corona verursacht hat – zum Beispiel Vereine/Ehrenamt. Jedes Jahr hält Überraschungen bereit – deshalb: "Überraschungspaket 2021"!; Stadthalle Bodensanierung; Sanierung der L 565/338 innerorts (Teile der Wilbader- und Marktstraße); Friedhofssanierung, insbesondere Umsetzung der teilanonymen Urnengräber; Digitalisierung an den Schulen; Projekte SKS III; Brandschutzmaßnahmen an verschiedenen Gebäuden; Beschaffung Kfz für Freiwillige Feuerwehr. Und manches mehr im Haushalt 2021.

Was haben Sie persönlich 2020 wegen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie am meisten vermisst?

Den persönlichen Austausch und die persönliche Begegnung mit Menschen, beruflich wie privat.

Und wer oder was hat Sie in den vergangenen Monaten besonders geärgert?

Menschen, die sich im Rahmen der Corona-Pandemie unsolidarisch gezeigt haben und auch häufig jetzt noch ihr "eigenes Ding" in der Pandemie machen.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Corona-Beschränkungen aufgehoben werden? Was werden Sie als Erstes machen?

Ich freue mich darauf, mit den Menschen wieder von Angesicht zu Angesicht – ohne Mund-Nasen-Bedeckung – sprechen zu können. Privat freue ich mich darauf, meinen ausgefallenen Fahrradurlaub an und vielleicht auch über die Alpen nachholen zu können.

Werden Sie sich impfen lassen?

Ja, wenn ich dann an der Reihe bin.

Welche Schwierigkeiten stehen Ihrer Stadt aufgrund von Corona noch bevor?

Die Kompensation der ganzen finanziellen Folgen und somit Finanzierung von anstehenden Vorhaben. Und wie schon zuvor angerissen, werden im ideellen/ehrenamtlichen Bereich viele Wunden sein, deren Heilung noch lange andauern wird – wenn überhaupt!

Wie steht es um den Zusammenhalt in Ihrer Gemeinde seit Beginn der Corona- Krise?

Ich stelle bei dieser Frage den Zusammenhalt mit Solidarität gleich. Und hier kann ich feststellen, dass wir – was die Berücksichtigung der Corona-Vorschriften anbetrifft – bisher keine großen oder dauernden Missachtungen hatten. Der Zusammenhalt bei uns hat für mich bisher also durchaus gepasst. Ich hoffe, das bleibt auch so.

Was waren die größten Herausforderungen für Ihre Verwaltungsmitarbeiter bei der Bewältigung der Corona-Krise?

Tagesaktuelle Corona-Anforderungen und Maßgaben zu bewältigen und gleichzeitig das normale Tagesgeschäft zu bewerkstelligten. Und was Corona anbetrifft, häufig ohne tiefergehende Hilfestellungen von irgendwo her – und wenn dann immer erst am Samstagmorgen. Verbale Attacken und Intoleranz gegenüber den Beschäftigten von Staat und Kommunen im Zusammenhang mit der Umsetzung der vom Land auferlegten Corona-Maßnahmen.

Können Sie Corona und den Folgen generell etwas Positives abgewinnen?

Natürlich! Um es mit Albert Einstein zu sagen: "Inmitten der Schwierigkeiten liegt die Möglichkeit." Wer hätte daran gedacht, dass vieles auch von Zuhause aus im Homeoffice oder mittels digitalen Konferenzen geregelt werden kann. Der Grad der Digitalisierung, der einen neuen Schub erfährt. Ein neues Bewusstsein gegenüber Reisen – was ist nötig und was nicht? Corona war und ist auch ein Katalysator für weltweiten gesellschaftlichen Wandel, der ohnehin nötig ist.

Wer kennt nicht die Märchen, in der die gute Fee vorbeikommt und man drei Wünsche frei hat. Wie würden Ihre fürs kommende Jahr lauten?

Gesundheit für Neuenbürg und den Rest der Welt. Und die Gabe, dass Menschen eine Selbstwahrnehmung/Ehrlichkeit zu sich selber zeigen und sich dabei bei ihrem Tun und Lassen an Moral und Ethik beziehungsweise deren Idealen orientieren. Habe aber keine Ahnung, ob das nun zwei, drei oder mehr Wünsche waren...