Bernhard Müller will "seiner" Orgel mit einer kühnen Wette zu neuem Ton verhelfen. Fotos: Jänsch Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Mit kühner Wette Geld für die Sanierung der barocken Orgel sammeln / Ungefähr sind 70 000 Euro nötig

Neuenbürg. Der Neuenbürger Bezirkskantor Bernhard Müller wettet, dass es Neuenbürg und Umgebung nicht schaffen, ihn als Musiker in gespendeten Zwei-Euro-Münzen mit seinem Wunsch-Körpergewicht von 110 Kilogramm aufzuwiegen. Sollten es die Neuenbürger schaffen, will sich Müller auf diesen Wert "runterhungern". Das Geld soll dazu dienen, die sanierungsbedürftige Orgel der evangelischen Stadtkirche zu renovieren. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten verrät der 62-Jährige, was ihn zu dieser Idee getrieben hat.

Wie verzweifelt waren Sie bei der Suche nach Spenden, um so ein Projekt anzustoßen? Oder anders gefragt: Fehlte Ihnen bislang das Motiv zum Abnehmen?

Das auch (lacht). Wir haben durch die Kirche und das Gemeindehaus, die beide sanierungsbedürftig sind, einen riesigen Investitionsbedarf. Und im Gegensatz zu diesen Vorhaben kann ich mich um keine Zuschüsse bemühen. Das habe ich bereits versucht. Zwar wäre das barocke Gehäuse der Orgel förderberechtigt, nicht aber das erst 50 Jahre alte Pfeifenwerk, die Laden, die Elektrik, das Gebläse. Es gibt zwar ein Förderprogramm des Bundes, das aber nur solche Orgeln in den Blick nimmt, die in Gänze historische Substanz haben.

Können Sie in wenigen Worten noch mal erklären, was Sie genau vorhaben?

Der Plan war ursprünglich, die Orgel bis 2021 wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Das hat sich Stand jetzt als zu optimistisch erwiesen. Um die Minimal-Aufgaben der Sanierung zu bewerkstelligen sind ungefähr 70 000 Euro nötig. Aktuell haben wir etwa 10 000 Euro beisammen und da ich nur noch eineinhalb Jahre bis zum Ruhestand habe, möchte ich die Zeit nutzen, zumindest noch die Hälfte der benötigten Mittel zusammenzutragen. Daher wette ich, dass es ganz Neuenbürg und Umgebung nicht schafft bis zum 30. Juni 2020 mich in meinem Wunsch-Körpergewicht von 110 Kilogramm in Zwei-Euro-Münzen aufzuwiegen.

Warum gerade Zwei-Euro-Münzen?

Eine Zwei-Euro-Münze wiegt etwa neun Gramm, daher brauchen wir 487 Rollen, um die 110 Kilogramm aufzuwiegen. Das sind dann 12 222 Münzen zu 24 444 Euro. Mit den vorhandenen 10 000 Euro und meiner gespendeten Rolle hätten wir ziemlich genau die Hälfte der 70 000 Euro beisammen.

Wäre es nicht cleverer gewesen, sich in Scheinen aufwiegen zu lassen? Da wäre das Geld schneller beisammen und Sie müssten, falls Sie verlören, weniger abspecken.

(lacht) Es geht ja auch um den Gag. Manche verstehen die Botschaft nach der Devise: "Dem wollen wir es mal zeigen, den wollen wir mal so richtig zum Schwitzen bringen." Und genau so soll es auch sein.

Was ist das Besondere an der Orgel?

Nach außen hin ersichtlich ist das barocke Gehäuse. Besonders ist, dass im hiesigen, stark schwäbisch orientierten Raum der damalige Pfarrer über den schwäbischen Tellerrand geschaut und eine französisch-elsässische Orgel einbauen ließ. Der kannte sich wohl aus in der Szene. Diese Orgeln sind nicht besser oder schlechter. Aber einige Töne sind wesentlich kraftvoller als bei den Deutschen. Von diesen Zungenstimmen haben wir fünf Stück in der Orgel und die geben einen sehr kraftvollen und runden Klang.

Was glauben Sie, wird in einem Jahr sein? Gönnen Ihnen die Neuenbürger eine Fitnesskur?

Ich wünschte, sie tun es…

Haben Sie nicht auch ein wenig Angst, Ihren Wetteinsatz einlösen zu müssen?

Nein, es wäre auch in meinem Interesse, eine Fitnesskur zu machen. Im Übrigen auch im Interesse meiner Frau (lacht). Es ist ja auch Mühe und Idealismus, dass ich mich in dieses Projekt hineinbegebe. Das geht schon sehr stark ins Persönliche, wenn ich über mein Gewicht spreche und Raum für Spekulationen gebe. Da gebe ich mich ja dem Gespött der Leute Preis. Der Orgel wegen ist es mir das aber allemal Wert.

Wie viel Kilos müssten denn für Ihr Wunschgewicht runter?

Das verrate ich so genau nicht. Aber es wäre deutlich im zweistelligen Bereich. Da wird sich der Kantor anstrengen müssen (lacht).

Wie würden Sie es angehen? Noch schweißtreibender Dirigieren oder mit Hilfe einer Ernährungsumstellung?

Ich bin bereits Mitglied im ortsansässigen Fitnessstudio. Das habe ich aber in den letzten Monaten ziemlich schleifen lassen, weil der Job so viele Aufgaben aufwirft, dass ich wenig Möglichkeiten habe, dort rüber zu gehen. Aber ja, ich walke gerne und betätige mich viel bei der Gartenarbeit. Und ich müsste auch auf meine Ernährung achten, klar.

Welche alternativen Zahlungsmittel akzeptieren Sie, falls jemand keine Zwei-Euro-Münzen zur Hand hat?

Das ist ja nur symbolisch. Gedacht ist es ja so, dass jeder natürlich seine ganz normale Spende an unser Spendenkonto überweisen kann. Das ist selbstverständlich, das geschieht ja auch. Aber ich habe auch nichts dagegen, wenn mir jemand zwei Rollen vorbeibringt. Das Geld ist in jeder Form willkommen.

  Die Fragen stellte Christoph Jänsch

Weitere Informationen: Bernhard Müller ist unter der E-Mail-Adresse bezirkskantorat.neuenbuerg@t-online.de zu erreichen.