Der eine kommt, der andere geht: Bernd Neuendorf ist neuer DFB-Präsident, Rainer Koch nicht mehr Vize. Foto: Gambarini

Der Deutsche Fußball-Bund hat mit Bernd Neuendorf einen neuen Präsidenten gewählt. Aber fast noch wichtiger: Der größte Sportfachverband der Welt ist in eine neue Ära gestartet, in eine Ära (fast) ohne den polarisierenden Strippenzieher Rainer Koch. Die Vereins- und Verbandsvertreter der Region begrüßen beides einhellig.

Rund ging es beim DFB-Bundestag erst, nachdem der neue DFB-Präsident gewählt worden war. Denn dass Bernd Neuendorf als Vertreter der Amateure gegen den von den Profis aufgestellten Peter Peters gewinnen würde, war zu erwarten, das Wahlergebnis von 193:50 Stimmen bildet die Mehrheitsverhältnisse der beiden Lager ziemlich exakt ab. Neuendorf, ehemaliger SPD-Politiker, ist kein sprühender Redner, aber er gilt als strukturiert und pragmatisch. Beides wird ihm helfen, den zerstrittenen und skandalumwitterten DFB wieder in ruhigere Fahrwasser zu bringen.

Rainer Koch schadet sich selbst

Dazu hilft ihm, dass sich der "ewige Vize" Rainer Koch in Bonn selbst aus dem Rennen nahm. Während Bernd Neuendorf sich fehlerfrei das Vertrauen der Versammlung erarbeitete, war Koch so selbstsicher, dass er seine Konkurrentin um den Vizepräsidenten-Posten, die Sportwissenschaftlerin Silke Sinning, von seinem eigenen Regionalverband Süddeutschland vorschlagen ließ. Das sollte das demokratische Feigenblatt der abgesprochenen Wiederwahl sein.

Demokratisches Feigenblatt?

Dass er gar nicht damit rechnete, dass Silke Sinning gegen ihn antreten würde, wurde früh klar. Nachdem sie sich schüchtern vorgestellt hatte, polterte Koch anschließend los, sie habe in den Sitzungen nie zu erkennen gegeben, dass sie für Süddeutschland antreten wolle. Und in ihrer Vorstellung habe sie mit keinem Wort erwähnt, warum sie für ihren vorgesehenen Posten infrage komme. Das kam im Saal nicht gut an.

Merkwürdiges Verhältnis zur Demokratie

Danach erklärte er sein sehr merkwürdiges Verhältnis zur Demokratie. Zu der gehöre es, "dass man sich an Absprachen hält", sagte Koch, der folgerte: "Bitte unterstützen Sie mich. Und wenn sie das nicht wollen, dann nehmen Sie wenigstens nicht an der Abstimmung teil." Die Quittung: Silke Sinning gewann die Abstimmung deutlich, Rainer Koch rang sich am Ende zu einem flüchtigen Handschlag ohne Augenkontakt durch. Danach saß er konsterniert am Rand, ehe er das Gebäude durch einen Seiteneingang verließ.

Ein wirklicher Neuanfang

Der DFB hat also einen wirklichen Neuanfang mit einem unbelasteten Präsidenten, (fast) ohne den belasteten Koch (der weiter als bayerischer Verbandschef im DFB-Vorstand sitzt), mit fünf Frauen im fünfzehnköpfigen Präsidium – und ohne Gerhard Schröder, dem die Ehrenmitgliedschaft wegen seiner Putin-Treue in Ukraine-Kriegszeiten entzogen worden war.

Stimmen aus der Region zur Wahl

Auch die Vereine in der Region spüren eine gewisse Aufbruchstimmung, die von diesem DFB-Bundesstag ausgeht. Die von unseren Sportredaktionen gesammelten Stimmen:

Thomas Wild, Abteilungsleiter Fußball bei der DJK Donaueschingen

"Unter dem neuen Präsidenten Bernd Neuendorf erhoffe ich mir, dass endlich wieder mehr Ruhe in die Arbeit des DFB kommt und sich die Distanz zwischen Profi- und Amateurfußball wieder verringert. Rainer Koch war als Präsidiumsmitglied nicht mehr tragbar. Wenn es in den vergangenen Jahren in der Führung Probleme gab, war er schließlich immer mit involviert. Die Aberkennung von Gerhard Schröder als Ehrenmitglied ist absolut in Ordnung. Wer Putin nahesteht, hat beim DFB in meinen Augen nichts mehr verloren."

Marcus Kiekbusch, Vorsitzender des Fußballbezirks Schwarzwald (wfv)

"Mit der Wahl von Bernd Neuendorf zum neuen DFB-Präsidenten hat man schon gespürt, dass eine gewisse Aufbruchstimmung herrscht. Ich wünsche mir vom neuen Präsidenten vor allem viel mehr Transparenz und mehr Augenmerk auf den Amateurfußball. Gerade dort muss viel passieren, vor allem im Bereich der Jugend, der Frauen und des Ehrenamts. Ich hoffe daher, dass es Neuendorf gelingt, für die Basis die notwendigen Gelder locker zu machen. Die Abwahl von Rainer Koch war längst überfällig. Mit seiner Rede hat er sich für mich endgültig ins Abseits gestellt. Ich bin mal gespannt, wie sich seine Abwahl auf seinen Verband, den Bayerischen Fußballverband, auswirkt. Dort stehen in Kürze Wahlen an. Auf jeden Fall war Koch für mich nicht mehr tragbar.  Ein Kommentar zur Causa Gerhard Schröder steht mir nicht zu. Es zeigt auf jeden Fall auf, mit welch nebensächlichen Dingen sich der DFB beschäftigt. Dabei gibt es andere Dinge, die WM in Katar zum Beispiel, die viel schwerer wiegen als der Ausschluss von Gerhard Schröder. Wenn sich der DFB in dieser Angelegenheit so konsequent gezeigt hätte, würden wir nicht so viele Probleme mit uns rumschleppen."

Edgar Pakai, Bezirksvorsitzender Nördlicher Schwarzwald

"Ich erhoffe mir, dass mit dem neuen Präsidenten wieder ruhigere Zeiten beim DFB anbrechen. Ich bin nicht traurig, dass Rainer Koch nun endgültig von der Bildfläche verschwunden ist. Neuendorf kommt, so wie ich gehört habe, vom Amateurfußball und sollte prädestiniert sein, sich für die Belange der Vereine an der Basis einzusetzen. Skandale gab es in den letzten Jahren genug, und es ist an der Zeit, dass der DFB wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt. Ich erhoffe mir auch, dass nicht Woche für Woche in der DFB-Zentrale die Staatsanwaltschaft vorstellig wird und Aktenordner gesichert werden. Das muss auf aufhören. Der DFB soll sich wieder auf seine Kernaufgabe den Fußball konzentrieren."

Rolf Niggel, stellvertretender Vorsitzender des Bezirks Zollern

"Ob es beim DFB mit Bernd Neuendorf tatsächlich einen Neuanfang gibt, werden die nächsten Monate zeigen müssen, da auch immer noch einige Funktionäre des alten Präsidiums im Amt sind und abgewartet werden muss, wie schnell und in welcher Weise die neuen Präsidiumsmitglieder sich einbringen und durchsetzen können. Vom neuen DFB-Präsidium erwarte ich in erster Linie die zwar immer versprochene, aber nie umgesetzte Transparenz, verbunden mit einer deutlich stärkeren Unterstützung des Amateurfußballs und auch des Ehrenamts. Die Abwahl von Rainer Koch war trotz seiner zahlreichen Verdienste für den Fußball eine notwendige und längst überfällige Maßnahme, die er tragischerweise durch seinen Auftritt beim Bundestag jetzt quasi selbst herbeigeführt hat. Die Entziehung der Ehrenmitgliedschaft von Schröder ist ohne Wenn und Aber völlig richtig und alternativlos."

Gabi Walter, Vertreterin für Frauen- und Mädchensport im Fußballbezirk Böblingen/Calw

"Ich freue mich, dass es endlich eine Frau so weit nach oben geschafft hat. Noch schöner wäre es gewesen, wenn sie Präsidentin geworden wäre. Dass jetzt ein Mann ganz vorne steht, der aus dem Amateurfußball und nicht aus dem Profibereich kommt, finde ich in Ordnung. Ob mit Bernd Neuendorf endlich mal Ruhe in die DFB-Spitze einkehrt, muss man abwarten. Das hatte man sich zuvor bei den anderen auch erhofft, und es ist anders gekommen. Dass Gerhard Schröder die Ehrenmitgliedschaft entzogen wurde, ist völlig richtig. Der DFB hat damit ein richtiges Zeichen gesetzt."

Guido Seelig, Vorsitzender des Fußball-Bezirks Schwarzwald (SBFV)

"Die Wahl von Bernd Neuendorf zum DFB Präsidenten für den Fußball in Deutschland eine gute Entscheidung. Ich habe mit diesem Wahlergebnis gerechnet. Er kommt aus dem Amateurlager, und deshalb erhoffe ich mir durch diese Personalien, dass der Amateurfußball wieder mehr in den Mittelpunkt rückt. Ich bin mir auch sicher, dass beim DFB jetzt wieder etwas mehr Ruhe einkehrt. Für viele überraschend ist, dass es Rainer Koch nicht mehr ins Präsidium geschafft hat. Es ging ja um die Frage, ob mit Rainer Koch beim DFB überhaupt ein Neuanfang möglich ist. Ich glaube, ohne ihn wird der Neuanfang gelingen. Ich möchte es nicht beurteilen, ob es richtig war, Gerhard Schröder die Ehrenmitgliedschaft zu erziehen. Ich glaube aber, dass diese Entscheidung konsequent war."

Rainer Winkler, Bezirksspielleiter im Fußballbezirk Böblingen/Calw

"Bernd Neuendorf kommt vom Amateursport, das kann uns nur guttun. Rainer Koch hat sich mit seiner Rede selbst abgeschossen. Der war sich wohl zu sicher, aber der passt da auch nicht mehr rein. Ich traue Bernd Neuendorf zu, dass er mit seinem neuen Präsidium das schafft, was Fritz Keller nicht geschafft hat, nämlich, dass er da oben endlich mal Ruhe reinbringt. Ein Ehrenmitglied wie Gerhard Schröder braucht der DFB ganz bestimmt nicht."

Arash Yahyaijan, Sportvorstand des FC 08 Villingen

"Es war die richtige Entscheidung, dass Bernd Neuendorf zum neuen Präsidenten gewählt wurde. Ich glaube, dass Rainer Koch kein einfacher Typ ist. Ich hoffe, dass nun beim DFB endlich Ruhe einkehrt. Zudem hoffe ich, dass sich der neue Präsident etwas mehr um uns Amateure kümmert und die Vetterleswirtschaft aufhört. Es war für mich auch richtig, dass der DFB Gerhard Schröder die Ehrenmitgliedschaft entzogen hat."

Holger Kreidler, 1. Vorsitzender SF Salzstetten

"Von Seiten des DFB muss wieder mehr für den Amateurfußball getan werden. Das wurde mir in den letzten Jahren zu sehr vernachlässigt. Das Vertrauen in die Führungsmannschaft des DFB hat doch deutlich gelitten. Dass eine Frau zur Vizepräsidentin gewählt wurde, finde ich richtig gut."

Wolfgang Haug, Vorsitzender des Bezirks Zollern

"Der neue Präsident Bernd Neuendorf ist mir bisher nur aus den Medien bekannt. Vom neuen DFB-Präsidium erwarte ich, dass es Vertrauen in den DFB zurückgewinnt und auf die Belange des Amateurfußballs eingeht. Die Abwahl von Rainer Koch wundert mich nicht. Wie heißt es so schön: Hochmut kommt vor dem Fall. Ich kann es nachvollziehen, dass Gerhard Schröder die Ehrenmitgliedschaft entzogen wurde."

Werner Mann, Spielleiter VfL Stammheim (Calw)

"Ich bin guter Hoffnung, dass Bernd Neuendorf endlich mal Ruhe reinbringt. Auch für ihn ist es sicher schwer, mit den alten Strukturen zu brechen. Aber er kann es mit seinem neuen Präsidium schaffen. Mit Rainer Koch wäre das wohl so weitergegangen. Es geht nicht um Privilegien, es geht um den Fußball. Die Amateure brauchen die Profis, und die Profis brauchen die Amateure. Bernd Neuendorf weiß das."

Matthias Harzer, Bezirksspielleiter im Bezirk Schwarzwald (wfv)

"Ich bin mit der Wahl von Bernd Neuendorf zum neuen DFB-Präsidenten zufrieden und erhoffe mir, dass die Leidenszeit beim DFB damit bald Vergangenheit ist. Dazu gehört als Voraussetzung auch die Abwahl des machtbesessenen Rainer Koch. Jetzt ist der Weg frei. Den Rausschmiss von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder will ich nicht näher kommentieren. Sicher hat er seine Vergangenheit, aber man weiß auch nicht, was da im Hintergrund grad im Hinblick auf seine Verbindungen mit Russland wirklich läuft."