Das Buch "Mein Kampf - 1. Band" von Adolf Hitler wird in einer Ausstellung im Kunstmuseum in Solingen (Nordrhein-Westfalen) gezeigt. Foto: dpa

Mit dem Stopp einer seit Jahren geplanten offiziellen Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ hat die bayerische Staatsregierung überrascht - und teilweise verärgert. Nichtsdestotrotz will das Institut für Zeitgeschichte an der Edition weiterarbeiten.

Mit dem Stopp einer seit Jahren geplanten offiziellen Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ hat die bayerische Staatsregierung überrascht - und teilweise verärgert. Nichtsdestotrotz will das Institut für Zeitgeschichte an der Edition weiterarbeiten.

München - Das Institut für Zeitgeschichte wird nach dem Nein der bayerischen Staatsregierung die Arbeit an seiner wissenschaftlichen Edition von Adolf Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“ in eigener Verantwortung fortsetzen. „Hitler-Texte sind in der Bundesrepublik Deutschland in großer Zahl als zeitgeschichtlich bedeutsame Quellen publiziert worden“, sagte der Direktor des IfZ, Andreas Wirsching, am Mittwoch. Auch „Mein Kampf“ sei eine zentrale Quelle zur Geschichte des Nationalsozialismus. Das Institut wolle die kommentierte Ausgabe zum Ablauf der urheberrechtlichen Sperrfrist Ende 2015 veröffentlichen.

Die bisher nicht erfolgte wissenschaftliche Erschließung von „Mein Kampf“ sei ein starker Wunsch zeithistorischer Forschung, sagte Wirsching. Dem IfZ sei bewusst, dass sich die Arbeit in sensiblem gesellschaftlichem Umfeld bewege. „Insbesondere die Perspektive von Überlebenden des Holocaust ist für uns ein wichtiger Leitfaden.“

Gerade deshalb halten die Wissenschaftler die seit Jahren geplante von Historikern kommentierte Neuausgabe für einen wichtigen Beitrag auch zur Entmystifizierung des Werkes. Schon jetzt sei es im Ausland, in Antiquariaten und im Internet leicht zugänglich. „Aus unserer Sicht muss der nicht kontrollierbaren Verbreitung des Textes dringend eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe mit kritisch-aufklärerischem Standpunkt entgegengehalten werden“, sagte Wirsching.

Kritik über Entscheidung im Münchner Landtag

Die bayerische Staatsregierung hatte überraschend angekündigt, sie wolle die bisher unterstützte Veröffentlichung verhindern. Das Buch sei volksverhetzend. Das Veto löste am Mittwoch auch im Landtag in München Kritik aus. Die Abgeordneten wehrten sich dagegen, dass die Regierung sich über einen einstimmigen Beschluss des Landtags hinwegsetze. „Das ist kein guter Stil“, sagte der Würzburger Abgeordnete und Vorsitzende des Hochschulausschusses Oliver Jörg (CSU). Auch die SPD-Hochschulpolitikerin Isabell Zacharias reagierte verärgert: „Das ist ein Rückschritt.“ Der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr hatte das Vorgehen der Regierung schon zuvor eine „Unverschämtheit erster Güte“ genannt.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte, es spreche nichts gegen die wissenschaftliche Auseinandersetzung. Aber unters Volk bringen will Seehofer das Hitler-Buch nicht: „Die Verbreitung ist vom Tisch“. Kabinettsmitglieder sagten am Rande der Landtagssitzung, eine offizielle Hitler-Ausgabe quasi mit bayerischem Staatswappen könne seltsam wirken.

Die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, begrüßte die Entscheidung der Staatsregierung: „Hitlers Machwerk ist von Hass und Menschenverachtung durchdrungen und erfüllt Experten zufolge den Tatbestand der Volksverhetzung.“ Knobloch hatte am Rande von Seehofers Israel-Reise 2012 mit KZ-Überlebenden gesprochen, die den Veröffentlichungsplan scharf kritisierten.