Saatgut, das man als Werbesendung erhält, sollte man nicht aussäen. Es kann unter Umständen Keime oder Pilze enthalten. (Symbolfoto) Foto: dpa

Experten raten: entsorgen statt aussäen. Saatgut könnte Ökologie gefährden. Absender vermutlich aus Asien.

Region - In den Briefkästen in Deutschland landen seit zwei Monaten mysteriöse Umschläge von einem unbekannten Absender aus China. In den Kuverts befinden sich Pflanzensamen - verpackt in kleine, unscheinbare Tütchen und ohne Kennzeichnung, Lieferschein oder Rechnung. Jetzt warnen mehrere Experten vor dieser Post.

Der Ortsverein Loßburg-Rodt des Vereins der Gartenfreunde wies in einer Mitteilung im Amtsblatt auf die Warnung des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde (BDG) hin: "Entsorgen statt aussäen" lautet die Botschaft. "Wir wollen alle Kleingärtner davor warnen, die Tütchen zu öffnen und die Samen auszusäen", sagt Sandra von Rekowski, Sprecherin des BDG.

Bei dem Inhalt kann es sich laut Julius Kühn-Institut (JKI), dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, um nichteinheimische Pflanzenarten handeln, die das hiesige Ökosystem gefährden könnten. Außerdem könnten sich im Saatgut Krankheitserreger befinden.

Entsorgung nur über den Hausmüll

Sollte ein Gärtner die Samen bereits ausgesät haben, rät Rekowski, die Erde an der entsprechenden Stelle sofort zu entfernen und über den Hausmüll zu entsorgen. "Nur so kann das Saatgut vernichtet werden. Über den Bio-Müll oder den Kompost würden sich die Samen nur verbreiten", betont sie.

Die Tütchen tauchten laut JKI zuerst in den USA auf. Seit Mitte August würden auch Bürger in Deutschland die Sendungen erhalten. "Es handelt sich vermutlich um eine Art Werbeaktion", berichtet Stefanie Hahn, Sprecherin des JKI. "Es sind vor allem Personen betroffen, die zuvor online Saatgut in geringen Mengen bestellt haben", so die Diplom-Biologin. "Dem Brief liegen dann weder Rechnung noch Informationen über die Samen oder den Absender bei." Es sei nur ersichtlich, dass der Brief aus China komme.

Außerdem stünde "Gift for you", zu deutsch "Geschenk für dich", auf den Briefumschlag, so Hahn. Der Empfänger würde außerdem dazu aufgefordert werden, den Versand mit fünf Sternen zu bewerten.

Vier Zustellungen in Baden-Württemberg

Das JKI vermutet, dass es sich bei der Aktion um eine Betrugsmasche handelt. Verkäufer sollen dadurch die Anzahl ihrer Verkäufe, verbunden mit falschen Kundenbewertungen, erhöhen.

Die mysteriösen Briefe seien auch schon in Baden-Württemberg aufgetaucht, berichtet Jörg Jenrich, Sprecher des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe. Drei Meldungen habe das LTZ bereits erhalten. "Es können aber mehr Sendungen nach Baden-Württemberg gelangt sein, ohne dass wir davon erfahren haben" so der Sprecher. "Dabei sollte jede Sendung den Behörden gemeldet werden."

Empfänger in Baden-Württemberg können sich an das LTZ oder an die Polizei wenden. Die Tütchen sollen entweder über den Hausmüll entsorgt oder in einem verschlossenen Umschlag dem Technologiezentrum zugeschickt werden. Dessen Mitarbeiter untersuchen die Samen. Noch sei unklar, um welche Pflanzen es sich dabei handelt, so Jenrich. Hinweise auf einen Schädlingsbefall gebe es bisher jedoch noch nicht.

Der Zoll fängt laut Jenrich bereits viele der Sendungen ab, bevor sie zugestellt werden können. "Für Pflanzensamen aus dem Ausland ist ein Pflanzengesundheitszeugnis erforderlich." Dies liege den Sendungen mit dem Saatgut nicht bei.

Stefanie Hahn vom JKI weist darauf hin, dass viele Brieumschläge immer noch ungehindert den Zoll passieren, da der Inhalt einen zu geringen Wert habe und der Geschenke-Hinweis die Saatgut-Lieferung verschleiern soll. "Es ist eine bewusste Irreführung der Behörden."