Der TV-Streaming-Anbieter Netflix wagt sich an eine eigene deutsche Serie. Foto: AP

Nachdem RTL jüngst mit einer anspruchsvollen deutschen Serie beim Publikum gescheitert war, überrascht die Ankündigung des Streaming-Anbieters Netflix, es nun auch versuchen zu wollen.

Stuttgart - Der „Deutschland 83“-Schock ist immer noch nicht überwunden. Da traut sich ein bisher nicht unbedingt für anspruchsvolle Unterhaltung bekannter Privatsender endlich mal was, strahlt zur besten Sendezeit eine vom internationalen Publikum und den Kritikern bejubelte Fernsehserie über den Kalten Krieg aus – und keiner schaltet ein. Nach dem „Deutschland 83“-Quotendebakel auf RTL könnte man versucht sein, Deutschland als TV-Standort endgültig abzuschreiben, gäbe es da nicht den Streamingdienst Netflix, der die Hoffnung in Deutschland offensichtlich noch nicht aufgegeben hat – und seine erste komplett in Deutschland geschriebene, gedrehte und produzierte Serie in Angriff nimmt: Wie der Sender am Mittwoch im kalifornischen Beverly Hills bekannt gab, wird die erste deutsche Eigenproduktion die Mysteryserie „Dark“.

In der Serie soll es um vier Familien in einer typischen deutschen Kleinstadt gehen. „Als zwei Kinder auf mysteriöse Weise verschwinden wird die vermeintlich heile Welt dieser Familien aus den Fugen gerissen und ein Blick hinter die Fassaden offenbart die dunklen Geheimnisse aller Beteiligten“, heißt es in einer Netflix-Pressemitteilung: „Im Verlauf der zehn einstündigen Folgen bekommt die Tragweite der Ereignisse eine neue Dimension als die Ermittlungen zurück ins Jahr 1986 führen und die Schicksale der vier Familien auf tragische Weise durch Raum und Zeit verknüpft werden.“ Als Regisseur der Serie wurde Baran bo Odar verpflichtet, der zuletzt den Kinothriller „Who Am I – Kein System ist sicher“ mit Tom Schilling und Elyas M’Barek inszeniert hat.

Dass sich Netflix auf den deutschen Markt wagt, kommt nicht überraschend. Schließlich ist Deutschland einer der wichtigsten TV-Märkte der Welt. Bereits im Januar hatte Netflix-Gründer Reed Hastings verraten, dass man derzeit nach Serienstoffen in Deutschland sucht: „Wir sehen uns nach einer Sendung um, haben aber noch nicht das Richtige gefunden.“

Der US-Streamingdienst Netflix hat weltweit über 75 Millionen Abonennten und ist in mehr als 190 Ländern verfügbar. Und längst produziert er seine Stoffe auch außerhalb der USA: Zwischen 2012 und 2014 lief zum Beispiel die Serie „Lilyhammer“ als Koproduktion mit dem norwegischen Fernsehen: Sie erzählte von einem Mafioso (Steve Van Zandt), der sich vor seinen früheren Freunden in der norwegischen Stadt Lillehammer versteckt. Im Mai startet mit „Marseille“ die erste in Frankreich produzierte Netflix-Serie. Gérard Depardieu spielt in dem Politdrama den Bürgermeister der südfranzösischen Stadt.

Die Produktion von „Dark“ beginnt demnächst. 2017 soll die Serie dann weltweit auf Netflix ausgestrahlt werden. Angesichts des globalen Deals wundert es nicht, dass Regisseur Odar ganz aus dem Häuschen ist: „In die Familie aufgenommen zu werden, die so großartige Serien wie ‚House Of Cards‘ und ‚Bloodline‘ hervorgebracht hat, ist uns eine enorme Ehre.“ Auch die Serienautorin Jantje Friese jubelt: „Unglaublich, wie positiv Netflix das Konzept von ‚Dark‘ aufgenommen hat. Wir sind stolz, die Serie in Deutschland zu produzieren und damit Netflix-Abonnenten weltweit zu unterhalten.“ Und Quirin Berg, Produzent und Mitbegründer von Wiedemann & Berg Television („Das Leben der Anderen“), der Firma, die die Mysteryserie im Auftrag von Netflix produzieren wird, sagt: „‚Dark‘ ist ein Meilenstein für den deutschen Markt und für uns als Firma.“