Selten und bedroht: die Moorente. Man will ihr helfen, wieder eine größere Population aufzubauen. Foto: pixabay

Naturschutz-Projekte auf 4300 Hektar Fläche, die sich über zehn Städte und Gemeinden verteilen – das Naturschutzgroßprojekt Baar ist die Mammutaufgabe der Region in Sachen Umweltschutz. Es geht voran – auch wenn die Kreisbewohner eher selten Berührungspunkte mit dem wohl wichtigsten Maßnahmenpaket für die Natur der Region haben.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Es war schon im März 2013, als das Projekt erste Form angenommen hat. Die Baar steckt nicht nur mittendrin im Namen des Landkreises, sie ist als Hochebene auch der Mittelpunkt im Übergang zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb.

Es ist eine besondere Gegend: ein kontinentales Klima mit kalten Wintern und trocken-warmen Sommern wird ihr zugeschrieben. Fast alle Gesteinsschichten, die es im südwestdeutschen Raum üblicherweise gibt, sind hier zu finden. Sowohl die Tier- als auch die Pflanzenwelt sind hier vielfältig. Es klingt hochtrabend – "aufgrund ihrer gesamtstaatlichen und internationalen Bedeutung für den Naturschutz", so heißt es in der Projektbeschreibung, würden hier, in Teilen der Baar und der Baaralb, Naturschutzmaßnahmen von Bund und Land gefördert. Weil sie über national bedeutsame und repräsentative Naturräume verfügt, ist die Gegend besonders wichtig – das Naturschutzgroßprojekt (NGP) Baar war geboren.

Gleich 35 Vogelarten der Roten Liste oder der Vorwarnliste

Die Marschrichtung ist klar: Artenreichtum und Vielfalt sollen erhalten, Lebensräume womöglich sogar verbessert werden. Dabei stehen Waldgebiete ebenso im Fokus wie Trocken- oder Feuchtlebensräume. Für Biologen sind die Baar und die Baaralb das reinste Schatzkästchen. Es gibt dort Nieder- und Zwischenmoore, Feucht- und Nassgrünland, aber auch Waldflächen, die es in sich haben: artenreiche Eichen-Hainbuchen-Wäldern, thermophile Kalk-Buchenwälder, lichte Schneeheide-Kiefernwälder und sogar seltene Orchideen-Bestände in Tannen-Mischwäldern.

Überraschend ist der Blick in die Tierwelt des Projektgebiets. So wurden dort beispielsweise 35 Vogelarten der bundesdeutschen Roten Liste und Vorwarnliste sowie zahlreiche seltene Arten gesichtet – hier überwintern, rasten oder brüten beispielsweise die Grauammer, der Wachtelkönig und das Braunkehlchen sowie der Kiebitz, die Wiesenpieper oder das Schwarzkehlchen, die Bekassine, die Moorente, die Knäkente, der Flussuferläufer, der Alpenstrandläufer, der Gänsesäger und die Kornweihe.

Das große Flattern tiefer am Boden ist nicht minder bedeutsam – rar gewordene Schmetterlings-Arten wie Blauschillernder Feuerfalter, Randring-Perlmutterfalter und Heidemoor-Rindeneule sowie der gefährdete Lilagold-Feuerfalter kommen hier vor, im Wald wurden Gelbringfalter, Helle Eichen-Blütenspanner und Veilchen-Perlmutterfalter gesichtet. Und wer hier nachts so herumflattert, soll im Laufe des Projektzeitraums ebenfalls noch erkundet werden, wobei man Großes erwartet, denn: "für das Gebiet des Unterhölzer Waldes ist aufgrund alter Funddaten von naturschutzfachlich bedeutenden Beständen auszugehen", so die Information des Landratsamtes. Stark gefährdete Libellen-Arten – etwa die Kleine Moosjungfer oder die Gefleckte Smaragdlibelle – und Heuschrecken, die man nicht mehr oft zu sehen bekommt, leben in dem Gebiet. Mindestens 14 Heuschrecken-Arten der bundesweiten Roten Liste und Vorwarnliste sollen es sein und damit über 30 Prozent aller deutschlandweit gefährdeten Arten. Beispiele gefällig? Voilà: die Rotflügelige Schnarrschrecke der Rotleibige Grashüpfer oder der sogar bundesweit stark gefährdete Kleine Heidegrashüpfer. Seltene Sorten der Laufkäfer (Hochmoor-Glanzflachläufer oder Rauchbrauner Nachtläufer beispielsweise), der Ameisen (Glazialrelikte Moor-Knotenameise und Schwarzglänzende Moorameise zum Beispiel) setzen diese Liste fort.

Und Fledermäuse, auf die gilt es nicht nur in Bezug auf Blumbergs Museumsbahn zu achten. Die dort schon für gehörigen Wirbel sorgende Mopsfledermaus ist in der Region nicht alleine – die Bechsteinfledermaus oder die kleine Bartfledermaus gibt es neben anderen auch noch. Und dann schlängelt sich auch noch die Kreuzotter durch das Gebiet.

Und letztlich ist die Region auch ein gedeihlicher Boden für viele Farn und Blütenpflanzen – allen voran die Pfingst-Nelke und das Spatelblättrige Greiskraut – und seltene Moosarten.

Da werden die Moore wiedervernässt und Waldränder ausgelichtet

All das soll auch so bleiben. In Kreistags-, Gemeinderats- und Ortschaftsratssitzungen der Region kommt das Projekt deshalb regelmäßig auf den Tisch. Manchmal, weil weitere Flurstücke gekauft werden müssen, um das Projekt voranzutreiben. Aber auch, wenn etwa ganze Waldgebiete zu Stilllegungsflächen werden – dort darf dann im Wesentlichen nicht mehr durch Menschenhand eingegriffen werden – der Wald soll seiner natürlichen Entwicklung überlassen werden. Auch das soll seltenen Tier- und Pflanzenarten den Fortbestand ermöglichen. Vor allem bei Geisingen, Fürstenberg und in den Wutachflühen finden sich solche Waldgebiete.

An anderer Stelle wird behutsam der Natur mehr Raum gegeben – Waldränder werden aufgelichtet, damit sie sich künftig ökologisch wieder wertvoller, eventuell mit Krautsaum und Strauchgürtel darstellen, zur Beweidung setzt man vielfach auf Moorschnucken, kleine Biotope und Gewässer werden angelegt, geschützte Brutmöglichkeiten für Kiebitze oder Bodenbrüter sowie weiter Vögel geschaffen, Moorbereiche werden wiedervernässt oder Problempflanzen ökologisch wirkungsvoll bekämpft. So unscheinbar viele dieser Maßnahmen augenscheinlich auch sein mögen – denn die meisten davon geschehen von der breiten Öffentlichkeit unbemerkt im Hintergrund – der Fortbestand der Naturschatzkiste des Schwarzwald-Baar-Kreises aber ist ein Pfund, mit dem sich in Zukunft weiter wuchern lässt.

Die Gesamtfläche der Fördergebiete gliedert sich in 17 Teilflächen. Sie verteilen sich über die beiden beteiligten Landkreise und die zehn teilhabenden Kommunen. Im Schwarzwald-Baar-Kreis liegen 81,2 Prozent und im Landkreis Tuttlingen 18,8 Prozent der Förderkulisse.

1: Gaienbühl

2: Mönchsee-Rohrmoos

3: Schwenninger Moos

4: Pfaffenholz

5: Plattenmoos

6: Weißwald

7: Brigachtal

8: Bregtal

9: Deggenreuschen-Rauschachen

10: Riedseen

11: Birkenried-Mittelmeß

12: Unterhölzer Wald

13: Baaralb bei Geisingen

14: Baaralb bei Fürstenberg

15: Aitrachtal

16: Jungviehweide

17: Wutachflühen-Blumberger Pforte