Auf dem Rundwanderweg Wildseeblick hat man viel Schatten und bei Sonnenschein eine gigantische Aussicht. Foto: Nationalpark Schwarzwald / Daniel Müller

Schweizer Forschungsinstitut Dialog N stellt Ergebnisse vor: Mehr Wildnis, mehr Erholung.

Region - Je stärker der Nationalpark verwildert, desto erholsamer wirkt er auf seine Besucher. Diese Prognose erlaubt eine Pilotstudie zum "Wildnis-Erleben im Nationalpark", die Eike von Lindern vom Schweizer Forschungsinstitut Dialog N am Dienstag im Nationalparkzentrum vorstellte.

Für die Studie wurden im Oktober 2018 über vier Tage hinweg 15 mit Fragebögen, GPS-Geräten und Herzfrequenzgurten ausgestattete Personen auf drei ausgewählte Wanderrouten geschickt. Die Kosten dieser externen Studie belaufen sich auf 30.000 Euro. Die dabei erfassten Daten sind mittlerweile ausgewertet und belegen: Das Erleben von Wildnishaftigkeit – von Wildnis kann rein wissenschaftlich kaum noch irgendwo in Europa gesprochen werden – wirkt sich auf die Erholung aus. Die Testpersonen, die ohne sonderliche Ortskenntnisse auf den drei Wanderwegen unterwegs waren, konnten mit messbaren Ergebnissen belegen: Ihr Wohlbefinden hat sich auf den rund vier Kilometer langen Touren gesteigert. Sie waren angeregter, weniger erschöpft und konzentrationsfähiger als zuvor.

Regenwetter stört nicht

Ganz besonders stark ist der Erholungseffekt demnach im 100-jährigen Bannwald auf dem Weg vom Ruhestein zum Wilden See hinunter. Der Wildnispfad bei Baden-Baden hat dem Ergebnis zufolge zwar ein großes Erholungs- Potenzial, aber auch viele "Störstellen" – an denen Verkehrslärm die erholsame Stille stört.

Auf der Schliffkopfrunde fiel besonders auf: Regenwetter tut dem Erholung dort keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Dort verstärkt Schlechtwetter offenbar die mythische Wahrnehmung der Grindenlandschaft und das wiederum wirkt sich erholsam aus.

Für Kerstin Ensinger, Leiterin der sozialwissenschaftlichen Forschung im Nationalpark, ist die Praxisrelevanz dieser Aufbau-Studie von besonderer Bedeutung. Nachdem eine erste Studie im Nationalpark 2016 bereits nachgewiesen hatte, dass ein Aufenthalt im Wald erholsam ist, wurde jetzt die besondere Relevanz der sich selbst überlassenen, wieder verwildernden Natur herausgestellt. Auf diese Aspekte will Charly Ebel, Leiter des Bereichs Besucherinformation, bei der Weiter-Entwicklung des Erholungs- und Bildungsprogramms im Nationalpark ganz besonders eingehen. Zumal der herausragende Erholungswert des Wilden Sees aufgrund der wissenschaftlichen Datenbasis identisch ist mit den Rückmeldungen, das er dort immer wieder von Besuchern erhält: "Diese Erholung fühlt man. Dieses Gefühl ist unabhängig davon, ob man besondere Tierarten oder dergleichen erkannt hat." Jetzt müsse man die Gratwanderung meistern: Menschen durch zunehmende Wildnis begeistern und gleichzeitig darauf achten, dass diese dabei nicht zerstört werde.