Frauen, die nach der Familienphase wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen, werden für die Wirtschaft immer wichtiger
Von Sebastian Bernklau Nagold. Davor hat sie richtig Bammel. Mit 40 noch einmal in die Berufsschule? Dort, wo die Lehrer inzwischen jünger sind als sie? Doch Carmela Tunc schiebt alle Bedenken beiseite. Sie will das unbedingt durchziehen. Sie will wieder einen Job und eine gute Arbeit. Lange ist es her, dass sie Abitur gemacht hat, ihre Ausbildung als Erzieherin begonnen und abgebrochen hat. Dann hat sie ihre Kinder bekommen, war lange aus dem Berufsleben heraus. Doch jetzt, mit 40, die Kinder sind inzwischen fast alle erwachsen, will sie es wissen, will zurück ins Berufsleben.
"Wenn ich mit 40 wieder anfange, muss es das Richtige sein"
Es soll nicht irgendein Job sein. "Wenn ich mit 40 wieder anfange, dann muss es wirklich das Richtige sein", stellt sie klar. Kauffrau für Bürokommunikation will sie werden. Sie bewirbt sich. Und schon die zweite Bewerbung hat Erfolg. Ihr selbstbewusstes Auftreten überzeugt. "Der Betrieb brauchte jemanden, der mitten im Leben steht", erzählt sie. Und schon jetzt ist klar. Diese Ausbildung wird eine Erfolgsgeschichte. Sie bekommt schon Leitungsaufgaben übertragen, eine Übernahme in den Betrieb hat man ihr schon fest zugesichert.
Wiedereinsteigerinnen wie Carmela Tunc werden angesichts des drohend heraufziehenden Fachkräftemangels für die Arbeitgeber auch im Nordschwarzwald immer wichtiger. Das weiß Monika Kalmbach ganz genau. Sie ist in der Nagolder Agentur für Arbeit für die Wiedereinsteigerinnen verantwortlich. Sie weiß aber auch, dass so mancher berufliche Neuanfang von Müttern in seinem Elan gestoppt wird, weil ein solcher Neueinstieg eben gut organisiert sein will – das reicht bis zur Klärung der Betreuungsfrage für die Kinder. Deshalb ist viel Beratung und viel Information gefragt. Die gibt es nicht nur bei der Agentur vor Ort. Schon im Internet können sich Frauen, die den Schritt wagen wollen, schlau machen. "Dazu hat die Bundesagentur eine Homepage unter der Adresse www.perspektive-wiedereinstieg.de eingerichtet", informiert der neue Chef der Nagolder Arbeitsagentur Ulrich Viertl, der die Arbeit von Monika Kalmbach voll unterstützt.
Ein Teil von deren Arbeit besteht darin, den Frauen die Weiterbildung zu vermitteln, die sie brauchen. Auch die 33-jährige Kathrin Köhler hat von dieser Beratung profitiert. Als ihr Kind in den Kindergarten kommt, entscheidet sich die gelernte Bauzeichnerin, wieder einzusteigen und die achtmonatige Weiterbildung zur Kaufmännischen EDV-Sachbearbeiterin zu beginnen. Trotz des spontanen Einstiegs bekommt sie die Organisation von Ausbildung und Familie schnell in den Griff. "Wenn einem das wichtig ist, bekommt man das auch hin", sagt sie selbstbewusst. In der Weiterbildung ist sie eine der letzten, die eine Praktikumsstelle bekommt, doch diese Stelle hat den Vorteil, dass die 33-Jährige die Zusage für eine Festanstellung bekommt.
Noch spontaner schafft Monika Falkenthal (49) ihren Weg aus der 15 Jahre dauernden Familienzeit zurück in den Beruf. Eine Zeitungsnotiz ist es, die die vierfache Mutter auf die Fortbildung aufmerksam macht. Nach einer Beratung mit dem Familienrat steigt sie in die Fortbildung zur Kaufmännischen EDV-Sachbearbeiterin ein. "Und da bin ich richtig aufgeblüht", erzählt sie, die alles, was sie im Kurs lernt, im Job auch braucht. Inzwischen ist sie Geschäftsstellenleiterin der Energieberater im Kreis Calw.
Nach kurzen Familienphasen wird Susanne Schmid (47) in zwei Jobs zweimal gekündigt. Unmittelbar nach der zweiten Kündigung steigt sie in die Weiterbildung ein und noch während des Kurses findet sie eine neue Stelle, in die sie sich parallel zur Fortbildung einarbeitet.
Vier Geschichten von ganz verschiedenen Müttern, die zurück im Beruf sind. Von vier Frauen, die den Schritt gewagt haben, Hilfe bekommen und so einen Neuanfang geschafft haben – für sich und für ihre Familien.
Weitere Informationen: gibt es bei der Nagolder Arbeitsagentur oder unter www.perspektive-wiedereinstieg.de
