Noch breitet sich der Löwenzahn auf der Wiese aus, doch der Gemeinderat fällte den Baubeschluss für die neue Kita im Riedbrunnen. Foto: Fritsch

Einstimmiger Baubeschluss für Neubau im Riedbrunnen. Auftragsvergabe für Rohbau aber "unter Vorbehalt".

Nagold - Die zweite Kita am Riedbrunnen kommt – trotz der Proteste der Anwohner, die sich durch den Bau untermittelbar an ihren Grundstücksgrenzen gestört fühlen. Der Gemeinderat fasste auf seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl den formalen Baubeschluss dazu – einstimmig.

Tenor der Redebeiträge aller Fraktionen: Man hat Verständnis für die Einwände der unmittelbar betroffenen Nachbarn – von denen einige als Zuhörer die Gemeinderatssitzung verfolgten. Denn dort, wo sie bisher eine Wiese vor ihren Fenstern hätten, soll nun unmittelbar die neue Kita für insgesamt gut 70 Kinder entstehen. Aber die Stadt Nagold habe keine Alternativen – und auch eine gewissen Zeitnot, da die Nachfrage nach freien Kita-Plätzen in der Stadt kontinuierlich steigt. Und es ja bekanntlich einen Rechtsanspruch der Eltern auf einen Kita-Platz ihrer Kinder gebe, den die Stadt zu erfüllen habe.

So verwies auch Brigitte Loyal (Grüne) als erste Rednerin zum Thema darauf, dass "Nagold wächst" – und es bereits "fünf nach Zwölf" sei bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs der Eltern auf Kita-Plätze. "Wir sind in einer prekären Situation", so Loyals Einschätzung. Man sehe die berechtigten Einwände der Nachbarn – gerade was die zu schaffende Strukturen für den Lieferverkehr zu und von der künftigen Kita betreffe. Aber die später 70 Kinder bräuchten eine ausreichende Infrastruktur, wenn zum Beispiel für das Mittagessen der Caterer das Gebäude anfahre. "Da wird es sehr schwierig, irgendwelche Einwände noch zu berücksichtigen." Loyals Resümee: "Wir müssen bauen!" Was Oberbürgermeister Jürgen Großmann bei den üblichen Kontroversen im Rat als Votum der Grünen pro neuer Kita irgendwie nicht so recht glauben mochte – weshalb er noch einmal ausdrücklich nachfragte: "Das meint Zustimmung?" – Loyal bejahte, was dann auch die später einstimmige Abstimmung bestätigte.

"Wir bauen nur zweigeschossig"

Bernd Gorenflo (SPD) harkte noch nach, welche Stelle im Rathaus die von Anwohnern im Schwarzwälder Boten behauptete Aussage getroffen habe, das Grundstück werde nicht bebaut. Die Antwort des OBs hier: "Das wissen wir nicht", man könne sich eigentlich auch nicht vorstellen, dass eine solche Aussage getroffen worden sein soll, "weil der Bebauungsplan da ja sehr klar" formuliert sei. Und den hätte ja auch jeder jederzeit einsehen können.

In dem Bebauungsplan sei zudem festgelegt, so der OB weiter, dass eine Bebauung auf dem Grundstück, auf dem jetzt die neue Kita entstehen soll, sogar bis zu viergeschossig möglich sei. "Wir bauen nur zweigeschossig", das sei schon irgendwie ein Entgegenkommen den Anwohnern gegenüber. Auch die Abstände zu den umliegenden, anderen Grundstücken und Bebauungen entsprächen "absolut" den im Bebauungsplan festgesetzten Maßen. Im Gegenteil, schöpfe man sogar auch hier bei weiten nicht die "noch enger" möglichen Grenzen aus. Außerdem sei es auch so, dass die übrigen Bauten im Riedbrunnen auch diese sehr dichte Bebauung zu den Nachbargrundstücken realisierten, auch jene, in denen sich jetzt der Protest gegen die Kita formiert habe.

Wolfgang Schäfer (CDU-Fraktionssprecher) sah ebenfalls die unbedingte Notwendigkeit: "Wir müssen bauen." Die jetzt gestartete Diskussion wegen der Proteste der Anwohner müsse man aus seiner Sicht "mit der gebotenen Nüchternheit betrachten". Auch wenn auch er Verständnis für die Nachbarn habe und deren Ärger gut nachvollziehen könne, "sollten wir nicht nachgeben".

"Ein erhebliches Entgegenkommen"

Die aktuellen Planungen stellten "bereits ein erhebliches Entgegenkommen" dar, da man nicht so hoch baue wie möglich und nicht so nah an die Grundstücksgrenzen gehe wie erlaubt. Sollte der Streit mit den Nachbarn eskalieren, empfiehlt Schäfer, "alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen", die aktuellen Planungen durchzusetzen.

Jürgen Gutekunst (FDP-Fraktionssprecher) wollte zudem "die sehr hochwertige" Bauausführung und Architektur des geplanten Neubaus mit Blick auf die Wirkung für die Nachbarschaft gewürdigt sehen. Thomas Ebinger (Grüne) regte zudem an, die geplanten Fassaden des in Holzständer-Bauweise auszuführenden Baus später vielleicht für eine Begrünung vorzusehen, um so die optische Wirkung weiter aufzuwerten – was von der Verwaltung als Anregung auch aufgegriffen werden wird, so die Zusage von OB Großmann. Michael Stikel (FWV) schließlich verwies auf sein "Lieblingsthema" im Gremium: das "Maß der Verdichtung", das aus seiner Sicht "bei vielen Planungen" in der Stadt regelmäßig deutlich überschritten werde. Aber just bei diesem Bau sehe er "das Maß an Verdichtung nicht ausgeschöpft", weshalb auch er den Planungen bedingungslos zustimme.

Bei soviel Einigkeit im Gemeinderat war neben dem einstimmigen Baubeschluss auch die auf der Tagesordnung direkt anschließend anstehende Vergabe der Rohbauarbeiten für die neue Kita nur noch eine Formalie – und erfolgte ebenfalls einstimmig, wobei die Vergabesumme mit knapp 270 000 Euro unter dem Planungsansatz von rund 295 000 Euro blieb. Allerdings, so die Erläuterung von OB Großmann, stehe die Vergabe noch unter einem Vorbehalt der abschließenden Prüfung – in Abstimmung mit den Anwohnern –, ob der Bau wie geplant tatsächlich "im Rahmen der Möglichkeiten des Baurechts" bleibe – falls es nun doch tatsächlich zum Rechtsstreit mit den Anwohnern komme.