Zwei-Personen-Theater "Gut gegen Nordwind" bringt digitale Liebesgeschichte auf Bühne
Von Nadine Schleeh
Jettingen. "Wenn man E-Mails verschickt, kann alles Mögliche passieren." Mit diesen Worten begrüßte Sabrina Protschka im Namen des Volkshochschule Jettingen die zahlreichen Gäste zum Auftritt des Zwei-Personen-Theaters "Gut gegen Nordwind". Dass eine irrtümlich in die Kundenkartei gerutschte E-Mail Beginn einer innigen virtuellen Beziehung sein kann, durften an diesem Theaterabend all diejenigen erfahren, die die dazugehörige Romanvorlage noch nicht kannten.
Den beiden Darstellern Ute Hoffmann und Thomas Hassler gelang es dabei, das Publikum über zwei Stunden hinweg die virtuellen Liebesdialoge von Leo Leike und Emmi Rother regelrecht miterleben zu lassen.
So mancher mag sich vor der Aufführung kritisch die Frage gestellt haben, wie die Theaterinszenierung einer Buchvorlage gelingen kann, die schlicht aus dem E-Mail-Verkehr zweier Personen besteht. "Computer startet" erschien auf dem projizierten Bildschirm, und bereits nach wenigen Minuten war dann klar: Daniel Glattauers Roman "Gut gegen Nordwind" funktioniert auch auf der Bühne.
Die Komposition aus einem Monitor, einem Tisch voller Frauenschuhe, Computertönen, Whiskey und Rotwein genügten, um den E-Mail-Austausch von Leo und Emmi zu einem humorvollem, emotionsgeladenen und lebendigen Dialog entfalten zu lassen. Begonnen hatte der Dialog mit Emmi Rother, die lediglich ihr Zeitungs-Abo kündigen wollte. Doch dank ihrer "Vorliebe für den Buchstaben E auf der Tastatur" landete ihre E-Mail nicht bei der Zeitschrift "Like" sondern bei Leo "Leike". Dieser antwortet aus Höflichkeit und bringt damit den Ball ins Rollen.
Nach zehn E-Mails ist das Interesse füreinander gestiegen, und die Spekulationen über den virtuellen Gegenschreiber beginnen. "Mit 30 heißt man nicht Emmi. Fazit: Sie schreiben wie 30, sind 42 und wiegen 100 Kilogramm, stimmt’s?", fragte sich Leo. Und obwohl diese Frage nie durch ein persönliches Kennenlernen geklärt werden konnte, entwickelte sich eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, bei der selbst erotische Momente über den Computer geteilt wurden. Denn: "Schreiben ist wie Küssen, nur ohne Lippen."
Den ganzen Abend über blieb der Zuschauer so Zaungast der beiden Gefühlswelten von Emmi und Leo. Trotz ihrer virtuellen Trennung und keinem direkten Blickkontakt, war die emotionale Nähe der beiden Schauspieler auf der Bühne spürbar. Von wütend bis zärtlich, von trotzig bis hingebungsvoll, von lässig bis verzweifelt, von unfassbar komisch bis unendlich traurig: Ute Hoffmann und Thomas Hassler ließen keine Gefühlslage aus und glänzten in ihrer Theaterdarstellung des Bestsellers.
So genoss das Jettinger Publikum einen Theaterabend der "Kommunikation im luftleeren Raum", der geradezu vor Emotion und Unterhaltung sprudelte.