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In diesem Jahr noch kein Tag Regelbetrieb. Markt für Fachkräfte ist "leergefegt". Personalkosten steigen.

Nagold - Fachkräftemangel erschwert die Arbeit in den städtischen Kindertagesstätten. Der Markt sei leergefegt, war in der Sitzung des Kultur-, Umwelt- und Sozialausschusses (Kusa) zu erfahren.

"Ein Regelbetrieb mit allen pädagogischen Fachkräften ist in diesem Jahr noch nicht gelungen." Lucia Gerstner, die neue Leiterin des Amtes für Bildung und Betreuung, zeichnete in der Sitzung ein eher düsteres Bild von der aktuellen Personalsituation in den 13 städtischen Kitas.

Auf der Tagesordnung stand der "Situationsbericht der Kindertagesstätten 2016". Zur Zeit beschäftigt die Stadt in ihren Kitas 92 pädagogische Fachkräfte im Gruppendienst und als Zusatzkräfte für Sprachförderung und Integration. Das seien, so Gerstner, doppelt soviele Mitarbeiter wie noch vor drei Jahren. In der Zahl enthalten seien auch die zwei Erzieherinnen im Anerkennungsjahr. Zugerechnet werden müssten aber eigentlich noch sechs Erzieherinnen in der Ausbildung (PIA; praxisintegrierte Ausbildung) und drei FSJ-Stellen (Freiwilliges Soziales Jahr) sowie zahlreiche Praktikanten-Stellen, die für Fachschüler der Annemarie-Lindner-Schule oder anderer Schulen jedes Jahr bereitgestellt würden.

Schietinger Kindergarten zeitweise geschlossen

Trotz dieser breiten Personalbasis sei die Beschäftigungssituation an den städtischen Kitas derzeit unbefriedigend, so Gerstner. Grund seien eine relativ hohe Fluktuation bei den Beschäftigten, verschiedene Langzeiterkrankungen und auch Beschäftigungsverbote – wobei Gerstner auf Nachfrage erläuterte, dass letztere etwa regelmäßig aus medizinischen Gründen für schwangere Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen ausgesprochen würden. Beispielsweise musste die Kita Schietingen aufgrund von Personalausfällen im vergangenem Jahr von September bis Dezember ganz geschlossen werden, da man vor Ort keine Vertretung mehr organisiert bekam. In der Zeit wurden die Schietinger Kinder stattdessen in der Kita Gündringen mitbetreut, was funktioniert habe, da die Schietinger Kita eine eher niedrige Zahl von zu betreuenden Kindern habe. Gerstner berichtete, dass sie und ihre Mitarbeiter quasi im Dauereinsatz seien, um vakante Stellen in den Kitas schnellstmöglich zu ersetzen. "Doch der Markt ist relativ leergefegt", so Gerstner.

Weshalb man auch nach internen Lösungen suche, etwa durch die frühzeitige Übernahme von Auszubildenden. Oder die zumindest zeitweise Aufstockung von sogenannten "Springer-Kräften", die üblicherweise für Urlaubs- und Krankenvertretungen eingesetzt würden, auf 100-Prozent-Verträge. So geschehen etwa in der Kita "Hohe Straße 5", wo man für ein halbes Jahr auf eine solche Lösung setzen musste. Ansonsten würden nur "jede Menge Überstunden" und das Aufschieben von Urlaubsansprüchen helfen, die "hohe Qualität in der pädagogischen Betreuung der Kinder" aufrechtzuerhalten.

Langfristig muss Personalstamm weiter ausgebaut werden

Langfristig werde man aber nicht darum herumkommen, den Personalstamm für die Kindertagesstätten etwa durch zusätzliche Springer-Kräfte als Vertretungen auszubauen. "Es gibt keinen Tag, an dem unsere Springer-Kräfte aktuell nicht im Einsatz sind." Auf Nachfrage von Gemeinderat Bernd Gorenflo (Grüne), was dabei die Zielgröße für zusätzliche Springer-Kräfte sei, rechnete die Leiterin des Amtes für Bildung und Betreuung vor, dass man mindestens zwei solcher Vertretungsmitarbeiterinnen bräuchte. Auch, weil man sich in Zukunft mit einem weiteren Ausbau des Angebots etwa bei den Ganztagsbetreuungen zu befassen haben werde.

Klar, dass bei einem solch rasant wachsenden Bedarf, aber auch aufgrund der jüngsten Tarifverhandlungen im Sozial- und Erziehungsbereich des Öffentlichen Dienstes, sich die finanziellen Belastungen für den städtischen Haushalt erhöht haben. So habe man im laufenden Kindergartenjahr bereits jetzt einen Mehrbedarf von rund 66 000 Euro für Personalkosten.

Gündringens Ortsvorsteher Gregor Carl interessierte derweil, ob der dortige Kindergarten darauf vorbereitet sei, wenn mit dem Bezug der im Bau befindlichen Flüchtlingsunterkunft im Ort etwa vermehrt auch Familien mit Kindern Kita-Plätze nachfragten. "Die Situation würden wir uns wünschen", so OB Jürgen Großmann. "Da wir aktuell eher mit allein reisenden Männern rechnen." Käme es aber zu einem Mehrbedarf an Kita-Plätzen aufgrund entsprechender Zuweisungen bei den Flüchtlingen, "werden wir auf jeden Fall angemessen darauf regieren", so Großmann. Und die notwendigen Kapazitäten kurzfristig schaffen. Denn: "Die Kita-Versorgung hat immer höchste Priorität" für Nagold als kinder- und familienfreundliche Stadt.