Im Gebäude der tec21 GmbH ist unter anderem das NETZ eingemietet. Foto: Fritsch

Gemeinderat will das Existenzgründerzentrum auf dem Wolfsberg nur in stark verkleinerter Form erhalten. Mit Kommentar.

Nagold - Ist das der Einstieg in den Ausstieg? Die Stadt Nagold will das städtische Existenzgründungszentrum NETZ deutlich zurückfahren. Plänen, es ganz zu schließen, erteilte der Gemeinderat aber eine Absage.

Es war viele Jahre ein Aushängeschild für den Wirtschaftsstandort Nagold, das Nagolder Existenzgründer- und Technologiezentrum – kurz NETZ genannt. Und zumindest in den nächsten drei Jahren wird es weiter bestehen. Der Nagolder Gemeinderat hat aber beschlossen, das NETZ räumlich stark herunterzufahren. Damit sinkt auch der städtische Zuschuss an die Einrichtung auf maximal rund 30.000 Euro im Jahr – das bisherige NETZ wird jährlich meist mit mehr als 100.000 Euro bezuschusst.

Dieser Ausstieg auf Raten war absehbar. Bereits mit Beginn dieses Jahres hatte sich die Organisationsstruktur im NETZ verändert. War bisher die Steinbeisstiftung mit dem Management des NETZ beschäftigt, so kehrte die Organisation nun in die Hände der städtischen Wirtschaftsförderung zurück. Im Mai noch hatte Wirtschaftsförderin Simone Hurtz phänomenal gute NETZ-Zahlen vorgelegt: Auf 97,4 Prozent berechnete sie die Auslastung. Doch auch Hurtz war klar, Auslastung ist nicht alles. Denn die alles entscheidende Frage ist, ob im NETZ wirklich auch Existenzgründer bedient werden, und wenn ja, ob die städtische Zuschusssumme das auch rechtfertigt. Und rein gründertechnisch sieht es im NETZ schon länger eher mager aus. 2007 und 2008 gab es nur einen Gründer, 2009 waren es drei, 2011 gab es gar keinen Gründer im Haus, 2010, 2012 und auch in diesem Jahr liegt man bei zwei Gründern. Dabei versteht man unter einem Gründer ein Unternehmen, das nicht älter als zwei Jahre ist. Mehr als die Hälfte der eingemieteten Unternehmen aber sind etablierte Firmen.

In der Sitzung des Nagolder Gemeinderats war denn auch eine Weiterführung des NETZ in seiner jetzigen Größenordnung kein Thema mehr. Hurtz selbst schlug vor, die derzeit gut 1200 Quadratmeter, die das NETZ von der tec 21 GmbH angemietet hat, auf rund 250 Quadratmeter zu senken. Drei bis vier Büros und ein Seminarraum sollen von den einst 19 Büroräumen noch als NETZ auf dem Wolfsberg verbleiben. Zwei bis drei Existenzgründer könnte man so noch im Haus betreuen. Hurtz machte aber auch deutlich, wie wichtig das NETZ für den Wirtschaftsstandort Nagold sei, gerade auch aus Image-Gründen. "Ein Existenzgründungszentrum ist wichtig für ein wirtschaftsfreundliches Klima und damit ein wichtiger Standortfaktor", ist sie überzeugt.

"Für einen attraktiven Wirtschaftsstandort ist die psychologische Wirkung des NETZ nicht zu unterschätzen"

Mehrheitlich sieht das der Gemeinderat ebenso. Für den Antrag von Jürgen Gutekunst (FDP/Grüne), das NETZ komplett zu schließen, stimmten lediglich sieben Stadträte.

"Es komplett einzustellen, wäre unverantwortlich", sagte zum Beispiel Rainer Schmid (SPD). Und wenn auch CDU-Rat Wolfgang Schäfer der kompletten Einstellung des NETZ "eine gewisse Sympathie" entgegenbringen konnte, folgte er letztlich dem Ansinnen der Verwaltung: "Wir können mit dem Kompromiss für eine überschaubare Zeit von zwei Jahren leben." Eine Weiterführung in abgespeckter Form, das ist für Siegrid Plaschke (FWV) dagegen inkonsequent. Es gelte neue Wege zu gehen. Jürgen Gutekunst (FDP/Grüne) wollte hingegen nur die Marke NETZ erhalten, das Gebäude NETZ brauche man eigentlich nicht.

OB Jürgen Großmann warb für das Verwaltungsmodell: "Für einen attraktiven Wirtschaftsstandort ist die psychologische Wirkung des NETZ nicht zu unterschätzen." Nun geht die Stadt in Verhandlungen mit dem Hausbesitzer. Ab Mai nächsten Jahres soll das verkleinerte NETZ dann in Betrieb gehen – zunächst nur für zwei Jahre. Dann steht die nächste Bilanz an.

Kommentar: Zu kostbar

Von Heiko Hofmann

Das Nagolder Existenzgründer- und Technologiezentrum (NETZ) im Industriepark Wolfsberg hat einen guten Ruf. Und so tut Nagold gut daran, das NETZ nicht im Schnellverfahren einzustampfen. Dafür ist die über Jahre gepflegte Marke einfach zu kostbar.

Der Beschluss, das NETZ stark zu verkleinern, ist dennoch richtig. Denn für ein städtisch subventioniertes Gründungszentrum hat das NETZ ein großes Problem: Es fehlen die Gründer. So entwickelte man sich immer mehr zum reinen Vermieter von Räumen. Ist das noch eine städtische Aufgabe?

Zwei Jahre gibt es nun also ein Mini-NETZ. Dann will der Gemeinderat erneut Bilanz ziehen. Auch räumliche Veränderungen dürfen nicht tabu sein: NETZ und städtische Wirtschaftsförderung unter einem Dach? Der Gedanke hat etwas – es muss ja nicht unterm engen Rathaus-Dach sein.