"Wa(h)r was?", frägt Mike Jörg bei seinem Jahresrückblick in die Runde. Foto: Geisel

Mike Jörg unterhält Zuschauer in der Alten Seminarturnhalle. Vorgehaltener Spiegel ist deutlich.

Nagold - Kritisch, ohne ein Blatt vor dem Mund, nahm sich Mike Jörg in seinem Jahresrückblick eine ganze Latte aktueller Themen vor. Mit seinem Programm "Wa(h)r was?" stand er am Samstagabend auf der Bühne der Alten Seminarturnhalle.

Die Stille während des Auftritts des Nagolder Kabarettisten mochte zunächst ein wenig verwundern. Etwa 120 Besucher schmunzelten hin und wieder, lachten verhalten, waren jedoch die meiste Zeit still, hörten zu, machten ein ernstes Gesicht. Es war kaum ein Wunder, denn zu lachen gab es bei Mike Jörgs Jahresrückblick nicht viel.

Sicher, Pointen kamen einige und das auch gezielt. Aber die Themen waren wohl zu ernst, kamen zu schnell hintereinander, zu geballt bei diesem Maß an Ernsthaftigkeit. Der vorgehaltene Spiegel war zu deutlich.

Denn bei Jörg bekamen nicht nur Politiker ihr Fett weg. Er zeigte sich gesellschaftskritisch und handelte dabei ehrlich, deutlich und satirisch viele Themen ab. In dem ein oder anderen fanden sich die Besucher sicher wieder.

Ein bedrückendes Gefühl, wenn Mike Jörg vom ökologischen Fußabdruck, Eigenverantwortung und heuchlerischem Verhalten spricht und dabei den Augenkontakt zu den Männern und Frauen an den Bistrotischen sucht.

Würden sich zwei Planeten unterhalten, wäre der Homo sapiens für sie eine Krankheit, die sie befällt

Beim Gedanken an 2017 und den neuen Präsidenten der USA schlug Jörg die Handfläche gegen die Stirn. Als er an die Rückkehr des Wolfes dachte, fragte er sich, ob die Menschen im Schwarzwald nicht ein bisschen zu empfindlich sind. Das Entsetzen war ihm anzumerken, als er von einem Mordfall berichtete, für den sich die Täter ein Vorbild am Fernsehprogramm genommen haben.

Ein Lachen wäre definitiv fehl am Platz gewesen, während Mike Jörg von einer Rentnerin sprach, die für ihren geplanten Suizid zunächst verschiedene selbstgewonnene Gifte an ihren Mitbewohnern im Seniorenheim testete. Was Gaffen anrichten, wie es Ersthilfe erschweren oder die Menschen zum Filmen statt zum Einschreiten verleiten kann, ließ so manchen einmal tief und schwer atmen.

Würden sich zwei Planeten unterhalten, wäre der Homo sapiens für sie eine Krankheit, die sie befällt. Und von uns gibt es viele, rund 7,6 Milliarden. Wären die Menschen Karnickel, "hätte schon lange einer Gift ausgelegt", schätzte Mike Jörg. "Was ist los mit dem Homo sapiens? Fehlt uns die Kraft oder die Fantasie, um um die Zukunft zu kämpfen?" Ernste Fragen, die der Kabarettist aufwarf. Doch was tun?

Jörg gab Beispiele aus dem Tierreich, bei denen Optimisten wesentlich länger in ausweglosen Situationen durchhielten. Ein Frosch, der in Milch zu ertrinken drohte, rettete sich, weil er in der Hoffnung, der Bauer käme ihm zu Hilfe, lange genug strampelte, dass er unter sich plötzlich Butter hatte. Und mit dieser Botschaft schickte Mike Jörg sein überwältigtes, beeindrucktes und zum Schluss auch kräftig applaudierendes Publikum nach Hause: "Irgendwas hilft uns immer."