Findet Nagold einfach klasse: Anatol aus Longwy. Foto: Wind Foto: Schwarzwälder Bote

Youz: Anatol Lamarque aus Longwy kommt jeden Sommer nach Nagold / Diesmal bleibt er drei Monate

Sommerferien – das bedeutet für Anatol Lamarque seit einigen Jahren ein Wiedersehen mit Nagold. Seit einem Schüleraustausch zieht es den 20-jährigen Franzosen aus Longwy immer wieder in die Partnerstadt.

Nagold. "Es ist komisch", sagt Anatol Lamarque beim Gespräch im Youz – wo er zur Zeit einen dreimonatigen Freiwilligendienst leistet. "Ich habe nie verstanden, wenn andere gesagt haben, dass sie eine Stadt lieben. Aber bei Nagold ist es mir dann auch passiert."

Anatol hat sich beim Schüleraustausch – ob es nun 2013 oder 2014 war weiß er nicht mehr – zwischen Nagold und Longwy in die Stadt verliebt. Nach seiner Woche in Deutschland, während der er auch Gert Hufschmidt vom Nagolder Youz kennenlernte, wollte er unbedingt wieder kommen. Ein Vorhaben, das Hufschmidt gut verstehen kann: Vor 35 Jahren traf er schließlich beim Schulaustausch mit Longwy seine heutige Frau. Also lud Hufschmidt den jungen Franzosen fortan jeden Sommer für zwei Wochen nach Nagold ein – wo er sich als Betreuer bei der Pfrondorfer Daxburg engagierte.

Anatol, der inzwischen in Grenoble ein Informatikstudium absolviert, möchte aber sein Deutsch weiter verbessern. Er möchte später gerne eine Zeit lang in Deutschland arbeiten – am Liebsten in Sindelfingen oder Stuttgart. "Wenn ich zwei Wochen hier bin, brauche ich die erste Woche, um überhaupt wieder ins Deutsche reinzukommen", erklärt er. Dabei lerne er einfach zu wenig dazu. Darum bleibt er diesen Sommer ganze drei Monate in Nagold. Unterkunft und ein Taschengeld bekommt er in dieser Zeit durch seinen Freiwilligendienst über das Youz. Dafür hilft Anatol bei drei Projekten. Momentan unterstützt er das Youz-Team bei der Nachmittagsbetreuung von Schülern. Im Juli wird er gemeinsam mit zwei anderen Freiwilligen zwei Wochen lang ein internationales Workcamp leiten. Und natürlich ist Anatol auch in diesem Jahr als Betreuer bei der Daxburg dabei. Die anderen Betreuer sind über die Jahre seine Freunde geworden.

Und auch sonst fühlt er sich in Nagold zuhause: "Ich hab hier gelacht, geweint und geliebt – in Nagold ist einfach alles schöner", schwärmt er: "Ich habe hier fast eine zweite Familie." Aber an zwei Dinge kann er sich nicht gewöhnen: die wenigen Zebrastreifen und die Zigarettenautomaten. "Die gibt es nur in Deutschland." Auch mit dem schwäbischen Dialekt hapert es noch. So hat Anatol keine Vorstellung des Bürgertheaters besucht – obwohl er geschichtlich sehr interessiert ist. "Ich war vor zwei Jahren da und habe nichts verstanden", sagt er und fügt schmunzelnd hinzu: "Noch nicht mal das, was damals auf Französisch gesprochen wurde." Den Sommer über wird er nun reichlich Gelegenheit haben, das Schwäbische besser kennenzulernen.

Wenn er nächstes Jahr sein Masterstudium in Paris beginnt, will Anatol wieder kommen – dann sechs Monate für ein Praktikum bei Daimler oder Bosch.