Gekonnt zieht Wommy Wonder ihr Publikum in der Seminarturnhalle mit ein. Es wird die Multifunktionsdiva später mit stehenden Ovationen feiern. Foto: Thienes

Wommy Wonder erweist sich als schlafwandlerische Meisterin der Nuancen.

Nagold - Von den Eltern auf einem Sonntagsspaziergang ausgesetzt, wurde der Bauerntrampel von der Alb doch noch Dame – und was für eine: Drall, üppig, lebenshungrig nimmt Wommy Wonder ihr Publikum mit in ihre wunderliche, wunderbare Welt der Travestie, voller Witz, Wahn und Weltschmerz.

Sie wuchert mit ihren Pfunden und meistert dabei traumwandlerisch feinste Nuancen. Kein Wunder, entlässt die Seminarturnhalle diese mondäne Erscheinung nicht ohne stehende Ovationen. Diese liebenswerte wie gemeine Wommy schafft mit Leichtigkeit zu vereinen, worum Frauen sich beneiden: Beine und Biss, Busen und Birne. Wommy ist Grande Dame in Gestus und Eleganz, sie ist laut, kann aber auch leise, sie ist frech und sie ist weise und herrlich schlüpfrig außerdem, und gibt doch nie der Lächerlichkeit preis, was menschlich ist, wahrt den Anstand ohne protestantische Prüderie.

Wommy Wonder integriert das Menschliche warmherzig ins Absurde. Liebevoll besingt sie das Loslassen am Sterbebett des Vaters mit Rückblicken aufs Wesentliche, das Gemeinsame, singt von der Sinnlosigkeit der Gier, die Neid und Hass gebiert, und dabei das Leben, das schöne, verliert.

Sie begeistert seit Jahrzehnten im Stuttgarter Renitenz, weil sie als Plaudertasche und als Sissi so authentisch ist. Weil bei allem Pomp, unter aller Montur so glaubwürdig der verletzliche Mensch steckt, ein sympathisch selbstironischer Michael Panzer.

Gekonnt ziehen Wommy und ihr bewährt-begnadetes Bühnen-Team ihr Publikum mit ein, wenn sie Besucher bezirzen oder die Gläser der Gäste leeren.

Tobias Becker – in vielen Rollen und am Piano eine Wucht – und Schwester Bärbel, eigentlich Barbarella Isabella Mortadella Hastenichgesehn mit Namen aus Brasilien, der schräg schrille Kontrapunkt zu Glamour-Wommy und scheinbar ohne Scham (tatsächlich Marcelo Pivoto, aber wirklich aus Brasilien) verulken in ihrer Sissi-Persiflage süßliche Seifenopern oder die Politik, wenn vom Oettinger die Rede ist, dem Konsonantenschänder oder der Merkel, der Spreewaldgurke, an der man sich die Zähne ausbeißt. Und wenn die schwäbische Putze Elfriede Schäufele mit Wicklern und Kittelschurz die Herren unter ihrer Oberweite erdrückt, steht sie zu ihrem Gewicht. Blitzdiät ?

Ach was – schleudert sie unters Volk – es nutze gar nichts, nichts zu essen, wenn es blitze. Und auchs TV-Programm und seine Seher kriegen am Ende noch eins mit, wie "die Auswanderer", die von Leuten erzählen, die hier niemand vermisst und dort niemand erwartet. Wommy, du Göttliche, du Multifunktionsdiva, du vollschlankes Vollweib – das schwören wir: Ganz anders wär’s bei dir !