Die Jettinger Künstlerin inmitten ihrer bodenständigen Kunst, die einen beim Betrachten abheben lassen kann. Fotos: Taurino Foto: Schwarzwälder Bote

Ausstellungseröffnung: Die Kunst von Rosemarie Gauss hinterlässt garantiert Eindruck

Nagold. In den Kunstwerken von Rosemarie Gauss steckt Bewegung. Die Jettingerin verflechtet Bänder zu optisch irritierenden Bildern. Diesen Sonntag, 1. März, beginnt die Vernissage um 11.15 Uhr im Museum im Steinhaus.

Der Zufall brachte die Künstlerin Rosemarie Gauss und Museumsleiterin Herma Klar zusammen. "In der Werkstatt für Glas und Rahmen von Heidi Herrgott bin ich Frau Gauss begegnet, habe ihre Kunst gesehen und fand sie faszinierend. Vor allem diese Verbindung von Handwerk und Kunst", erinnert sich Herma Klar.

Ansatz vom Weben

Das Interesse war also sofort da, doch der geeignete Zeitpunkt erst vier Jahre später. Gut Ding braucht eben Weile, doch dafür werden die gerahmten und hinter Glas geschützten Exponate nun fast einen Monat lang im ältesten Gebäude der Stadt zu sehen sein.

Rein technisch gesehen, bestehen die Exponate aus unterschiedlich dicken, schwarzen und weißen Bändern, die zu Kunstwerken geflochten werden. Allerdings immer der Prämisse folgend, dass von der Mitte nach außen gearbeitet wird und dass die Bänder sowohl Kette (hochkant) als auch Schuss (quer) verlaufen.

Kunsthistorisch gesehen darf man die Werke von Rosemarie Gauss der "Op-Art" zuordnen. Ihr Begründer ist Victor Vasarely und die optische Täuschung gewünschter Teil des Konzepts der Bewegung aus den 1960ern.

Allerdings verweist Rosemarie Gauss darauf, dass ihr Einfluss eher aus dem Schwäbischen kommt und erklärt den eklatanten Unterschied: "Die Motive der Op-Art wurden gedruckt, gemalt und später auch am Computer gemacht, doch mein Ansatz kommt vom Weben." Wenn die Jettinger Künstlerin die Fäden in die Hand nimmt und sich an die Arbeit macht, hat sie noch keine konkrete Vorstellung vom fertigen Bild. Das setzt sich wirklich erst während der Verflechtung der Bänder zusammen.

Bild bewegt sich

Dem Betrachter der Kunstwerke von Rosemarie Gauss kann durchaus schwindelig werden. Wie geht es der Künstlerin selbst während des Schaffensprozesses? Hält nicht das Motiv selbst einen davon ab, sich zu konzentrieren? "Beim dran Arbeiten merke ich gar nichts. Erst bei einer Armlänge Abstand fängt das Bild an, sich zu bewegen." Kleiner Tipp für den Ausstellungsbesuch: Je nach Blickwinkel – also zum Beispiel von der Seite her betrachtet – lassen die Wölbungen im Kunstwerk neue Bilder im Kopf entstehen. Je nach Form, Material und Perspektive ist dann Dank der ureigenen Fantasie beispielsweise eine Carrera-Bahn zu sehen. Wo der Spieltrieb gekitzelt wird, da freut sich das Kopfkino.

Apropos Kopf. Bei einer Einzel-Ausstellung im Max-Planck-Haus in Tübingen hat ein in den USA tätiger Hirnforscher eines der Bilder von Rosemarie Gauss erworben. Weitere faszinierte Käufer sind unter anderem Augenärzte. "Die finden toll, was das Auge da macht", freut sich die Künstlerin über das Rezipieren ihrer Kunst.

Kunst polarisiert. Das ist richtig und gut so. Allerdings kommt es leider auch vor, dass man als Künstler ein "Wäh, wie sieht denn das aus?" oder ein "Bäh, da wird mir schlecht!" zu hören bekommt. Klar kann es im Falle der Flechtkunst von Rosemarie Gauss sein, dass dem Betrachter angesichts der optischen Täusch-Wirkung schwummerig um die Augen wird. Doch nur wer etwas wagt, wird neue Erfahrungen sammeln.

Deshalb der Tipp an alle Mutigen, Kunstverliebten und Handwerkskenner – hereinflaniert zu "Verflechtungen". Die Ausstellung ist ein visuelles Erlebnis und der Eintritt frei. Letzter Ausstellungstag ist am Sonntag, 29. März.

"Verflechtungen" ist vom 1. bis 29. März im Steinhaus Nagold zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag, Donnerstag, Sonntag und an Feiertagen, jeweils von 14 bis 17 Uhr.