Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Wir im Bürgerzentrum: Zecir Gashi vom albanischen Kulturverein lebt das "Multikulti" und ist stolz darauf

Als die ersten kosovarischen Gastarbeiter nach Deutschland kamen, hatten sie keine Plattform. Bis Zecir Gashi die Chance sah, etwas zu ändern und sie ergriff. Er will seine zweite Heimat mit der albanischen Kultur vertraut machen – und rührt seinen Vater damit zu Tränen.

Nagold. "Als wir das erste Mal bei einem Fest im Kleb dabei waren, haben mein Vater und seine Kollegen geweint", erinnert sich Zecir Gashi und strahlt. "Das hat mich stolz gemacht."

Gashi war 15 Jahre alt, als er seinem Vater nach Deutschland folgte. Dieser kam 1972 als Gastarbeiter aus dem Kosovo in den Schwarzwald. "Lange Zeit waren die Gastarbeiter für sich und hatten weder eine Plattform, noch die Möglichkeit, ihre Kultur zu pflegen", erklärt Gashi. "Sie waren abends immer zuhause und hatten hauptsächlich ihre Arbeit." Dabei sei gerade die albanische Kultur von gemeinsamen Festen und Geselligkeit geprägt.

"Ich wollte, dass wir uns nicht verstecken"

"Mir hat damals etwas gefehlt und ich sah die Chance, das zu ändern", erinnert sich der Malermeister zurück. "Ich wollte, dass wir uns nicht verstecken, sondern unsere Kultur gerne zeigen. Uns einfach wie zuhause fühlen." Und so trieb Gashi 2005 die Gründung eines albanischen Kulturvereins voran.

Vor ihm lag ein langer Weg, bis ein Auftritt der ins Leben gerufenen Tanzgruppe seinen Vater schließlich zu Tränen rührte. Zu Beginn geriet das Projekt ins Stocken, drohte an Mietpreisen und bürokratischen Hindernissen zunächst zu scheitern. Es bildete sich aber eine feste Kerngruppe heraus, die sich über die Jahre hinweg regelmäßig traf. Mit dieser wagte Gashi im Jahr 2013 einen neuen Anlauf und suchte aktiv nach Sponsoren. Um seine zweite Heimat mit der albanischen Kultur vertraut zu machen, lud der Malermeister Tanzgruppen aus der ganzen Bundesrepublik, der Schweiz und dem Kosovo ein.

"Dafür bin ich unglaublich dankbar"

Damit nahm der albanische Kulturverein an Fahrt auf. Im selben Jahr gründete die Stadt einen Migrationsbeirat, dem Gashi von Beginn an angehörte. "Ich bin immer wieder auf offene Türen getroffen", erzählt er und strahlt wieder. "Und dafür bin ich unglaublich dankbar."

Der 40-Jährige scrollt durch sein Handy und zählt dann eine ganze Liste an Einrichtungen und Vereinen auf, bei denen er sich für die erfahrene Unterstützung bedanken möchte. "Können wir die auch noch aufnehmen?", fragt er und lächelt verschmitzt. Dann fällt der Blick wieder ins Handy, um keinen Namen zu vergessen. Als Gashi wieder aufschaut, wird er nachdenklicher. "Ich freue mich, dass wir hier ernstgenommen werden – in unserer zweiten Heimat", sagt er. "Und dass wir alle hier zusammen sind – eben multikulti."

"Wir sind besonders stolz, dass die Kinder – meist in der dritten Generation Einwanderer – hier in Nagold und Umgebung aufgewachsen und voll integriert sind", erklärt Gashi. Dennoch liege es ihm am Herzen, die albanische Kultur weiterzugeben, damit sie nicht in Vergessenheit gerate. Und so tanzen auch seine eigenen drei Kinder in der vereinseigenen Gruppe mit.

Geht es nach Gashi, so soll diese nicht das einzige dauerhafte Angebot des Kulturvereins bleiben. Er träumt von einer eigenen Fußballmannschaft.

Während zwischenzeitlich die ersten Tänzer eintrudeln, füllt sich nun auch der Rest des Bürgerzentrums mit Leben. Es hat sich für den Verein zu einem Treffpunkt aller Generationen entwickelt. Hier spielen die Mitglieder Karten, tauschen sich aus oder planen neue Projekte. Durch die Bewirtung bei Festen beispielsweise sammelt der Verein Gelder, die er anschließend an eine bedürftige Familie in Albanien spendet. So konnte im vergangenen Jahr eine krebskranke Frau unterstützt werden, die von Armut betroffen war. "Uns geht es so gut hier", sagt Gashi, "da wollen wir unsere Heimat nicht vergessen und etwas zurückgeben." Und da ist das Strahlen wieder.

Der Verein hat sich dem Erhalt und der Pflege der albanischen Kultur verschrieben. Dieser Aufgabe widmen sich die Mitglieder mit einer eigenen Tanzgruppe, regelmäßigen Treffen, aber auch der Bewirtung bei Festen. Unter der Leitung von Mevlude Hoti treffen sich die Kinder und Jugendlichen der Tanzgruppe immer freitags von 19 bis 21 Uhr im Bürgerzentrum. Die Tänzer freuen sich vor allem über interessierte Jungen, die reinschnuppern möchten. Zur selben Zeit verwandelt sich das Zentrum in einen Treffpunkt aller Generationen. Die Mitglieder des Vereins sind dort anzutreffen. Sie besprechen neue Projekte, Kooperationen oder spielen einfach Karten und tauschen sich aus.