Die Firma Digel möchte seinen Fabrikverkauf an der Calwer Straße erweitern, doch bis es soweit ist, gilt es noch manche Probleme zu beseitigen. Foto: Fritsch

Regierungspräsidium lehnt Expansion abseits des Stadtzentrums grundsätzlich ab. Ausnahme möglich?

Nagold - Es geht um die Erweiterung des Digel Fabrikverkaufs an der Calwer Straße. Der Technische Ausschuss des Nagolder Gemeinderats hatte sich mit einem sogenannten "Zielabweichungsverfahren" zu beschäftigen. Denn: Das Projekt hat große Hürden zu überwinden.

Das war bereits vor der Eröffnung des Outlets im Jahr 2010 nicht anders. Auch damals war es ein gewaltiger verwaltungstechnischer Kraftakt, hier auf der mutmaßlichen "grünen Wiese" Einzelhandelsangebote anzusiedeln, die die übergeordneten Planungsbehörden – Regierungspräsidium und Regionalverband – grundsätzlich als "zentrenrelevant" einstufen. Gemeint ist: Sortimente wie textile Oberbekleidung sollen eigentlich immer in die Innenstadt, um diese "am Leben" zu erhalten.

Gegen dieses vom Regierungspräsidium gesetzte "Integrationsgebot" verstößt nun auch wieder die Vergrößerung des Digel-Outlets – weshalb man dort dem ersten Planungsanlauf der Stadt eine Abfuhr erteilte. Umso mehr, als mit einer Erweiterung um immerhin 808 auf dann exakt 2292 Quadratmetern das Vorhaben auch als ein sogenanntes "Einzelhandelsgroßprojekt" eingestuft wird. Und außerhalb von "Versorgungskernen" (also Innenstädten) sind solche Großprojekte mit zentrenrelevanten Sortimenten immer ausgeschlossen.

Externer Gutachter arbeitet parallel

Aber – keine Regel ohne mögliche Ausnahme: Genau dafür hat der Verwaltungsdschungel zwischen Stadt, Regionalverband und Regierungspräsidium das "Zielabweichungsverfahren" erfunden. In dem nun die Stadt als eigentliche Planungsbehörde die übergeordneten Entscheidungsträger von der Unumgänglichkeit des Vorhabens mit allen sich irgendwie denkbaren Argumenten überzeugen muss. Im TA ging es jetzt – im Vorgriff auf den eigentlich dafür notwendigen Entscheid des Gemeinderats – darum, die Argumentation der Stadt und damit den Beginn des "Zielabweichungsverfahren" abzusegnen.

Parallel dazu wurde in Abstimmung mit Regierungspräsidium und Regionalverband ein externer Gutachter hinzugezogen, der die möglichen Auswirkungen erweiterter Verkaufsflächen des Digel-Outlets auf korrespondierende Angebote nicht nur im Nagolder Stadtzentrum ermitteln soll. Denn auch dafür gibt es ordnungspolitische Regeln: würde eine Ausnahme im angestrebten Zielabweichungsverfahren tatsächlich genehmigt, dürften nicht mehr als zehn Prozent der vorhandenen Umsätze gleicher Sortimente aus den umliegenden Innenstädten abfließen.

Für Oberbürgermeister Jürgen Großmann ist die Sache indes klar: "Digel will sich erweitern, Digel muss sich erweitern", um mit seinem wachsenden Angebot im Heimatmarkt weiter konkurrenz- und wettbewerbsfähig zu sein. Der Standort des Outlets an der Calwer Straße in Nagold sei zudem "der angestammte Standort von Digel" in der Stadt, von dem aus sich das Unternehmen seit seiner Gründung kontinuierlich weiterentwickelt habe. Heute sei Digel eines der bedeutendsten Unternehmen in Nagold überhaupt und ein wichtiger Arbeitgeber, der sich zudem immer klar und eindeutig zum Standort Nagold bekannt habe.

Standort liegt innenstadt-nah

Außerdem befinde sich das Outlet tatsächlich nicht fernab der Innenstadt "auf einer wirklichen grünen Wiese", sondern sehr innenstadt-nah in einem Umfeld, in dem sich zwischenzeitlich auch andere Einzelhandelsangebote angesiedelt hätten. Insofern könnte man diesen Standort aus heutiger Sicht ohne weiteres auch als Bestandteil der Kernstadt definieren. Und tatsächlich sei es eher so, dass Outlet-Kunden – nach ihrem Einkauf bei Digel – für weitere Besorgungen dann auch ins Stadtzentrum kämen. Nach Digel-eigenen Erhebungen würde dies für immerhin über 30 Prozent der Digel-Kunden gelten.

Die Mitglieder des TA folgten der Argumentation von OB und Verwaltung und stimmten der Empfehlung für den Gemeinderat einstimmig zu, das Zielabweichungsverfahren im gesetzten Rahmen auf den Weg zu bringen. Wie Ralf Fuhrländer, Leiter des Stadtplanungsamtes, dazu noch ergänzend erläuterte, hätte die Verwaltung in dieser Sache ihre "Hausaufgaben gemacht" – einer positiver Bescheid sei also erreichbar. Allerdings läge dieser eben allein beim Regierungspräsidium. Was OB Großmann abschließend mit den Worten kommentierte: "Es sind noch viele weitere Hürden zu überwinden", die aber eben nicht im Einflussbereich der Nagolder Stadtverwaltung stünden.

Geplant ist, den bestehenden Digel Fabrikverkauf an der Calwer Straße in Nagold um die derzeitigen Räumlichkeiten der Einzelhandelsbetriebe "Betty Barclay" und "Angels" im gleichen Gebäude (zusammen rund 808 Quadratmeter) zu erweitern. Bisher nutzt Digel hier eine Fläche von 1421 Quadratmetern. Im Gegenzug soll das vis-a-vis gelegene, heute leer stehende und nicht genutzte ehemalige Betriebsgebäude von Digel abgerissen werden. An seiner Stelle soll dann ein Neubau entstehen, in dem "Betty Barclay" und "Angels" in ihrer bisherigen Größe einziehen würden. Der Digel-Erweiterungsbau würde neben der anstehenden H&M-Ansiedlung auf dem ehemaligen Anker-Areal (Verkaufsfläche hier: über 1700 Quadratmeter) zu einem weiteren massiven Angebots-Ausbau im Bereich textiler Oberbekleidung für Nagold führen. In Nagold bietet das Digel-Outlet aktuell das führende Sortiment im Bereich Herrenoberbekleidung an.