Für den Notfall gerüstet sein, das ist die Intention der Kunden, die haltbare Lebensmittel zur Zeit "hamstern." Foto: Zinken

Coronavirus schafft Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln. Atemmasken und Desinfektionsmittel vergriffen.

Nagold - Eine Tour durch die örtlichen Apotheken zeigt den derzeitigen Mangel an Mundschutz und Desinfektionsmitteln. Nicht nur den Apotheken in Nagold, auch den Drogerien gehen die Atemmasken und Desinfektionsartikel aus. In Supermärkten stieg die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln in den letzten Tagen erheblich an.

Kaufen, kaufen, kaufen – das scheint das Mantra vieler Menschen dieser Tage zu sein. Um sich für den Notfall zu rüsten, decken sich viele mit Konserven, Nudeln und Mundschutz ein. Dieser Trend macht auch vor Nagold nicht halt. Wir wollten wissen, wie es in den Märkten vor Ort aussieht.

Supermärkte

Das Einkaufsverhalten der Kunden habe sich seit vergangenen Donnerstag "in extremster Weise verstärkt", sagt eine Mitarbeiterin der Aldi- Filiale in der Haiterbacher Straße. Die Filiale habe zum Teil auch mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Insbesondere sei die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Milch oder Eiern bemerkbar angestiegen. Auch Fertigprodukte und Nudeln seien in den vergangenen Tagen häufiger verkauft worden als sonst üblich.

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Die Kaufland-Filiale in der Haiterbacher Straße verzeichnet dieser Tage ebenfalls eine zunehmende Nachfrage bezüglich lang haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln und Konserven. Auch Hygieneprodukte seien stark nachgefragt. Gemeinsam mit den Lieferanten arbeite man daran, die Warenversorgung "auch weiterhin sicherzustellen", heißt es in einer schriftlichen Mitteilung an unsere Zeitung. Edeka Rentschler berichtet von einer deutlich höheren Nachfrage nach haltbaren Lebensmitteln. Engpässe werden jedoch nicht erwartet.

Drogerien

Leere Regale gibt es beim Drogeriehändler dm in der Freudenstädter Straße. Der stellvertretende Filialleiter Dominic Reithel weist darauf hin, dass Masken bereits seit zwei Wochen ausverkauft seien. Die Filiale warte auf Nachschub, könne aber – ganz im Gegensatz zu vielen anderen Produkten – nicht selbstständig größere Mengen nachbestellen. Die Industrie komme dem Anschein nach mit der Produktion nicht nach. Seit Donnerstag sei in der Filiale auch keine desinfizierende Handseife mehr vorrätig. Die Nachfrage nach gewöhnlicher Handseife sei in den vergangenen Tagen auch "ein bisschen gestiegen". Wer am Montag Handdesinfektionsmittel kaufen wollte, wurde in der dm-Filiale in der Freudenstädter Straße auch nicht fündig. Immer wieder würden die Mitarbeiter der Filiale gefragt, ob die begehrten Desinfektionsartikel womöglich in anderen Filialen der Kette zu finden seien.

Apotheken

Seit vergangener Woche sind Mundschutz und Desinfektionsmittel in der Pinguin-Apotheke ausverkauft. So sehr sich die Mitarbeiter auch darum bemühen – an Nachschub heranzukommen, gestaltet sich schwierig. Das liegt laut Apothekenchef Christoph Walser daran, dass die Hersteller selbst nicht mehr mit der Produktion nachkommen. Sogar die Bestandteile, die es braucht, um Desinfektionsmittel selbst herzustellen seien weitestgehend vergriffen, wirft eine Mitarbeiterin ein. Dabei sei selbst der qualitativ hochwertigste Mundschutz nur für eine kurze Zeit nützlich. "Masken der Kategorien FFP eins, zwei und drei bieten mit ihren Filtern den größtmöglichen Schutz, allerdings nur bis sie durchfeuchtet sind", erklärt der Pinguin-Chef. Darum nütze eine Maske denkbar wenig.

Auf ihrer Facebook-Seite gibt die Apotheke Tipps zum Verhalten, empfiehlt etwa die chirurgische Händereinigung und Abstand zum Gegenüber zu bewahren. Dennoch sei der Virus kein Grund zur Panik, ist sich Walser sicher. "Mittlerweile ist bestätigt, dass die Reaktion bei Menschen mit einem starken Immunsystem recht milde aussieht", erklärt der Apotheker. Den Virus könnte man daher gut behandeln.

Doch nicht nur Desinfektionsmittel und Mundschutz sind beliebt – generell würden sich die Kunden derzeit vorsorglich mit Medikamenten eindecken. "Das liegt daran, dass viele Medikamente aus China kommen. Oder aus Indien, aber der Wirkstoff ist meistens dennoch aus China", weiß Walser. Deshalb fürchten viele, dass die Medikamente bald nur noch beschränkt verfügbar sein könnten. Derzeit sei das allerdings noch nicht der Fall. Auch wenn die Unsicherheit in der Bevölkerung in den Verkaufszahlen deutlich spürbar sei, seien derzeit alle Medikamente noch verfügbar.

Apotheke stellt Desinfektionsmittel selbst her

Die Kundennachfrage nach Atemschutzmasken sei zwar groß, "bei uns ist aber nichts mehr erhältlich", sagt Rolf-Dieter Schmid von       der Schmid’schen Apotheke in der Marktstraße. Die Industrie sei wohl von der großen Nachfrage "überrollt" worden. Für das Tragen von Atemschutzmasken sieht Schmid ohnehin nur bedingt die Notwendigkeit. Lediglich an stark frequentierten Orten wie Flughäfen könne es durchaus Sinn machen. "Desinfizieren dagegen ist immer gut" meint Schmid – um sich nicht nur vor dem Coronavirus, sondern auch vor anderen Viren zu schützen.

"Der Markt ist eng, bei Masken sehr eng", sagt Bärbel Reichert-Fehrenbach, Inhaberin der Stadt Apotheke Nagold am Vorstadtplatz. Zurzeit seien in ihrer Apotheke keine Masken vorrätig. Erst in der kommenden Woche würden welche nachgeliefert. Auch die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln sei groß. Da diese für die Apotheken jedoch schwer zu bekommen seien, stelle ihr Apotheke diese nun selbst her.

"Das A und O ist nach wie vor das regelmäßige Händewaschen", sagt die Apothekerin. Außerdem rät sie den Menschen dazu, in die Armbeuge zu niesen und Abstand von Menschen zu halten, die dem Anschein nach erkältet seien. Wer den Verdacht habe, vom Coronavirus infiziert zu sein, solle sich über den telefonischen Weg melden und so eine Vereinbarung über die weitere Vorgehensweise treffen anstatt unangemeldet in eine Arztpraxis oder in ein Krankenhaus zu gehen.