Geschäftsführerin Melanie Gutekunst (links) und Seniorchefin Marion Gutekunst hadern mit den vom Landkreis Calw verfügten Friseur-Schließungen.Foto: Priestersbach Foto: Schwarzwälder Bote

Corona-Pandemie: Friseurmeisterin Melanie Gutekunst beklagt verordnete Schließung

Nachdem der Kreis Calw seit Wochenbeginn als Corona-Hotspot-Region gilt, hatte das Landratsamt ab Mittwoch nicht nur eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr verfügt, sondern ebenso die verpflichtende Schließung von Friseurbetrieben oder Barbershops im Kreisgebiet – weitere Verschärfungen treten am heutigen Samstag in Kraft.

Nagold. Betroffen ist davon auch der Nagolder Traditionssalon Gutekunst mit seinen rund 30 Mitarbeitern und sechs Auszubildenden. "Wir haben am Dienstag gegen 18 Uhr die offizielle Mitteilung erhalten, dass die Friseure am nächsten Tag schließen müssen", erklärt Seniorchefin Marion Gutekunst, dass man sich in solchen Situation "schon allein gelassen fühlt".

Auch Geschäftsführerin Melanie Gutekunst, die den Salon in dritter Generation leitet, findet es "ärgerlich, dass wir uns nicht auf die Schließung vorbereiten konnten" – zumal viele verärgerte Kunden die Folge waren. Und so weiß die Friseurmeisterin von anderen Landkreisen, in denen die Kollegen einige Tage Vorlaufzeit erhielten. Nicht so im Kreis Calw. Und so wurden am Dienstag in der Haiterbacher Straße noch bis 23.59 Uhr Haare geschnitten. "Unsere Mitarbeiter haben da mega mitgezogen, das war für sie gar kein Thema." Gleichwohl fühlte man sich von der Verfügung "vor den Kopf gestoßen. Und da fehlt uns das Verständnis."

"Es gibt praktisch nirgends strengere Bestimmungen, als bei uns Friseuren", macht Melanie Gutekunst mit Blick auf das strenge Hygienekonzept im Friseurhandwerk deutlich. So hat die Branche mit dem Einsatz von Masken, Einwegumhängen und Desinfektionsmittel sowie Abständen alles getan, um Infektionen zu verhindern. "Wir sind sehr vorsichtig und haben fast schon im Desinfektionsmittel gebadet", betont sie und stellt fest: "Wir hatten bis jetzt keinen nachgewiesenen Fall von Corona bei unseren Kunden und Mitarbeitern." Völlig unverständlich ist es für die Familie Gutekunst daneben, dass die Friseurbetriebe in den Nachbarkreisen Böblingen oder Freudenstadt von dieser Schließung bislang nicht betroffen sind – und dass Landkreise wie beispielsweise der Kreis Lörrach trotz Hotspot-Eigenschaft von der Friseur-Schließung Abstand genommen hätten.

Immerhin habe Gesundheitsminister Jens Spahn vor nicht allzu langer Zeit unter Hinweis auf den Lockdown im Frühjahr noch öffentlich verkündet, mit dem Wissen von heute müssten keine Friseure mehr schließen, wie die Geschäftsführerin anmerkt.

Kein Wunder ist es vor diesem Hintergrund, dass der Fachverband Friseur und Kosmetik Bad-Württemberg sich gegen Schließungsverfügungen wehrt. "Diese Vorgehensweise ist unverhältnismäßig und Friseurbetriebe sind keine Hotspots", erklärte Herbert Gassert als Vorsitzender des Verbandes. Gerade bei den Friseuren werde zudem durch die bereits praktizierten Terminvereinbarungen beispielsweise eine Kontaktverfolgung sichergestellt.

Und wie geht es jetzt weiter? "Unsere Mitarbeiter haben noch viel Resturlaub und Überzeiten, die jetzt abgefeiert werden", erklärt Melanie Gutekunst. Doch je nachdem, wie lange der neuerliche Lockdown für Friseure dauert, müsse man dann Kurzarbeit beantragen.