Manche Vision wird greifbar – das freute OB Jürgen Großmann. Foto: Fritsch

Viel Geld wird in Bildung investiert. 15 Millionen Euro für die Elektrifizierung des Bahn-Teilabschnitts. 

Nagold - Eine Wiederbelebung des Nagolder Geistes wünschte sich Stadtoberhaupt Jürgen Großmann zum Abschluss seiner Rede. "Bleiben wir beieinander!" Angesichts der unzähligen Projekte und Aufgaben, die er in der einstündigen Neujahrsansprache davor skizziert hatte, ein legitimes Anliegen. Oder womöglich doch nur ein frommer Wunsch?

Es sind nämlich keine einfachen Zeiten, auf die Nagold in den nächsten Jahren zusteuert. So richtig bewusst wurde das auch den zahlreichen Gästen, die am Sonntag zum Neujahrsempfang in die Stadthalle gekommen waren. Denn Nagolds OB hielt sich in seiner Rede gar nicht erst lange mit dem Rückblick auf - forsch schaute er nach vorne. Vor allem finanziell bedeutet die Umsetzung all der geplanten Vorhaben einen gewaltigen Kraftakt - und eine Verschuldung der Stadt, wie sie Nagold noch nie gesehen hat. Selbst nicht zu den kostenträchtigen Landesgartenschauzeiten.

Sanierung der Lembergschule kostet 8,7 Millionen

Zum Beispiel das Thema Bildung. Nach den Jahrzehnten des Stadtumbaus, komme nun das Bildungsjahrzehnt. Ein erstes Modul: Die Sanierung der Lembergschule wird 2020 beendet - "der kleine Brocken mit 8,7 Millionen Euro", so Großmann. Bis auf 1,6 Millionen Euro müsse ein Großteil der Summe von der Stadt aufgebracht werden. Weiter geht es nun mit dem "Bildungscampus Stadtmitte". Der Um- und Anbau an der Zellerschule macht 19 Millionen Euro aus, der Zuschuss hier: 2,7 Millionen Euro. Den Rest zahlt die Stadt. Nochmals 34 Millionen Euro könnte die Sanierung und Erweiterung des OHG kosten. Hier rechnet Großmann mit üblichen Zuschüssen von neun Millionen Euro. Weitere Zukunftsmodule sind, die städtische Musikschule im heutigen OHG 2, der einstigen Gewerbeschule, unterzubringen und damit ebenfalls im Schulcampus "Stadtmitte" anzusiedeln. Und dann ist da noch die Stadthalle. "Was mit der geschieht, das kann die Generation nach uns entscheiden", so Großmann.

Ein nicht unumstrittener Teil der Pläne aber wird aktuell bereits in Angriff genommen: der Ausbau der Tiefgarage unter der OHG-Halle mit Durchbruch zur Calwer Straße hin. Großmann warb für dieses Projekt, mit dem ein neuer Eingang zum Bildungs-Campus entstehe. "Da investieren wir in neuen Stadtraum", so Großmann. Auch die Stadthalle bekomme damit einen "angemessenen Zugangsbereich". Und Stadthallenbesucher gelangten künftig direkt von der Tiefgarage in die Halle.

"Davon profitiert die gesamte Region"

Doch zurück zum lieben Geld. Zusätzliche millionenschwere Zuschüsse könnte Nagold zur OHG-Sanierung natürlich gut gebrauchen. "Das ist ein richtig großer Brocken." Nagolds OB warb auch deshalb für eine offene Haltung zum Thema Absetzgelände. "Wir werden da angehört. Wir entscheiden da aber nicht drüber", sagte der OB. Warum also nicht davon profitieren?

Und so kam es zu Gesprächen mit Spitzen des Landes. Zum Beispiel Thema OHG: 25 der 34 Millionen Euro müssten da eigentlich von der Stadt getragen werden. Des OBs Vorschlag an das Land: "Das teilen wir uns. Das hat das Land akzeptiert." Das sei zwar keine Zusage, doch mit den "Spitzen der Regierung" so besprochen. Dabei verdeutlichte der OB auch, dass das OHG zu 40 Prozent von Nicht-Nagoldern besucht werde. "Davon profitiert also die gesamte Region."

Selbiges gilt auch für das Thema Schienenanbindung an Stuttgart. Der so genannte "Metropolexpress Plus" sei keine Vision mehr. Das Ziel, umsteigefrei im Stundentakt per Bahn nach Stuttgart zu gelangen sei greifbar nah. Und so verkündete Großmann, dass sich der Gemeinderat am 28. Januar mit einer vorliegenden Finanzierungsvereinbarung beschäftigen werde. Deren Kerninhalt: Die Planungskosten von rund vier Millionen Euro übernimmt das Land, die Stadt aber sei der Planungsträger. Mit der Fertigstellung von Stuttgart 21 - vermutlich im Jahr 2026 - könnte alles bereits umgesetzt werden. Damit einhergehen soll auch die Schaffung eines neuen Haltepunkts Schietingen/Gündringen.

15 Millionen Euro für Elektrifizierung des Bahn-Teilabschnitts

Und wieder das Thema Kosten: Laut einer Machbarkeitsstudie seien für die Elektrifizierung des Bahn-Teilabschnitts rund 15 Millionen Euro notwendig. Im Zusammenhang mit dem Absetzgelände habe das Land zugesagt, die 15 Millionen Euro für die Elektrifizierung zu übernehmen. "Davon profitiert die gesamte Region", war Großmann sicher.

Doch das waren nur die wuchtigsten Themen, die Nagolds OB ansprach. Großmann ging ebenso auf die Neubaupläne für zwei Seniorenzentren in Nagold und Hochdorf ein. "Am Ende des Tages werden wir so viele Pflegeplätze haben wie noch nie!" Dabei warf der OB auch einen Blick in die Zukunft des Gertrud-Teufel-Areals. Gerade im Hinblick auf die Sanierung und Erweiterung der Kreiskliniken in unmittelbarer Nähe, brachte der OB das Thema "Gesundheitscampus Nagold" auf. Ähnlich wie geplant für Calw, wäre auch in Nagold ein Gesundheitscampus denkbar, der vom DRK betrieben und in enger Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus eingerichtet werden könnte. "Warum sollte das, was in Calw gemacht wird, nicht auch in Nagold gehen", fragte der OB. Jedenfalls werde es Gespräche geben und die Stadt mit einem Angebot an die Kreiskliniken und den Landkreis herantreten. Eingerichtet werden könnte solch ein "ergänzender Pflegebereich" im so genannten Neubau des Gertrud-Teufel-Seniorenzentrums.

450 neue Wohnungen in sieben Jahren

Für den (noch recht frisch sanierten) Altbau im vorderen Bereich mit dem Atrium schwebt dem OB eine Umnutzung in Kleinstwohnungen in erster Linie für Senioren vor Augen. Das bestehende betreute Wohnen werde auch in Zukunft erhalten bleiben.

Nagold wächst, in allen Bereichen. Übrigens auch beim Wohnraum. In den vergangenen sieben Jahren seien beinahe 450 neue Wohnungen in Nagold entstanden, womit Nagold weit über dem Schnitt liege. Die Bereitstellung von Bauflächen ist ein wichtiger Aspekt. Für die 35 Einzelbauplätze im Gebiet Hasenbrunnen gebe es mehr als 150 Bewerbungen - die Hälfte davon von Auswärtigen, die nach Nagold ziehen wollen. Entwicklungen gebe es auch für das Areal der Calwer Deckenfabrik - mit einer Umnutzung der Sheddach-Hallen.

"Wir haben ein Preisproblem und kein Raumproblem", war Nagolds OB angesichts der Wohraumdebatte in Nagold sicher. Für 2020 kündigte er die Verabschiedung der "Nagolder Wohnbaugrundsätze" an, um sicherzustellen, dass für eine bestimmte Anzahl an Wohnungen ein gewisses Mietpreisniveau nicht überschritten werde. Offen zeigte sich Großmann auch für die Gründung eines "Eigenbetriebs Wohnbau Nagold". Doch machte Großmann an die Anwesenden gerichtet deutlich: "Eine kommunale Wohnbaugesellschaft, das klingt gut. Doch das müssen Sie zahlen." Der OB begrüßte, dass das Land ein neues Wohnraumförderprogramm an den Start bringe. Um in Nagold dafür gewappnet zu sein, werde es bald einen "qualifizierten Mietspiegel" geben, der als Zuschussvoraussetzung gilt.

Eine breite Themenpalette streifte Nagolds OB - die reichte von der Fortsetzung des Bürgertheaters auf der Burgruine bis hin zum Ehrenamt in Vereinen und engagierten Bürgern und Mäzenen wie dem Ehepaar Fleckenstein.

Mit der Lyra Iselshausen konnten die Gäste gleich ein Beispiel von gelebtem Ehrenamt live erleben. Mit schmissigen Melodien umrahmte der Iselshauser Musikverein den Neujahrsempfang und machte damit auch beste Werbung für sein eigenes Jubiläum: Im April feiert die "Lyra" nämlich ihr 100-Jähriges.