Der Hanseate Klaus Raible fühlt sich im Skatclub seiner Wahlheimat Nagold richtig wohl und sieht darin eine gute Möglichkeit, sein Gehirn fit zu halten. Foto: Thomas Fritsch

Wir im Bürgerzentrum: Jürgen Hering hat beim Skatclub in Nagold Freunde gefunden – die ihn nicht gewinnen lassen

Während das Skatspiel in Zügen und Kneipen dem Smartphone weichen musste, hat es in Nagold nach wie vor einen festen Platz. Wie auch bei Jürgen Hering (82), der seine grauen Zellen in Schwung halten will – und dabei echte Freunde gefunden hat. Auch wenn die ihn nicht gewinnen lassen.

Nagold. Mehr als 41 Billionen verschiedene Verteilungsmöglichkeiten hält die Königsdisziplin der Kartenspiele bereit. "Die haben wir noch nicht alle durch", sagt Klaus Raible vom Skatclub und lacht, "aber wir arbeiten dran." Daran ist seit nunmehr vier Jahren auch Jürgen Hering rege beteiligt. Durch einen Zufall entdeckte der 82-Jährige eine Notiz in der Zeitung und beschloss, sich in seiner Wahlheimat wieder dem Skatspiel zu widmen. "Ich dachte mir, das ist genau das Richtige, um in Nagold Fuß zu fassen", erklärt der Hanseate mit dem sonnengebräunten Gesicht.

"Skat stellt gewisse Anforderungen an Wissen und Können", fügt er hinzu, "um die grauen Zellen zu bewegen, komme ich einmal die Woche her." An Turnieren nimmt das älteste Mitglied nicht teil, wie etwa die Hälfte der 24 Nagolder Skatfreunde. Die anderen, darunter der Vorstand um Raible, treten bei Einzel-, Tandem- oder Mannschaftswettkämpfen an. Gerade erst sind sie in die Landesliga aufgestiegen – mit jahrzehntelanger Übung. So sind die meisten bereits als Kinder oder Jugendliche zum Skat gekommen. Ob auf langen Zugfahrten, dem Schulweg oder abends mit der Familie: "Früher wurde viel Skat gedroschen", erinnern sie sich zurück. Besonders im Norden und Osten der Republik habe das Kartenspiel regelrecht als Volkssport gegolten.

Das kann auch Hering bestätigen. Der Hamburger mit dem einnehmenden Grinsen nickt zustimmend. Er selbst ist dem Strategiespiel während seiner Ausbildung verfallen. Mit seinen Arbeitskollegen hatte sich der angehende Industriekaufmann immer abends nach dem Firmensport getroffen, um ein paar Spiele auszutragen. "Aber in ganz lockerer Runde", wirft er ein und lacht, "nicht ganz nach den strengen Regeln wie hier. Die lassen einen ja nie gewinnen." Hering zwinkert der Runde zu und steckt sie mit seinem Lachen an.

"Wir spielen immer auf Turnierniveau", erklärt Raible. "Nach dem Regelwerk des Deutschen Skatverbands." Und auch sonst nehmen die Herren und die eine Dame ihre Übungsabende ernst: An die 50-mal pro Jahr trifft sich der Verein – zu trinken gibt es übrigens Wasser. Das tut der guten Stimmung aber keinen Abbruch. Spielwitz und Zusammenhalt, aber auch eine gesunde Spielrivalität liegen den Skatfreunden am Herzen. Als sie vor zehn Jahren unter dem Dach des VfL starteten, legten sie nicht nur Wert auf künftige Turniererfolge, sondern auch auf eine gute Kameradschaft.

Davon hat sich Hering, der aktuell den letzten Platz auf der internen Rangliste belegt, überzeugt. Als es ihn vor vier Jahren vom Bodensee nach Nagold verschlug, suchte er Anschluss. Und fand ihn durchs Skat: "Die ersten paar Wochen, wenn ich auf dem Wochenmarkt war, traf ich den einen am Käsestand, den nächsten beim Fisch", erinnert er sich lachend. "Und das war das Schöne: Ich bin inzwischen voll integriert und habe mir einen richtigen Freundeskreis aufgebaut."

Zunächst als Abteilung des VfL Nagold gestartet, hat sich der Skatclub Nagold inzwischen als eigener Verein aufgestellt. Er agiert unter dem Dach des Deutschen Skatverbandes, der in der Bundesrepublik insgesamt 26 000 Anhänger des Strategiespiels beherbergt. Diesem schreiben die Nagolder Skatfreunde nicht nur die Förderung der Konzentrationsfähigkeit, sondern auch der Kreativität eines jeden Spielers zu. Sie legen Wert auf eine gute Kameradschaft und treffen sich jeden Montag von 19 bis 23 Uhr im Bürgerzentrum. An diesen Übungsabenden wird nach dem Regelwerk des Skatverbandes gespielt. Etwa die Hälfte der Mitglieder nimmt regelmäßig an Wettkämpfen und Turnieren teil. Die Spieler freuen sich vor allem über Interessentinnen, um die weibliche Fraktion etwas zu stärken. Vorkenntnisse sind erforderlich, ein Reinschnuppern ist jederzeit möglich. Über die Spielabende hinaus unternehmen die Vereinsmitglieder gemeinsame Ausflüge oder richten Preisskats aus. Zum diesjährigen Jubiläum wollen sie sich außerdem etwas Besonderes einfallen lassen.